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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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lebst? Mir haben sie erzählt, die Gestapo hat dich gekillt!«
    »Hübsch habt ihr es hier«, sprach Thomas, sich der Umarmungen Pauls erwehrend und in die Wohnung hineingehend. »Mein Unterricht hat wirklich Früchte getragen. Nur die Nippesfiguren da drüben, das Rehlein, das Elflein und die Tänzerin, die müssen natürlich raus!«
    Paul starrte ihn an: »Wo warst du bloß? Wie kommst du hierher?«
    Thomas erklärte seine Situation. Paul lauschte schweigend. Von Zeit zu Zeit nickte er. Zuletzt sagte Thomas: »… ich bin also mit meinem Oberst erschienen, weil ich hoffe, daß ihr mir helfen könnt. Feine Pinkel seid ihr geworden …«
    »Feine Pinkel, Quatsch! Immobilien, das steht doch nur an der Tür! Wir schieben natürlich – wie alle. Aber eben intelligenter – dank dir, mein Alter. Hast uns damals einen großen Gefallen getan mit deinem Kursus.«
    »Ja«, sagte Thomas, »und jetzt könnt ihr mir einen großen Gefallen tun. Ich muß wissen, wer diesen Untersturmführer Petersen umgelegt hat. Ich muß wissen, ob das ein Résistance-Mord war.«
    »Es war bestimmt kein politischer Mord.«
    »Das beweise mir mal. Erzähle mir, wer Petersen erschossen hat. Und wie. Und warum.«
    »Aber Pierre, ich werde doch keinen Landsmann verraten, der einen Nazi umgelegt hat. Das kannst nicht mal du von mir verlangen.«
    »Ich will dir mal was sagen, Paul. Die Nazis haben hundertfünfzig Leute verhaftet, Landsleute von dir. Sie werden Geiseln erschießen. Mehr als eine! Das können wir nur verhindern, wenn wir beweisen, daß dies kein politischer Mord war, daß dieser Petersen Dreck am Stecken hatte! Geht das in dein Idiotenhirn hinein?«
    »Mensch, schrei mich doch nicht so an. Ich will ja gerne mal ein bißchen herumhören …«
    2
    Drei Tage später, am 27. September 1943, nahmen drei Herren an Paul de la Rues Mittagstisch Platz: der Hausherr, Thomas Lieven und Fred Meyer.
    Paul hatte Thomas in dessen Hotel angerufen: »Ich glaube, wir haben etwas für dich. Komm doch zu mir. Fred kommt auch. Kannst du uns nicht was Schickes kochen? Von den Jungens in Marseille hörten wir, du hättest mal so ein prima Essen für sie gemacht!«
    »In Ordnung«, hatte Thomas geantwortet. Drei Stunden lang hatte er an diesem Vormittag in Paul de la Rues Küche gearbeitet. Nun saß man bei Tisch. Die beiden Ganoven trugen dunkle Anzüge zur Feier des Wiedersehens, weiße Hemden, silberne Krawatten. Sie waren so gut erzogen, daß sie versuchten, die Vorspeise – gefüllten Staudensellerie – mit Messer und Gabel zu nehmen, was ihnen große Schwierigkeiten bereitete.
    »Im Gegensatz zu den meisten anderen Gelegenheiten«, sprach Thomas, »ist es durchaus legitim, ja richtig, diese Stangen in die Hand zu nehmen.«
    »Dem Himmel sei Dank«, sagte Fred. »Was ist denn das für Käse?«
    »Roquefort«, sagte Thomas. »Wer hat also Petersen umgelegt?«
    »Ein gewisser Louis Monico war es. Ein Korse. Sie nennen ihn ›Louis le rêveur‹, ›Ludwig den Träumer‹.«
    »Wer ist dieser Träumer? Widerstand?«
    »Aber woher denn! Richtiger Gangster. Ganz jung. Hat es schwer auf der Lunge. Schon Jahre Gefängnis wegen Totschlag. Mensch, ich fress’ mich tot an den Stangen!«
    »Damit das nicht geschieht«, sagte Thomas, »werde ich eilends das Hauptgericht bringen.« Er ging in die Küche und kehrte gleich darauf mit einem Wasserbad wieder, dem er eine verdeckte Puddingform entnahm.
    »Ooch, Pudding!« maulte Fred enttäuscht. »Das ist aber ’ne Schei …, das ist aber nichts Rechtes. Ich dachte, es gibt Fleisch!«
    »Wirklich«, sagte Paul und betupfte dazu fein die Mundwinkel mit der Serviette, »ich muß sagen, ich bin auch ein wenig enttäuscht, lieber Freund!«
    »Abwarten!« Thomas stürzte den Inhalt der Puddingform auf eine große Porzellanplatte. Ein delikater Geruch nach Fleisch und Zwiebeln verbreitete sich. Die beiden Gangster schnupperten. Harmonie und Beruhigung malten sich auf ihren Gesichtern.
    Thomas sagte: »Jetzt erzählt mir vom Träumer. Warum hat er Petersen umgelegt?«
    »Nach dem, was wir herausbekommen haben«, sagte Fred, »und unsere Informationen sind erstklassig, war dieser Petersen eine ganz große Sau. Von wegen Blutordensträger! Von wegen SD ! Daß ich nicht lache! Petersen kam hier runter als Zivilist, verstehst du, und weißt du, was er machte? Er kaufte Gold.«
    »Schau mal einer an.«
    »Jede Menge. Zu guten Preisen. Muß ein mächtiger Schieber gewesen sein. Der Träumer hat ihm schon ein paarmal was

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