Es muss nicht immer Grappa sein
viel über den Mann, der zahlen sollte. Aber sie kennt die Summe, welche die schmuggelnde Oma verlangte: 150.000 Euro. Die Villa und etwas Starthilfe dazu. Ekaterina hatte eine geschäftliche Beziehung zu diesem Mann, verachtete ihn aber, so die trauernde Freundin in der Ukraine. »Ich bat sie, vorsichtig zu sein. Doch sie meinte, dass ihr keine Gefahr drohe.«
Viele neue Fragen stellen sich: Wer ist der Mann, der zahlen sollte? Warum sollte er zahlen? Ist Erpressung im Spiel? Wenn er Schöderlapps Forderung erfüllt hat – wo ist das Geld geblieben? Ist der Unbekannte der Mörder?
Unsere Zeitung wird den Kontakt zu Galina G. aufrechthalten. Sie versichert, alles tun zu wollen, damit die Tat aufgeklärt wird: »Ich bin auch bereit, mit den deutschen Behörden zusammenzuarbeiten.« Bisher jedoch hat die Mordkommission keinerlei Anstalten gemacht, Galina G. zu befragen. Die Briefe, die sich die beiden Freundinnen in den letzten Jahren schrieben, wurden von der Polizei übersehen oder als unwichtig eingestuft. Der Enkel der Toten fand sie bei der Wohnungsauflösung und wandte sich an das Bierstädter Tageblatt.
Die Bierstädter Mordkommission musste übrigens eine weitere Schlappe einstecken. Die beiden festgenommenen Leibwächter des russischen Paten Boris Gogol, der sein Geld mit dem Import russischer Waren nach Deutschland verdient, sind wieder auf freiem Fuß. Für den Zeitpunkt, als der Fotograf Hein Carstens in seinem Hotelzimmer erschlagen wurde, konnten sie ein Alibi nachweisen. Auch die bei den beiden Männern gefundene Mordwaffe, ein Baseballschläger, reichte dem Haftrichter nicht zur Bestätigung des Haftbefehls aus. Der Schläger sei für viele Menschen zugänglich gewesen: Normalerweise liegt er in der Sporthalle auf Gogols Anwesen.
Während ich die Ereignisse noch mal kurz chronologisch zusammenfasste, fiel mir auf, dass eine Figur in der Story immer noch ziemlich farblos war: Peter Silius. War er der Erpresste? Oder doch Gogol? Oder jemand, der überhaupt noch nicht aufgetaucht war? Nein, dachte ich, der Mörder ist nicht immer der Gärtner. Aber auch nicht der, der es auf den ersten Blick zu sein scheint.
Sarah unterbrach meine Grübeleien. »Kiki spielt wieder mit«, rief sie in mein Büro hinein. »Die Sendung fängt gerade an.«
Vor der Glotze hatte sich eine gemütliche Runde zusammengefunden. Es gab Kaffee, Weingummi und die bröckeligen Erdnusskekse, die fast so gut schmeckten wie meine geliebten Mandelhörnchen. Simon Harras und Azu-Biene Vanessa – sie hatte neuerdings feuerrote Strähnen im Haar – hatten die Schüssel zwischen sich gestellt und machten sich über die Dinger her. Ich bemühte mich, die Kekse zu ignorieren.
Die Vorspannmusik von Gute Tage – schlechte Tage war soeben verklungen. Tatsächlich, sie hatten Kiki Moreno in die Serie zurückgeholt. Die erste Szene spielte im Halbdunkel.
Detektiv Jerome und Sandy laufen Hand in Hand zwischen Bäumen hindurch. Die Blondine ist außer Atem. In der Ferne fallen Schüsse.
»Wie hat er sie denn entdeckt?«, fragte ich verdattert. »Vor ein paar Tagen schmorte sie doch noch im Verlies.«
»Er hat die Gräfin observiert. Die hat sich mit einem Mann getroffen, der einen Hund hatte. In einem unbeobachteten Augenblick hat Jerome dem Hund einen Peilsender ins Fell gesteckt. Und so fand er Kiki.«
»Das ist ja mal originell«, grinste ich.
Schnitt. Die Mutter des Kleinen Krokodils liegt nachdenklich auf einem geblümten Sofa – die Beine in eine flauschige Decke gehüllt. Sie wirkt angestrengt, denn sie hat ja Krebs. Lächelnd denkt sie an ihren Sohn, schließt die Augen, erinnert sich. Die Farben verschwinden aus dem Bild. Rückschau. Indianerdorf. Eine Hütte. Weise Indianerfrauen stehen um ein Lager aus Blättern. Darauf liegt eine Frau in den Wehen. Sie schreit, die alten Medizinfrauen palavern lauter. Ein weiterer Schrei. Nahaufnahme eines Babys. Es wird der Mutter in die Arme gelegt.
»Wie niedlich«, seufzte Susi.
»Das Kind da ist mindestens drei Monate alt«, nörgelte Stella. »Kommt man mit drei Monaten auf die Welt?«
»Im Regenwald wächst eben alles schneller«, warf Simon ein.
»Ja, weil es ständig regnet«, stimmte ich zu.
»In echt?«, fragte Sarah.
»Yep.«
Schnitt.
Das Schicksal meint es gut mit Sandy und Jerome. Eine Jagdhütte steht am Fluchtweg der beiden. Sie ist zufällig nicht verschlossen. Das junge Paar geht vorsichtig hinein. Niemand da. Sandy klagt über einen Dorn im Fuß und lässt sich
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