Es muß nicht immer Kaviar sein
de Lesseps ist leider nicht hier, wie unangenehm.«
Wie angenehm, dachte Thomas und fragte: »Wo ist er denn?«
»Nach Bandol gefahren.« Bergier spitzte sein rosiges Mündchen, als wollte er pfeifen. »Er kauft da in der Gegend noch einen sehr großen Posten Gold, verstehen Sie. Und Devisen.«
»Ich verstehe.« Thomas gab Bastian einen Wink, dieser schwang einen kleinen Koffer auf den Tisch und ließ die Schlösser aufschnappen. Sieben Goldbarren lagen darin.
Bergier untersuchte sie genau. Er las die Stempel. »Hm. Hm. Scheideanstalt von Lyon. Sehr schön.«
Thomas gab Bastian heimlich einen zweiten Wink, Bastian sagte: »Könnte ich mir mal die Hände waschen?«
»Das Badezimmer ist da drüben.«
Bastian ging ins Badezimmer, in welchem es eine Unmenge von Flaschen und Tiegeln gab. Ein gepflegter Herr war Monsieur Bergier! Bastian drehte einen Wasserhahn auf, dann trat er geräuschlos auf den Gang, zog den Zimmerschlüssel aus dem Schloß, nahm eine alte Blechschachtel voller Bienenwachs aus der Tasche, drückte den Schlüssel von beiden Seiten in das Wachs, steckte ihn wieder ins Schloß und die Schachtel wieder in die Tasche.
Im Salon war Bergier mittlerweile darangegangen, die Goldbarren zu untersuchen. Er verfuhr dabei genau so, wie der kleine Zahnarzt es vorausgesagt hatte: Er benutzte einen Ölstein und Salzsäure von verschiedener Konzentration.
»In Ordnung«, sagte er nach Prüfung der sieben Barren. Dann sah er Thomas träumerisch an. »Was mache ich mit Ihnen?«
»Bitte?« Thomas atmete erleichtert auf, da Bastian gerade in den Salon zurückkam.
»Sehen Sie, ich muß meinen Auftraggebern über jeden einzelnen Kauf natürlich Buch legen. Wir – wir führen Listen über unsere Kunden …«
Listen! Thomas Lievens Herz schlug schneller. Das waren die Listen, die er suchte! Die Listen mit den Namen und Adressen von Kollaborateuren im unbesetzten Frankreich, von Leuten, die ihr Land an die Gestapo und oft genug noch ihre Landsleute dazu verkauften.
Bergier sprach sehr sanft: »Wir zwingen natürlich niemanden, uns Angaben zu machen … wie sollten wir auch!« Bergier lachte. »Aber wenn Sie in der Zukunft mit uns Geschäfte machen wollen, wäre es vielleicht doch zweckmäßig, daß ich mir gewisse Notizen … selbstverständlich absolut vertraulich …«
Absolut vertraulich vor der Gestapo, dachte Thomas, und er sagte: »Wie Sie wünschen. Ich hoffe, Ihnen noch öfter liefern zu können. Auch Devisen.«
»Entschuldigen Sie mich einen Moment«, bat Bergier und verschwand mit weibisch gezierten Bewegungen im Schlafzimmer.
»Hast du den Abdruck?« fragte Thomas.
»Klar.« Bastian nickte. »Sag mal, ist der Kleine etwa …«
»Du merkst aber auch alles«, sagte Thomas.
Bergier kam zurück. Er trug eine Aktentasche mit vier Schlössern, die er umständlich aufsperrte. Dann holte er mehrere Listen hervor, auf denen viele Namen und Adressen standen. Er zückte eine goldene Füllfeder. Thomas Lieven gab seinen falschen Namen und eine falsche Adresse an. Bergier notierte beides.
»Und nun das Geld«, sagte Thomas.
Bergier lachte: »Keine Angst, es kommt schon. Darf ich Sie bitten, mir ins Schlafzimmer zu folgen …«
Im Schlafzimmer nebenan standen drei riesige Schrankkoffer. Aus einem von ihnen zog der Anwalt eine schmale Schublade. Sie erwies sich bis zum Rand gefüllt mit gebündelten 1000- und 5000-Franc-Scheinen. Es war Thomas klar, daß die Herren Bergier und de Lesseps große Mengen an Bargeld mit sich führen mußten. Ohne Zweifel war auch in den anderen Schubladen der Koffer Geld. Und so beobachtete Thomas höchst gespannt, wo Bergier die Mappe mit den Listen verstaute …
Für den Barren bezahlte Bergier 360 000 Franc, die im Wert etwa 18 000 Reichsmark entsprachen, für sieben Barren also insgesamt 2 520 000 Franc.
Während er die Geldbündel vor Thomas hinlegte, lächelte Bergier werbend und verheißungsvoll und suchte dessen Blick. Thomas aber zählte die vor ihm liegenden Francs …
Endlich sagte Bergier: »Wann sehen wir uns wieder, mein Freund?«
Erstaunt fragte Thomas: »Wieso? Fahren Sie nicht nach Paris zurück?«
»O nein, nur Lesseps. Er kommt morgen nachmittag mit dem Expreß um 15 Uhr 30 hier durch.«
»Durch?«
»Ja, er fährt mit der Ware aus Bandol nach Paris. Ich werde ihm Ihr Gold an den Waggon bringen. Aber nachher könnten wir doch zusammen speisen, wie wär’s, mein Freund?«
2
»15 Uhr 30, Bahnhof St. Charles«, sagte Thomas eine Stunde später in
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