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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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der Bibliothek einer großen, alten Wohnung am Boulevard de la Corderie. Die Wohnung gehörte einem Mann namens Jacques Cousteau, der viele Jahre später als Tiefseeforscher und mit seinem Buch und seinem Film »Die schweigende Welt« berühmt werden sollte.
    Im Jahre 1940 war dieser ehemalige Major der Marineartillerie ein wichtiger Mann des eben wieder entstehenden französischen Geheimdienstes: ein junger, energiegeladener Mensch mit schwarzem Haar und schwarzen Augen, durchtrainiert und sportlich.
    Cousteau saß in einem alten Lehnsessel vor einer in satten Farben schimmernden Bücherwand und rauchte eine alte Pfeife, die er – faute de mieux – mit wenig Tabak gefüllt hatte.
    Oberst Siméon saß neben ihm. Erbarmungswürdig glänzten die Ellbogen und Knie seines schwarzen Anzugs. Wenn er die Beine übereinanderschlug, sah man, daß er ein Loch in der linken Schuhsohle hatte.
    Lächerlicher, armer, erbarmungswürdiger französischer Geheimdienst, dachte Thomas. Ich, ein Außenseiter, zur Agententätigkeit gezwungen, bin momentan reicher als das ganze »Deuxième Bureau«!
    Elegant und gepflegt stand er da, dieser Thomas Lieven, und neben ihm stand das Köfferchen, in dem die Goldbarren zu Monsieur Bergier gebracht worden waren. Jetzt lagen 2 520 000 Franc in dem Köfferchen …
    Thomas Lieven sagte: »Sie müssen sehr aufpassen, wenn der Expreß einläuft. Ich habe nachgesehen. Er hält nur acht Minuten.«
    »Wir werden aufpassen«, sagte Cousteau. »Keine Sorge, Monsieur Hunebelle.«
    Siméon zupfte an seinem Menjoubärtchen und erkundigte sich mit hungrigen Augen: »Und Sie glauben, daß de Lesseps viel Ware bei sich hat?«
    »Nach Bergiers Berichten eine Riesenmenge an Gold, Devisen und sonstigen Werten. Er hat tagelang im Süden eingekauft. Er muß viel bei sich haben, sonst würde er nicht nach Paris fahren. Bergier wird ihm meine sieben Barren übergeben. Ich glaube, es ist das beste, wenn Sie die beiden in dem Augenblick verhaften lassen …«
    »Alles schon vorbereitet. Wir haben Freunden bei der Polizei einen Wink gegeben«, sagte Cousteau.
    Siméon fragte Thomas: »Aber wie kommen Sie an die Listen heran?«
    Lächelnd antwortete Thomas: »Zerbrechen Sie sich nicht Ihren Kopf, Siméon. – Sie könnten mir übrigens helfen. Ich brauche drei Hausdiener in Uniformen des ›Hôtel Bristol‹.«
    Siméon sperrte Mund und Augen auf. Man sah, daß er angestrengt nachdachte. Bevor ihm aber etwas einfiel, sagte Cousteau: »Das wird sich machen lassen. Das Bristol läßt in der Großwäscherei Salomon arbeiten. Auch die Uniformen reinigen. Der zweite Direktor in der Wäscherei ist ein Mann von uns.«
    »Na fein«, sagte Thomas.
    Er sah den mageren Siméon mit der durchlöcherten Schuhsohle und dem abgestoßenen Anzug an. Er sah Cousteau an, der sparsam an der abgekauten Pfeife sog und nur wenig Tabak im Beutel hatte. Er sah sein Köfferchen an. Und dann beging unser Freund eine rührende Handlung, die zeigte, daß er noch immer nicht gelernt hatte, nach den herzlosen Spielregeln einer herzlosen Welt zu leben, in die ein grausames Geschick ihn gestürzt hatte …
    3
    Als Thomas Lieven eine halbe Stunde später das Haus am Boulevard de la Corderie verließ, sah er, daß sich aus einer Mauernische ein Schatten löste und ihm durch die diesige Dunkelheit folgte. Thomas bog um eine Straßenecke und blieb jäh stehen. Der Mann, der ihm folgte, rannte prompt in ihn hinein.
    »Oh, pardon«, sagte er höflich und zog einen alten, speckigen Hut. Thomas erkannte ihn. Es war einer von Chantals Leuten. Er murmelte etwas Unverständliches und schlurfte davon.
    In ihrer Wohnung in der Rue Chevalier à la Rose überfiel Thomas Lievens schwarzhaarige, katzenhafte Geliebte ihren Freund mit stürmischen Umarmungen und Küssen. Sie hatte sich für ihn besonders schön gemacht. Kerzen brannten, Champagner stand im Eis. »Endlich, chéri! Ich hatte schon solche Sehnsucht nach dir.«
    »Ich war noch …«
    »Bei deinem Oberst, ich weiß, Bastian hat es mir erzählt.«
    »Wo ist denn Bastian?«
    »Seine Mutter ist plötzlich erkrankt, er mußte zu ihr fahren, er kommt morgen wieder.«
    »Morgen, aha«, sagte Thomas arglos und öffnete den kleinen Koffer, der noch immer recht voll, aber nicht mehr ganz so voll war wie zu Anbeginn, als Bergier ihn gefüllt hatte.
    Chantal pfiff erfreut durch die Zähne.
    »Pfeif nicht zu früh, chérie«, sagte er. »Es fehlt eine halbe Million.«
    »Was?«
    »Ja. Ich habe sie Cousteau und

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