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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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vor dem Zander geben?«
    »Schinken mit Sauce Cumberland.«
    »Hm. Hm.« Er machte ein Gesicht wie der große Sauerbruch beim Konsilium. »Und – hm, nachher?«
    »Schokoladenkaffeecreme.«
    »Jaja«, sagte Thomas und nahm eine Olive zu sich, »das geht ausgezeichnet.«
    »Was geht ausgezeichnet?« flüsterte die Dame, die gut und gerne 70 Karat an sich trug. Thomas verneigte sich vor ihr. »Es will mir scheinen, daß Sie von zwei Sorgen gequält werden, Madame. Von der einen jedenfalls kann ich Sie leicht befreien, wenn Sie mir erlauben, Ihre Küche zu betreten.«
    »Sie … Sie glauben, Sie können noch etwas mit dem zerbrochenen Zander anfangen?« Ein unirdischer Ausdruck von Bewunderung trat in Marie-Louises Augen.
    »Aber gewiß doch, Madame«, sprach unser Freund. »Wollen wir vielleicht die Gläser und den Shaker mitnehmen? Es kocht sich leichter bei einem Schlückchen. Wirklich ausgezeichnet, der Martini. Echter britischer Gordon-Gin. Wo haben Sie den im vierten Kriegsjahr nur immer noch herbekommen, Monsieur Ferroud …«
    14
    Was war hier also wirklich los?
    Das erfuhr Thomas auch in der riesigen, gekachelten Küche nicht. Eine Schürze vor den Smoking gebunden, schaffte er elegant die Zander-Katastrophe aus der Welt. Bewundernd sahen ihm dabei zu: die schuldbewußte, kurzsichtige alte Köchin, die bleiche Hausfrau, der bleiche Hausherr. Das seltsame Ehepaar vergaß – vorübergehend wenigstens – seine gewaltige Nervosität. Thomas dachte: Ich kann warten. Und wenn das Theater weitergeht bis morgen früh. Einmal werdet ihr ja wohl den Mund aufmachen!
    Er nahm die Gräten aus dem Unglücksfisch, enthäutete ihn und schnitt ihn blättrig. Trank einen Schluck und sprach: »Schwierige Jahre, meine Damen, haben mich erkennen lassen, daß das Leben einem meistens noch eine Chance gibt. Ein zerbrochener Zander ist immer noch besser als gar keiner. Wir bereiten jetzt eine schöne Sauce. Haben Sie Parmesankäse, Thérèse?«
    »Soviel Sie wollen, Monsieur«, flötete die alte Köchin. »Ach, ich bin ja so verzweifelt, daß mir das passieren mußte!«
    »Fassen Sie sich, meine Gute. Trinken Sie einen Schluck, es beruhigt.« Der Hausherr goß der Köchin das Glas voll. Thomas sagte: »Weißwein, saure Sahne und Butter, bitte.«
    Er bekam, was er verlangte. Alle sahen ihm zu, wie er die Sauce bereitete. Dann gab es plötzlich Lärm im Haus. Eine hohe Frauenstimme ertönte, eine hohe Männerstimme. Die Hausfrau erbleichte. Der Hausherr stürzte zur Tür. In dieser stieß er mit dem chinesischen Diener zusammen. Der hatte eine einfache Art, aus dem, was er hervorsprudelte, ein Geheimnis zu machen: Er sprudelte es chinesisch hervor.
    Dazu wies er hinter sich, die Hausfrau, des Chinesischen offensichtlich mächtig, schrie auf. Der Hausherr herrschte sie chinesisch an. Sie sank auf einen Küchenhocker. Der Hausherr folgte Shen-Tai, ohne sich zu entschuldigen. Die Tür flog hinter ihm ins Schloß.
    Na ja, dachte Thomas, so geht es also zu bei feinen Franzosen. Was soll man machen? Er beschloß, sich durch nichts mehr erschüttern zu lassen. »Haben wir Kapern, Thérèse?«
    »O heilige Jungfrau, die arme gnädige Frau …«
    »Thérèse!«
    »Kapern – jawohl, sind da.«
    »Und Champignons?«
    »Au-auch … Madame, kann ich etwas für Sie tun?«
    Die Hausfrau faßte sich. Sie sah auf: »Bitte, verzeihen Sie das alles, Herr Lieven. Shen-Tai ist seit zehn Jahren bei uns. Wir haben keine Geheimnisse vor ihm. Er kam in Shanghai zu uns … Wir lebten lange dort …«
    Im Haus erklangen laute Stimmen. Dann fiel etwas um. Thomas dachte: Gor net ignorieren, würde mein Freund, der Gefreite Karli Schlumberger, sagen.
    »Und in die Röhre damit, Thérèse.«
    »Ich habe Kummer mit meiner Cousine, Herr Lieven.«
    »Das tut mir leid, Madame. Und nun bei sanfter Hitze überbacken.«
    »Sie soll mit uns essen, wissen Sie. Sie wollte aber eben fluchtartig das Haus verlassen. Shen-Tai hat das im letzten Augenblick verhindert.«
    »Ein aufregender Abend, fürwahr. Warum wollte Ihre verehrte Cousine fliehen?«
    »Ihretwegen.«
    »Hr-rm. Meinetwegen?«
    »Ja. Sie – sie wollte Ihnen nicht begegnen.« Die Hausfrau stand auf. »Mein Mann ist jetzt mit ihr im Salon. Bitte, kommen Sie. Ich bin sicher, Thérèse kennt sich nun aus.«
    »Ordentlich mit Parmesan, Kapern und Champignons überstreuen, Thérèse«, sagte Thomas. Er nahm sein Glas und den Shaker. »Madame, ich bin begierig, Ihre Verwandte kennenzulernen – eine Dame,

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