Es ist niemals vorbei
sonst noch für die nächste Zeit braucht.»
«Cornelia»
, sagte meine Mutter versonnen. «So einen schicken Namen wollte ich als Kind haben.
«Cornelia. Corny.»
«Na, bitte», knurrte Jasmine.
«Aber würde eine Cornelia ihr Kind jemals Joan nennen?», fragte ich.
«Warum denn nicht?», antwortete meine Mutter. «Sie ist mit diesem vornehmen Namen aufgewachsen und hat für ihre Tochter etwas Schlichteres ausgesucht. Als Kontrast.»
«Schöner Kontrast», schnaubte ich.
«Könntest du vielleicht mal aufhören zu meckern?», fragte Jasmine. «Oder überhaupt aufhören zu denken?», fügte Mac grinsend hinzu.
Nach einer halben Meile über die von Nadelbäumen gesäumte Einfahrt erreichten wir eine große, mit braunem Rasen bedeckte Lichtung. Am anderen Ende stand ein Herrenhaus, das während der Saison ein Hotel war. Wir fuhren daran vorbei und gelangten zu einem weiten, hügeligen Gelände mit abgedeckten Schwimmbecken, Wegweisern in Richtung Strand, Golfplatz, Spielplätzen und Restaurants.
«Da.» Jasmine fuhr langsamer und zeigte auf etwas Graubraunes in der Ferne.
«Was für ein hübscher kleiner Aussichtsturm», sagte meine Mutter.
«Nein, ich meine das dahinter. Sieht wie eine große Scheune aus.»
«Wirkt irgendwie fehl am Platz», sagte Mac. «Oder ist das ein Schuppen für den Gärtner?»
«Das ist das Karussell. Im Winter wird es abgedeckt, aber es ist eine Antiquität.»
«Kann man denn noch darauf fahren?», fragte ich. Jasmine beschleunigte ihr Tempo wieder.
«Ich glaube schon. Gesehen habe ich es noch nicht. Im Winter ist hier ja nichts los.» Sie hielt auf der Zufahrt zu einem kleinen zweistöckigen Gebäude am Ende einer Reihe gleich aussehender, terrassenförmig angelegter Ferienhäuser. «Das hier ist Eigentum der Bundespolizei. Wir benutzen es außerhalb der Saison.»
Meine Mutter befreite Ben aus seinem Sitz und reichte ihn mir. Wir stiegen aus dem Wagen und folgten Jasmine über einen kleinen gewundenen Pfad zur Eingangstür. Sie schloss auf und überreichte mir den Schlüssel, als sei ich jetzt die stolze neue Besitzerin.
«Danke», sagte ich knapp und ohne jede Begeisterung. Zu fliehen und sich zu verstecken, waren bittere Pillen, die man nur notgedrungen schluckte. Augen zu und durch, mehr konnte man von mir nicht verlangen. Ein Haus zu beziehen, war mir nicht fremd, denn ich war als Armeekind aufgewachsen. Jahrelang waren meine Mutter und ich meinem Vater von Posten zu Posten gefolgt, ehe es uns zu guter Letzt gelang, uns in dem großen alten Haus meiner Großeltern in Montclair, New Jersey, niederzulassen. Wir wussten, wie man sich im Nu ein neues Heim einrichten konnte.
Ich betrat das Haus, durchquerte einen Flur zu einer Küchenzeile mit weißen Schränken, legte meinen Schlüssel auf dem weißen Tresen ab und wandte mich dann dem anschließenden Wohn- und Esszimmer zu, das ebenfalls in Weiß gehalten war. Eine weiße Treppe führte nach oben, vermutlich zu weiteren weißen Räumen. Das Panoramafenster des Wohnzimmers zeigte eine triste, vereiste Landschaft, die wir nur mit Hilfe weißer Vorhänge aussperren konnten. Ich fragte mich, wie lange wir hier sein mussten und ob es sich lohnte, für das beige Sofa eine bunte Decke zu besorgen, ein paar hübsche Poster für die Wände, an denen bisher nur Bilder mit nichtssagenden Meerlandschaften hingen. Eigentlich war ich weder anspruchsvoll, was die Inneneinrichtung betraf, noch war ich überhaupt eine nennenswerte Hausfrau, aber selbst für mich gab es Grenzen. Es konnte sein, dass wir hier für lange Zeit ausharren mussten, ganz gleich, ob es mir passte oder nicht. Deshalb wollte ich mich wenigstens halbwegs gut fühlen können.
«Oben sind drei Schlafzimmer», verkündete Jasmine. «Ein Gitterbett haben wir auch aufstellen lassen. Der Kühlschrank ist gefüllt, das heißt, in den nächsten Tagen werdet ihr nicht einkaufen müssen. Sobald wir wissen, dass ihr wieder nach Hause könnt, sagen wir euch Bescheid.»
Mac kam, mit den Koffern beladen, ins Haus und setzte sie mit lautem Knall unten an der Treppe ab. «Nicht schlecht», sagte er.
«Wir bleiben in Kontakt.» Jasmine machte kehrt.
«Wieso willst du schon gehen?» Meine Stimme klang wie die eines verdrossenen Kindes. Meine Mutter warf mir prompt einen tadelnden Blick zu. Aber ich war müde, zornig und verängstigt. Andererseits waren die anderen das auch. «Tut mir leid», presste ich hervor.
«Komm, wir bringen Ben hoch. Vielleicht schläft er wieder ein.» Mac
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