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Es muss nicht immer Grappa sein

Titel: Es muss nicht immer Grappa sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafit
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gehen – Gäste warten.«
    Silius sah älter aus als auf seiner Homepage. Erschöpft und gehetzt. Was hatte das Treffen zu bedeuten? Der Feinkostkönig redete auf Kleist ein. Leider konnte ich dessen Reaktion nicht sehen, weil er uns den Rücken zeigte.
    Ich wurde kribbelig. Handelten die beiden einen Deal aus? Immerhin beschäftigten sich Zoll und Steuerfahndung mit Silius’ Geschäften. Warum traf sich der künftige Leiter der Mordkommission mit einem Verdächtigen nicht in seinem Büro, sondern in einer Kneipe, die noch dazu nicht ganz koscher war?
    Iwan brachte das Bestellte. Hastig stürzte ich das Wasser hinunter. Dann den Wein.
    »Was ist los?«, fragte der Bluthund.
    »Irgendwas stimmt hier nicht«, murmelte ich. »Kannst du mal ein Foto von den beiden machen – und zwar so, dass sie es nicht merken? Und so, dass beide gut zu erkennen sind?«
    »Klar kann ich das, Grappa. Ist eine leichte Übung für mich.« Pöppelbaum erhob sich und schlenderte an eine Stelle des Biergartens, von der aus er freien Blick auf den Tisch der beiden hatte.

    Zu Hause sah ich mir die Fotos an. Wayne hatte mir die kleine Kamera überlassen. Sie brachten keinerlei Erkenntnisse zum Inhalt des Gesprächs. Kleists T-Shirt hatte allerdings eine witzige Aufschrift: I never forget a face, but in your case I’ll make an exception.
    Ich fiel ins Bett und freute mich, dass ich ausschlafen konnte. Am Wochenende hatte ich frei. Die nächste Ausgabe des Bierstädter Tageblattes würde erst Montag erscheinen.
Penner mit Problemen
    Superiore Feinkost verkaufte nicht nur über das Internet. Peter Silius betrieb auch eine Reihe von Feinkostläden – klein, fein und unauffällig. Keine protzigen Auslagen mit Preisangabe, sondern nur eine Schiefertafel, auf der die Angebote des Tages handschriftlich vermerkt waren.
    Ich frühstückte, kleidete mich sorgfältig an und zog los. Heute keine Jeans und kein Schlabberpulli, sondern ein wadenlanger Rock, eine schwarze Bluse mit Kragen und Tüchlein. Die Pumps hatten einen mittelhohen Absatz. Sachen, die ich sonst nur bei Beerdigungen trug.
    Der Laden in der Bierstädter Fußgängerzone war der bekannteste des Feinkostkönigs. Er befand sich in einer mit Glas überdachten Ladenzeile – zwischen einer Nobelparfümerie und einem Erotikladen. Hier konnte die Dame von Welt alles erstehen, was Freude macht: guten Geruch auf die Haut, was Feines für den Magen und was Erregendes zwischen die Beine.
    Ich hielt mich eine Weile in der Parfümerie auf und beobachtete das Kommen und Gehen bei Superiore. Leider schienen die Stammkunden für exquisite Kost später aufzustehen als ich. Der Laden war ziemlich leer. Zwei Frauen in hellblauen Kleidern und weißen Schürzen langweilten sich hinter der Verkaufstheke.
    Jetzt rückte auch noch ein Bettler an und setzte sich auf den gefliesten Boden vor dem Laden. Er hatte ein Bündel dabei, zog das Bein nach und wurde von einem Hund begleitet. Der machte keinen frischeren Eindruck als sein Herrchen.
    Ich grinste. Über die Bettler war schon oft geschrieben worden – auch im Bierstädter Tageblatt. Cityring und Einzelhandelsverband forderten von der Stadtverwaltung Platzverweise und sprachen von Geschäftsschädigung. In Leserbriefen und Eingaben an die Bezirksvertretungen wurde gehetzt, was das Zeug hielt. Vergeblich. Wohlfahrtsverbände und Kirchen beriefen sich auf die Freizügigkeit aller Bürger, was das Genörgele der Geschäftsleute immer wieder zum Verstummen brachte.
    Die Stunde der Bettler schlug samstags. Da war die Innenstadt voller Menschen. Natürlich waren die Plätze vor den hochpreisigen Läden und den Geschäften, die den Befürwortern von Ordnungsmaßnahmen gegen die Bettler gehörten, besonders begehrt. Das war psychologisch geschickt. Jemand, der gerade Hunderte von Euro für Pastetchen, Kaviar, Trüffel und Wein ausgegeben hatte, konnte nicht so herzlos sein und an einem Bettler vorbeigehen, ohne ihm ein paar Cent auf den Teller zu legen.
    Ich wählte eine Flasche Bodylotion und wechselte in den Feinkostladen. Eine Verkäuferin bot Hilfe an.
    »Danke, aber ich möchte mich erst einmal umsehen.«
    Das Angebot war erstklassig. Es gab mindestens zwanzig Sorten Olivenöl, ebenso viele Essigsorten, ausländische Spezialitäten in Gläsern und Dosen und eine kleine Auslage von Obst und Gemüse – natürlich nur solches, das in unseren Breiten nicht immer wuchs oder noch nie geerntet worden war. In den Kühltruhen lagerten mediterrane Krustentiere und

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