Es muß nicht immer Kaviar sein
Warum?
Madame dankte für die Orchideen. Madame freute sich, Thomas kennenzulernen. Madame nahm das Martiniglas zur Hand, das ihr von ihrem Gatten gereicht wurde. Madame stellte das Martiniglas plötzlich auf einen sechseckigen Bronzetisch, preßte die Faust gegen die Lippen und brach in Schluchzen aus.
Kinder, Kinder, dachte Thomas. Ich will ja gar nicht mehr von meinem Club reden. Aber wenn ich diesen Scheißkrieg überlebe, dann verkaufe ich meine Memoiren an einen Buchverlag.
Mit
allen Rezepten!
Er sah den weißhaarigen Ferroud zu seiner schönen Gattin eilen. »Um Gottes willen – Marie-Louise – was ist … Du mußt dich zusammennehmen, was soll Herr Lieven denken?«
»Ach«, schluchzte Madame Ferroud, »verzeih mir, Jean, verzeih mir …«
»Es sind die Nerven, chérie …«
»Nein, es sind nicht die Nerven … Es ist auch gar nicht deswegen … Es ist
außerdem
noch etwas passiert!«
Ferrouds Gesicht wurde hart. »Außerdem – was?«
»Das Essen – das Essen ist verdorben!« Aufschluchzend ergriff die Hausfrau ihr Taschentuch, schnaubte in dasselbe und rief: »Thérèse hat den Zander fallen lassen!«
Der Bankier Ferroud, von der Deutschen Abwehr dringend verdächtigt, eine der gefährlichsten Schlüsselfiguren des phantastischen französischen »Marché noir« zu sein, wurde jetzt unwillig. »Marie-Louise, ich muß doch bitten! Du weißt, worum es heute abend geht! Du weißt, was auf dem Spiel steht! Und da brichst du in Tränen aus wegen eines idiotischen Zanders? Da benimmst du dich wie …«
Menu • Paris, 13. September 1943
Thomas Lieven rettet einen Fisch und
ein blondes Mädchen …
Gekochter Schinken mit Sauce Cumberland
Fischspeise in der Form
Schokoladenkaffeecreme
Sauce Cumberland:
Man verrühre einen viertel Liter Johannisbeergelee, ein achtel Liter Rotwein, den Saft von zwei Orangen, einen Teelöffel englisches Senfpulver und eine in feine Streifchen geschnittene, vom Weißen befreite Schale einer Orange. Man bewahre die Sauce kühl auf. – Man kann diese Sauce zu allen Arten von kaltem Fleisch geben, besonders gut eignet sie sich zu Wild.
Fischspeise in der Form:
Man koche den Fisch im ganzen, lasse ihn dann gut abtropfen, entferne Haut und Gräten und zerteile ihn in Stücke. Man mache eine helle Schwitze aus Butter und Mehl, gebe saure Sahne, Weißwein, geriebenen Parmesankäse und etwas Fischwasser hinzu und verkoche dies zu einer dicken weißen Sauce. Man schmecke sie mit Salz und Pfeffer ab, füge gedünstete Champignons und einige Kapern hinzu. – Man lege die Fischstücke in eine gut gebutterte Auflaufform, gieße die Sauce darüber, bestreue dick mit Parmesankäse, geriebener Semmel und Butterflöckchen und backe dann im Ofen zu goldgelber Farbe. Man garniere vor dem Anrichten mit gebackenen Blätterteig-Halbmonden, »Fleurons«. – Man kann diese Speise aus allen festfleischigen Fischen, sehr gut aus Schellfisch und Kabeljau, zubereiten.
Schokoladenkaffeecreme:
Man lasse einen Liter Milch mit 150 Gramm Kochschokolade und etwas Zucker aufkochen. – Man schlage in einer Schüssel drei Eigelb mit einem glattgestrichenen Eßlöffel Kartoffelmehl oder Maizena, gieße die kochende Flüssigkeit unter ständigem Rühren dazu. – Man gebe die Masse wieder in den Kochtopf und lasse sie auf kleinster Flamme unter ständigem Rühren dick werden, ohne daß sie zum Kochen kommt. – Man füge einen Suppenlöffel voll grobgemahlenem, keinesfalls pulverisiertem Kaffee und Eischnee zu der vom Feuer genommenen Creme und stelle sie sehr kalt.
»Monsieur Ferroud!« unterbrach ihn Thomas, sanft, aber bestimmt.
»Was wollen Sie? Ich meine: Ja, bitte?«
»Erlauben Sie, daß ich einige Fragen an Madame richte?«
»Ich … hrm … also … Nun ja, gewiß.«
»Danke. Madame, Sie sagen, Thérèse ließ den Zander fallen …«
»Ließ sie, ja. Sie ist schon so alt. Sie sieht so schlecht. Er fiel auf die Herdplatte, als sie ihn aus dem Wasser hob. Er zerbrach – mir wird übel – in lauter kleine Stücke!«
»Madame, es gibt nur eine Sünde im Leben: den Mut zu verlieren. Courage. Sie haben die Tollkühnheit besessen, einen deutschen Agenten zu Tisch zu laden. Soll ein französischer Zander Sie in die Knie zwingen?«
Ferroud hielt sich plötzlich den schönen Kopf mit beiden Händen und äußerte: »Das geht zu weit …«
»Aber woher denn«, sagte Thomas. Und zu der Dame des Hauses: »Verzeihen Sie die indiskrete Frage – was sollte es denn
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