Es muß nicht immer Kaviar sein
dienen?«
»Thomas Lieven. Indem Sie hier umgehend ausziehen.«
Der Stabszahlmeister lief rot an. »Besoffen, was?«
»Keine Spur.«
»Blöder Witz?«
»Nein, nur meine Wohnung.«
»Quatsch! Die Wohnung gehört mir! Lebe seit einem Jahr hier.«
»Ja, das merkt man. Reichlich verdreckt das alles.«
»Hören Sie mal, Herr Lieven, oder wie Sie heißen, Sie verschwinden jetzt sofort, oder ich rufe die Polizei.«
Thomas stand auf. »Ich gehe schon. Im übrigen sind Sie nicht ganz korrekt angezogen.«
Er ging zu Oberst Werthe. Zwei Stunden später erhielt Stabszahlmeister Höpfner von seinem Vorgesetzten den Befehl, augenblicklich die Villa am Square du Bois de Boulogne zu räumen. Die Nacht verbrachte er bereits in einem Hotel. Er begriff die Welt nicht mehr.
Der ehemalige Stabszahlmeister Höpfner heißt zwar anders, aber er lebt unter uns. Er ist heute Generaldirektor eines großen Werkes im Rheinland. Vielleicht liest er diese Zeilen. Dann wird er nach überlanger Weile endlich erfahren, wer schuld daran war, daß er am 3. September 1943 so schnell aus der hübschen Villa am Square du Bois de Boulogne flog.
11
Verlor Stabszahlmeister Höpfner eine Villa, so verlor Oberst Werthe in diesen Tagen eine erstklassige Hausangestellte: die schwarzhaarige, hübsche Nanette. Die kleine Französin hatte Thomas Lieven kennen- und bewundern gelernt, als er, zusammengeschlagen und elend, von Oberst Werthe am 12. Dezember 1942 aus der Gestapo-Haft geholt worden war. Nun kündigte Nanette dem Abwehr-Oberst plötzlich. Ein paar Tage später traf er sie in der Villa von Thomas wieder.
»Nicht böse sein, Herr Oberst«, flötete sie, »isch ’aben immer schon wollen arbeiten in die Square du Bois de Boulogne …«
Anfang September 1943 hatte Thomas sich nach seinem Geschmack etabliert. Der Keller war gefüllt mit Schwarzmarkt-Spirituosen, die Küche mit Schwarzmarkt-Lebensmitteln. Die Bekämpfung des schwarzen Marktes konnte beginnen!
Menu • Paris, 10. September 1943
Mit einem Schinken beginnt
Thomas Lievens Schwarzmarkt-Karussell.
Schweineschinken in Rotwein
mit Selleriesalat und Salzkartoffeln
Savarin mit Früchten
Schweineschinken in Rotwein:
Man nehme einen ganzen, frischen Schweineschinken, befreie ihn von der Schwarte und etwas vom Fett. – Man mache einen Brei aus geriebenen Zwiebeln, gestoßenem Pfeffer, Ingwer, Wacholderbeeren und Lorbeerblättern, reibe den Schinken mit der Hand fest damit ein, so daß er eine ganz braune Farbe bekommt. – Man lege den Schinken fünf bis acht Tage in einen Topf, übergieße ihn mit einer Flasche Rotwein und einer halben Flasche Essig, wende ihn öfters darin um. – Man reibe ihn vor dem Braten tüchtig mit Salz ein, setze ihn mit der Hälfte der Brühe aufs Feuer. Nach Einkochen der ersten Flüssigkeit stelle man den Schinken in den Bratofen, gebe dann den Rest der Brühe nach und nach zu. Man brate den Schinken zu schöner brauner Farbe, binde den Bratenfond zu einer sämigen Sauce und reiche Selleriesalat ohne Mayonnaise und Salzkartoffeln dazu. – Man rechne für den Schinken je nach Größe drei bis fünf Stunden Koch- und Bratzeit.
Savarin mit Früchten:
Man nehme ein halbes Pfund Mehl, knapp ein achtel Liter Milch, 15 Gramm Hefe, 125 Gramm Butter, 30 Gramm Zucker, drei Eier und etwas Salz. – Man mache ein Hefestück mit einem Viertel des gewärmten Mehles und lasse es gehen. Man vermische es mit der geschmolzenen Butter und den übrigen Zutaten und schlage es, bis es Blasen wirft. – Man streiche eine Randform mit Butter aus, fülle sie zu drei Viertel mit dem Teig und lasse ihn aufgehen, bis sie voll ist, backe dann dreißig Minuten.
Inzwischen mache man eingemachte oder frisch geschmorte Pfirsichhälften (es können auch andere Früchte sein) heiß, ebenfalls ein achtel Pfund dicke Aprikosenmarmelade. Man stelle eine Flüssigkeit her aus: ein achtel Liter Saft der Früchte, zwei Eßlöffel Weißwein, je ein Eßlöffel Kirschwasser, Sherry, Maraschino und Zitronensaft, ein halber Teelöffel Rum und einem Stückchen gestoßener Vanille. – Man kippe den gebackenen Rand sofort auf eine vorgewärmte Schüssel, begieße ihn mit der heißen Flüssigkeit, bestreiche ihn mit der heißen Aprikosenmarmelade und bestreue ihn mit zwei Eßlöffel voll gewiegter Pistazien, richte die heißen Früchte in der Mitte hoch an. Man kann den Rand auch tags zuvor backen, muß ihn dann erwärmen, bevor man ihn begießt und verziert.
Die erste, einigermaßen
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