Es ist niemals vorbei
legte einen Arm um mich. Ich konnte seine Körperwärme durch die Jacke spüren, die ich noch nicht abgelegt hatte. «Uns könnte ein kleiner Mittagsschlaf auch nicht schaden.»
«Gute Idee.» Meine Mutter öffnete den Kühlschrank und inspizierte den Inhalt.
«Fährst du mit dem Wagen zurück?», wandte Mac sich an Jasmine.
«Ja. Ihr werdet ihn nicht brauchen. In ein paar Tagen kommt jemand vorbei und bringt euch einen anderen. Da drüben liegt ein Ordner mit Informationen über Shore Haven.» Jasmine deutete auf einen blauen Ringordner auf dem Küchentresen. «Da ist alles Wichtige verzeichnet.» Es war offenkundig, dass sie schon andere hergeschafft hatte und sich auskannte.
Meine Mutter brachte Ben nach oben, um ihm sein neues Zimmer zu zeigen. Mac und ich folgten ihr und betraten unser Schlafzimmer. Ich hörte, wie meine Mutter Ben den Mittagsschlaf schmackhaft machte, liebevoll auf ihn einredete, ihm seine Kuscheltiere gab und mit ihm den richtigen Platz für sie in ihrem «neuen Zuhause» suchte. Wie erwartet war auch in unserem Schlafzimmer und im angrenzenden Bad alles weiß – Laken, Bettdecke, Vorhänge, Becken, Kacheln, Fliesen und Handtücher. Aber wenigstens war alles blitzsauber. Mac und ich zogen die Schuhe aus, streiften die Jeans ab und krochen unter die Bettdecke, um uns zu wärmen.
«Wie sind wir hier bloß gelandet?», flüsterte ich. «In meinem Kopf dreht sich alles.»
«Ana mit ihren verdammten Dahlien.» Mac legte sich auf den Rücken und rieb über seine Tätowierung. «Glaub mir, sobald all das hier vorüber ist, lasse ich dieses Ding entfernen.»
«Ich wundere mich sowieso, dass du die so lange behalten hast.»
Mac wälzte sich zu mir herum. «Ich habe mich einfach daran gewöhnt. Mit Ana hatte die Tätowierung nichts mehr zu tun. Bis letzten Sommer jedenfalls. Alle ihre Leute tragen diese Dahlie.»
«Das habe ich gesehen.»
Mac seufzte. «Was man nicht alles tut, wenn man jung und dämlich ist. Ich erinnere mich, dass es ein Holländer war, der in Playa lebte und Tätowierungen gemacht hat – damals vor fünfundzwanzig Jahren, als Playa noch ein kleines Nest war. Nicht einmal an seinen Namen kann ich mich erinnern, ich weiß nur noch, dass eine Tätowierung fünf Dollar kostete. Die Dahlie habe ich ausgesucht, weil sie Anas Lieblingsblume und eins der Wahrzeichen Mexikos war. Und ich war so ein Idiot, so erfüllt von meinem Drang zu rebellieren, dass ich nicht einmal daran gedacht habe, dass eine Tätowierung ein ganzes Leben lang bleibt.»
«Warum hast du sie ausgerechnet da stechen lassen?» Ich berührte die verblasste Blume.
«Die Stelle hat Ana ausgesucht.»
«Und warum?»
«Was weiß ich.»
«Mac, du gehst nicht zurück, oder?»
Mir war, als würde sich seine Miene verdüstern, aber wir hatten die Vorhänge geschlossen, und vielleicht war draußen die Sonne weitergewandert.
«Ich liebe dich.» Mit dem Finger fuhr ich von seinem Schlüsselbein über den Hals zum Mund.
Mac küsste meine Fingerspitze. «Ich liebe dich auch.»
Wir hielten uns stumm in den Armen und schliefen ein.
Abends kochten meine Mutter und Mac. Sie versuchten sich in der schmalen Küchenzeile nicht ins Gehege zu kommen. Ich saß im Wohnzimmer mit Ben auf dem Fußboden, vor uns ein dicker Zeichenblock und abwaschbare Kreidestifte. Ich malte Strichmännchen in mehreren Haltungen, und Ben schuf das, was ich den
kreativen Hintergrund
nannte – er kritzelte die leeren Flächen voll. Die beiden Bilder, die uns am besten gefielen, befestigten wir mit Magneten am Kühlschrank. Nach und nach, so hoffte ich, würden wir diesen Schneepalast mit unserer Unordnung doch noch zu unserem Zuhause machen.
Die Leute, die das Haus für uns vorbereitet hatten, waren gründlich gewesen, denn für Ben gab es nicht nur ein Gitterbett, sondern auch einen Hochstuhl. Ben liebte die weißen Schäfchen, die sich auf seinem blauen Sitzkissen tummelten, so sehr, dass er ständig herumrutschte, um sie besser sehen zu können. Dabei verteilte er Kartoffelbrei auf dem weißen Teppich.
«Das gibt Flecken», sorgte sich meine Mutter.
«Der Kartoffelbrei ist doch auch so gut wie weiß», sagte ich.
Mac lachte. «Vielleicht sollten wir nur Weißes essen, dann können wir hier wenigstens nichts versauen.»
«Hm», machte meine Mutter. «Kartoffeln, Blumenkohl, Eiweiß, Weizenbrei, Haferbrei –»
«Vanilleeis», fuhr ich fort. «Marshmallows, Sahne, Milch, Reis, Käse.»
«Weißbrot», warf Mac ein. «Fisch,
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