Es ist niemals vorbei
füllte zwei Becher. Einen reichte sie mir.
«Ja – aber wenn wir da sind, finde ich es doch sowieso heraus», beschwerte ich mich.
«Schätzchen, was ich tue, dient nur eurer Sicherheit. Also, mach, wir haben nicht viel Zeit.»
Wir starrten uns an, keine wollte der anderen nachgeben.
«Ich will wenigstens wissen, für welches Klima wir packen sollen. Oder soll ich alles mitnehmen, was wir an Kleidung besitzen?»
Jasmine zögerte und sagte dann: «Es wird kalt sein.»
Nach einer knappen Stunde verfrachteten Mac und Billy vier Koffer und Bens Buggy in den Kofferraum einer blassblauen Limousine. Es war gerade einmal Viertel nach sieben, und die ersten Menschen traten aus ihren Häusern, Angestellte in Bürokleidung, Eltern, die ihre Kinder zu Schulbussen brachten, und Teenager mit Büchertaschen auf dem Rücken.
Meine Mutter hatte nur einen kleinen Koffer gepackt. Sie sah besorgt aus, aber bisher hatte sie kaum Fragen gestellt. Sie schnallte Ben auf seinem Kindersitz an und glitt neben ihn auf den Rücksitz. Ich setzte mich an Bens freie Seite. Hinter mir warf Mac die Tür ins Schloss. Für einen Moment begann mein Herz zu rasen, ich dachte schon, er würde fortgehen, nach Mexiko aufbrechen, aber er kletterte auf den Beifahrersitz. Als hätte er meine Gedanken gelesen, wandte er sich zu mir um. Ich glaubte, so etwas wie Unwillen in seinem Gesicht lesen zu können, war mir aber nicht sicher, und jetzt war definitiv nicht die Zeit, weiter nachzubohren. Also schob ich den Gedanken beiseite und sagte mir, dass wir alle unter Stress standen und dass das, was jetzt geschah, keinem von uns gefiel.
Der Fahrer, der den Wagen gebracht hatte, stieg aus, und Jasmine schlüpfte hinter das Steuer. Billy stand draußen und klopfte an ihr Fenster. Sie ließ es herunter.
«Alles klar?» Er beugte sich vor und gab ihr einen Kuss.
«Ja, ich rufe dich an.»
«Gut. Fahr nicht wie eine Wilde.»
Jasmine grinste ihn an. «Ich doch nicht.»
Am frühen Nachmittag überquerten wir die Sagamore Bridge in Richtung Cape Cod. Anschließend ging es über einen Kreisverkehr zur Route 6, einer zweispurigen Straße. Sie schlängelte sich über eine Insel, die im Sommer ein beliebter Urlaubsort war, in der blassen Wintersonne jedoch grau und öde wirkte. Eine Stunde später bogen wir auf eine langgestreckte Einfahrt ein. Sie führte zu einem Tor, auf dessen Schild
Shore Haven, Brewster, Massachusetts
stand. Aus einem Wachhäuschen trat ein Sicherheitsbeamter hervor.
Jasmine verließ den Wagen, zeigte ihren Ausweis und brachte den Mann zu uns. Mac ließ sein Fenster herab. Eiskalte Luft strömte herein und weckte Ben aus seinem unruhigen Schlaf.
«Kinder», sagte Jasmine. «Das hier ist Mike.»
Mac streckte seine Hand aus dem Fenster, um ihn zu begrüßen. Doch Jasmine kam ihm zuvor.
«Und das sind die Peltries. Sam, Joan, ihr Sohn Timmy und Joans Mutter Cornelia, die wir aber alle Corny nennen.»
Verblüfft sahen wir uns an. Aber eigentlich war es klar, dass wir nicht unter unseren richtigen Namen vor der Welt verborgen werden konnten.
«Freut mich, Sie kennenzulernen.» Mac/Sam schüttelte Mikes Hand.
Ich nickte ihm zu. «Hi, Mike.»
Meine Mutter lächelte ihn stumm an.
«Falls Sie etwas brauchen, wählen Sie die Null für die Wachstation.»
«Lässt sich gut merken», sagte Mac.
«Das ist ja auch der Sinn der Sache.» Mikes Blick fiel auf einen Mann, der nicht weit entfernt über das Grundstück lief, und winkte ihn herbei. «Das ist Doug, unser Gärtner. Den sollten Sie auch kennenlernen.»
Doug trug verdreckte blaue Jeans, eine schwarze Daunenjacke und Arbeitsstiefel mit offenen Schnürsenkeln. Er hatte dichtes schneeweißes Haar und ein verwittertes Gesicht. Wenn er lächelte, konnte man sehen, dass einer seiner Schneidezähne abgebrochen war. Wir stellten uns vor. Aber Dougs Aufmerksamkeit galt Ben.
«Sieht aus, als könnte sich da einer für unser altes Karussell interessieren.»
«Ich zeige es ihnen auf dem Weg nach oben», sagte Jasmine.
«Und wenn wir uns das nächste Mal treffen, sperre ich es auf. Wenn Sie möchten, mache ich mit Ihnen dann auch einen Rundgang über das Gelände.» Doug nickte uns noch einmal zu und trat zurück. Mac ließ sein Fenster hoch. Jasmine setzte den Wagen wieder in Gang.
«Peltrie!», schnaubte ich.
«Jetzt hab dich doch nicht so. Die Namen werden nach dem Zufallsprinzip ausgewählt.» Jasmine zuckte die Achseln. «Zusammen mit Sozialversicherungsnummern, Kreditkarte und was ihr
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