Es ist niemals vorbei
des Frühstücksgeschirrs wach. Es klang, als wäre jeder außer mir längst auf den Beinen. Ich warf einen Blick auf die Uhr und stellte fest, dass es schon nach neun war. Mac hatte mich ausschlafen lassen. Ich dehnte mich und drehte mich auf die Seite. Und da lag etwas auf seinem Kopfkissen:
Eine schmale Schachtel, in Silberpapier eingeschlagen und mit einem feuerroten Band umwunden.
Ich setzte mich auf und zog den Briefumschlag unter dem Band hervor. Darauf stand mein Name. Darin steckte eine wunderschöne Karte. Auf cremigem grünem Untergrund war eine gelbe Orchidee abgebildet. Ich klappte die Karte auf. Das Datum – der dritte September des vergangenen Jahres – war mit grüner Tinte geschrieben.
Einen schönen zweiten Hochzeitstag
meiner geliebten Frau
Karin.
In ewiger
ewiger
ewiger Liebe
von ihrem Mann
Mac
Ich konnte nicht anders, ich musste einfach weinen.
Ich schälte das Silberpapier ab, vorsichtig, um es aufzuheben, was ich sonst nie tat. Dann drückte ich den ziselierten kleinen Schnappverschluss der langen schwarzen Juwelierschatulle auf. Und da lag sie: die Kette, von der ich durch einen Beleg aus einem Laden in Manhattan erfahren hatte, durch den Zettel, der mit dem Karton aus Macs Büro gekommen war.
Goldkette (
18
k), Anhänger mit Brillanten und Rubinen besetzt
. Ich hatte die Kette erst an Deidres und dann an Anas Hals gesehen, als Sinnbild der Liebe, die ich verloren geglaubt hatte, und als Grund für meine Zweifel, die mich nach Florida und Mexiko geführt hatten. Ich zupfte die zarte Goldkette aus ihrem Samtbett und betrachtete andächtig die Edelsteine, die im Tageslicht funkelten. Ich legte die Kette um und stieg aus dem Bett.
Anscheinend sah man mir an, dass ich geweint hatte, denn als ich die Küche betrat, machten Mac, meine Mutter und Ben bestürzte Gesichter.
«Mein armer Schatz», sagte meine Mutter. «Tut deine Nase wieder so weh?»
«Das auch, aber darum geht es nicht.» Ich löste den obersten Knopf meines Nachthemds. Mac sah die Kette.
Lächelnd fragte er: «Gefällt sie dir?»
«Sie ist wundervoll. Vielen, vielen Dank dafür.»
«Letzte Nacht hast du mich wieder daran erinnert. Ich wusste kaum noch, wo ich sie versteckt hatte.»
«Wo?»
Mac lächelte verschmitzt. «Wenn du glaubst, ich würde dir meine geheimen Verstecke verraten, hast du dich aber gründlich geirrt.»
Ich beschloss, ihn nicht weiter zu bedrängen, und füllte eine Schale mit Müsli. Mac und meine Mutter waren schon fertig. Ben setzte sich auf den Boden und tat, als würde er ein Bilderbuch lesen. Sobald meine Mutter die Küche verlassen hatte, um zu duschen, zog ich den Anhänger hervor und legte mir die glitzernden Edelsteine auf die Hand.
«In gewisser Weise hat diese Kette mich bis nach Mexiko getrieben.»
«Wie denn das? Du wusstest doch gar nichts von ihr.»
«Doch. Tina hat mir deine Privatsachen aus dem Büro bringen lassen. Da habe ich den Beleg entdeckt.»
«Mist», sagte Mac und schnitt eine Grimasse.
«Ich habe das ganze Haus auf den Kopf gestellt. Sogar Tina habe ich angerufen, und sie hat bei Quest im Safe nach der Kette gesucht.»
«Oh, oh, ich kann mir denken, was du dabei gedacht hast.»
«Es ist ganz seltsam, aber zuerst dachte ich, dass sie dein Geschenk für mich zu unserem Hochzeitstag sein musste, das ich leider nirgends finden konnte. Doch dann wurde mir das Foto gebracht, und darauf sah ich dich mit
einer Frau
an einer Bar sitzen. Die Frau trug eine Kette, und ich dachte, es wäre
diese
hier. Da bin ich dann doch ein bisschen …»
eifersüchtig geworden
. Die beiden Wörter wollte ich einfach nicht aussprechen, denn sie klangen so albern. Gleichzeitig waren sie die Untertreibung des Jahres.
Mac trat zu mir und küsste mich. «Wenn es um andere Frauen geht, brauchst du dir nie auch nur die kleinste Sorge zu machen.»
«Das weiß ich – aber was hättest du denn an meiner Stelle gedacht?»
«Keine Ahnung. Ich wünschte, ich hätte den Beleg weggeworfen oder mitsamt dem Geschenk versteckt. Dann hättest du dir nicht den Kopf zerbrochen und dir zu allem anderen auch noch Gedanken über die Bedeutung dieser Kette gemacht.»
«Und wenn ich sie nie gefunden hätte? Du hättest ewig in Mexiko bleiben oder tot sein können. Ich meine, für mich hättest du tot sein können.»
«Nicht ewig, Karin. Ich habe nach einem Ausweg gesucht, auch wenn ich nicht wusste, wie lange ich dazu brauchen würde. Aber irgendwann hätte ich ihn gefunden.»
«Aber ich habe nie
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