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Es ist niemals vorbei

Es ist niemals vorbei

Titel: Es ist niemals vorbei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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er. Es hat mich so traurig gemacht.»
    Mir kamen die Tränen. Hastig wischte ich sie fort.
    Mac sah mich an. «Es ist keine Schande, mit ihm zu fühlen. Trotz allem ist er doch noch ein Mensch und außerdem mein –»
    Mac konnte den Satz nicht beenden, aber das war auch nicht notwendig. Mit beiden Händen umfasste ich seine Hand und wärmte sie, denn sie fühlte sich kalt und trocken an. Ich spürte seine Haut, jeden Muskel und Knochen. Das war es, was uns Menschen aufrecht hielt. Doch statt friedlich unserer Wege zu gehen, übten wir Macht aus, und zwar nicht immer für gute Zwecke.
    «Wie lange wir da unten waren, weiß ich nicht», fuhr Mac fort. «Einen Tag und eine Nacht vielleicht. Plötzlich ging die Luke auf, und ich hörte Stimmen und ein leises Plätschern. Aber es regnete nicht, es war nur jemand gekommen, um auf uns zu urinieren.» Er trank einen Schluck Tee und stellte den Becher ab. Für einen Moment schloss er die Augen. «Es war Oscar. Er hatte eine Frau mitgebracht. Sie lachte über die
Americanos
. Sie war diejenige, die ihn anstachelte, auf uns zu pinkeln. Oscar war sturzbetrunken. Offenbar hatte er vor ihr mit seinen Gefangenen geprahlt. Sie kicherte unentwegt.»
    Mac hielt inne. «Weiter», drängte Billy.
    «Dann erkannte ich die Frauenstimme. Es war Jasmine.»
    «Hatte der Schluckspecht eine Waffe?»
    «Hatte er. Aber du kennst Jasmine. Glaub nur nicht, sie wäre unbewaffnet erschienen. ‹Lass die Waffe fallen›, hörte ich sie sagen. Und Oscar fing an, um sein Leben zu winseln. Dann fiel ein Schuss. Ich nehme an, Jasmine hatte ihre Waffe abgefeuert, denn danach rief sie: ‹Lass sie fallen!›. Wahrscheinlich gehorchte er ihr, denn im Grunde war Oscar ein Feigling. ‹So›, sagte Jasmine. ‹Und jetzt zeig mir, wo Ana steckt.› Dann hörte ich, dass ein Motor gestartet wurde und die beiden losfuhren.»
    «Sie hat nicht gewartet, bis –» Billy brach ab.
    «Ich glaube, sie wollte nicht, dass Oscar die Waffe wieder an sich nahm, um uns vorsorglich zu erschießen. Er steckte tief in der Klemme, schließlich hatte er die Luke aufgemacht und wurde von einer Frau in Schach gehalten, die hinter Ana her war. Dafür wollte er wohl kaum Zeugen haben.»
    «Sieh einer an», murmelte Billy. «Dann verdanken wir es Jasmine, dass Ana in La Huacana gefunden wurde. Aber irgendwie hatte ich schon so einen Verdacht.»
    «Jasmines Kollegen haben den Ort aufgespürt, mit Hilfe des Handys, das sie nahe der Hütte zurückgelassen hatte. Was auch heißt, dass Oscar Jasmine dorthin gebracht hat. Was danach geschehen ist – und wo Jasmine sich jetzt befindet –, wissen wir allerdings nicht.»
    Billys Miene verriet nichts, nur seine Pupillen verengten sich, als hätte ihm jemand mit einer hellen Lampe in die Augen geleuchtet.
    «Erzähl weiter», bat er.
    «Ich half Diego aus dem Loch hinaus und kletterte ihm nach. Es war stockfinster, und wir standen in dieser gottverlassenen Gegend. Dass er Oscars Waffe an sich nahm, bekam ich gar nicht mit. Das wusste ich erst, als er mir damit eins überzog. Aber was soll’s, ich bin ja wieder hier. Für uns ist alles vorbei. Aber um Jasmine mache ich mir Sorgen.»
    Billy starrte auf seine Hände, die er auf dem Tisch zu Fäusten geballt hatte. Mit Sicherheit hatte er Angst um seine Freundin, aber wie ich ihn kannte, würde er diese Furcht niemals zeigen.
    «Vor ein paar Stunden, als wir im Krankenhaus waren, habe ich zweimal mit Fred Miller gesprochen», sagte Mac. «Ich habe ihm von den verlassenen Diamantenfeldern erzählt. Inzwischen haben sie da unten jedes Loch durchsucht.»
    «Und?» Billy hob den Kopf.
    «Keine Jasmine.»
    Billy sprang auf. Sein Stuhl kippte um. Er hob ihn nicht auf, sondern holte sein Handy aus der Jackentasche und rief Fred Miller an. Wie sich herausstellte, hatte Fred nur eine einzige Neuigkeit zu melden.
    «Sie haben diesen Oscar gefunden», teilte Billy uns mit und verstaute sein Handy wieder. «Er lag an einer Straße, nicht weit von Anas Versteck entfernt. Aufgeschlitzt und mausetot.»
    «Wissen sie denn schon etwas über Jasmine?», erkundigte ich mich.
    «Nichts. Sie warten auf ein Lebenszeichen.»
    «Das ist alles meine Schuld.» Heiße Tränen liefen mir über das Gesicht und brannten sich in die Wunde auf meiner Nase. «Wenn ich sie nicht angeschrien und ihr keine Vorwürfe gemacht hätte, dann wäre sie Mac nicht gefolgt.»
    «Dafür kannst
du
doch nichts», erwiderte Mac. «Sie hat nur ihren Job gemacht.»
    Das sah ich ganz anders.

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