Es ist nicht alles Gold was glänzt
Adrian fuhr zum Grundschulinternat seiner Söhne, um ihre Leistungen anläßlich des Tages der Schulsportwettkämpfe zu bewundern, Jean-Pierre versah einen Renoir mit einem neuen Rahmen, und James Brigsley ging auf die Jagd, überzeugt, seinem Vater nun endlich eins auswischen zu können.
3
Als David am Montag, morgens um 9 Uhr, das Büro betreten wollte, stand er vor verschlossener Tür; er konnte das gar nicht begreifen. Die Sekretärinnen hatten normalerweise ab viertel vor neun dazusein.
Nachdem er über eine Stunde lang gewartet hatte, ging er zur nächsten Telefonzelle und wählte Bernie Silvermans Privatnummer. Niemand antwortete. Dann rief er in der Wohnung von Richard Elliott an – ebenfalls ohne Erfolg. Er versuchte, die Niederlassung in Aberdeen zu erreichen. Auch hier – keine Antwort. Ratlos lief er zurück zum Büro. Es mußte doch irgendeine simple Erklärung geben, er konnte doch nicht am hellichten Tag träumen! Oder war es etwa Sonntag? Nein – die Straßen waren voll von Leuten und Autos.
Als er das zweite Mal zum Büro kam, war ein junger Mann gerade dabei, ein Schild aufzuhängen: ›Büroräume zu vermieten. Auskunft bei Conrad Ritblat.‹
»Was in drei Teufels Namen tun Sie denn da?«
»Die früheren Mieter haben gekündigt und sind ausgezogen, jetzt suchen wir neue. Wären Sie interessiert? Wollen Sie sich die Räumlichkeiten einmal ansehen?«
»Nein«, sagte David und prallte entsetzt zurück. »Nein danke!« Er machte kehrt und raste wie gejagt die Straße hinunter. Schweißperlen traten auf seine Stirn, und er betete im stillen, die Telefonzelle möge nicht besetzt sein. Er schlug im Telefonbuch die Nummer von Bernie Silvermans Sekretärin, Judith Lampson, nach. Diesmal bekam er Verbindung.
»Judith – was um alles in der Welt ist denn los?« Der Ton seiner Stimme ließ keinen Zweifel an seiner Erregung.
»Keine Ahnung«, erwiderte Judith, »man hat mir am Freitagabend gekündigt und ein Monatsgehalt im voraus ausbezahlt, ohne jede Erklärung.«
David ließ den Hörer fallen. Allmählich begann ihm die Wahrheit zu dämmern. An wen konnte er sich wenden? Was sollte er tun?
Völlig benommen kehrte er in sein Apartment im Barbican zurück. Während seiner Abwesenheit war die Morgenpost gekommen und mit ihr ein Brief des Wohnungseigentümers.
»Stadtbehörde London
Barbican-Grundstücksverwaltung
London EC 2
Telefon 01-628 4341 + 5
Sehr geehrter Herr,
wie wir mit Bedauern erfahren haben, werden Sie Ende dieses Monats ausziehen. Wir möchten Ihnen bei dieser Gelegenheit für die Vorausbezahlung der letzten Monatsmiete danken.
Wir wären Ihnen sehr verbunden, wenn Sie die Wohnungsschlüssel baldestmöglich in unserem Büro hinterlegen könnten.
Hochachtungsvoll
C.J. Caselton
Grundstücksverwalter.«
David stand wie vom Donner gerührt in der Mitte des Zimmers und starrte, von jähem Abscheu erfüllt, auf seinen neuen Underwood.
Schließlich rief er voll innerer Unruhe seinen Börsenmakler an.
»Wie steht Prospecta Oil heute morgen?«
»Die Aktien sind auf 7,40 Dollar gefallen«, erwiderte der Makler.
»Wieso sind sie gefallen?«
»Ich habe keine Ahnung, aber ich werde Erkundigungen einziehen und Sie zurückrufen.«
»Bitte verkaufen Sie unverzüglich 500 Aktien für mich!«
»500 Prospecta Oil von Ihnen ohne Limit – jawohl, Sir.«
David legte auf. Ein paar Minuten später klingelte das Telefon – es war sein Makler.
»Sie haben nur 7,25 Dollar gebracht – genau das, was Sie auch ursprünglich bezahlt haben.«
»Würden Sie bitte die Summe auf mein Konto bei der Lloyds Bank, Zweigstelle Moorgate, überweisen?«
»Selbstverständlich, Sir.«
Für den Rest des Tages und während der darauffolgenden Nacht verließ David seine Wohnung nicht mehr. Er lag kettenrauchend auf dem Bett und überlegte, was er als nächstes tun sollte, während sein Blick von Zeit zu Zeit aus dem kleinen Fenster schweifte über die regenverhangene City mit ihren Banken, Versicherungsgesellschaften, Börsenmaklern und Handelsgesellschaften – seine Welt! Aber wie lange noch? Am nächsten Morgen, unmittelbar nach Öffnung der Börse, rief er seinen Makler wieder an, in der Hoffnung auf neue Informationen.
»Gibt es irgendwelche Neuigkeiten über Prospecta Oil?«
Seine Stimme klang mittlerweile ängstlich und gedrückt.
»Schlechte Nachrichten, Sir. Es hat eine regelrechte Flut von Verkäufen stattgefunden, und die Aktien sind heute morgen bei
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