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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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Dienstwohnung, war er zu spät gekommen. Von der Absteige in der Avenue Mozart wußte der SD angeblich nichts. Also nichts wie hin!
    Fünf ausgesuchte Männer stürmten hinter ihrem Major die Treppen wieder hinab und auf die Straße hinaus. Motoren jaulten auf. Vorwärts schossen die Wagen. Stürmisch klopfte das Herz von Major Brenner. Und er empfand ein echtes Hans-Albers-Gefühl: Hoppla, jetzt komm’ ich!
    In der vornehmen Avenue Mozart versuchte Brenner wenige Minuten später, der Concierge des Hauses 28 in seinem Schulfranzösisch klarzumachen, daß er die Wohnung des Herrn Petersen im zweiten Stock durchsuchen müsse. »Aber Monsieur«, antwortete die Portierfrau, »die Damen sind doch oben!«
    »Damen? Was für Damen?«
    »Madame Lilly Page und ihre Zofe.«
    »Wer ist Madame Page?«
    »Nun, die Freundin von Monsieur Petersen natürlich. Er ist verreist, seit ein paar Tagen schon.«
    Daraus schloß Brenner messerscharf, daß hierorts von der Ermordung des Blutordensträgers und Goldschiebers noch nichts bekannt war, und stürmte mit seinen fünf Mann neuerlich los – in den zweiten Stock hinauf diesmal.
    Eine ausnehmend hübsche Zofe öffnete ihm, nachdem er geläutet hatte. Brenner erläuterte seine Mission, ohne jedoch (Köpfchen!) ein Wort über des Blutordensträgers tristes Schicksal zu verlieren. Die hübsche Zofe geriet in Konfusion und rief nach Madame.
    Madame Page erschien in einem Kleidchen, das man sogar noch im Dämmerlicht des Vorzimmers als verwirrend durchsichtig bezeichnen mußte. Sie war etwa 33 Jahre alt, sehr reizvoll und von einer leichten Üppigkeit. Eine aufregende Person mit Mandelaugen und schneeweißer Haut.
    Der Major bemerkte, daß seine fünf ausgesuchten Männer Stielaugen bekamen. Es gab eine Art von Damen, mit denen Fritz Brenner in seinem Leben nie zu tun gehabt hatte. Madame Page gehörte zu dieser Art. Er räusperte sich und erklärte höflich, aber bestimmt seinen Auftrag.
    Dann ging er, das reine Pflichtbewußtsein, in den Salon voraus, der außerordentlich elegant und kostbar eingerichtet war. An den Wänden gab es ein paar außerordentlich unanständige Bilder zu betrachten. Brenner betrachtete sie natürlich nicht.
    Derweilen schritt Lilly Page graziös zum Fenster und zog den Sonnenvorhang herab, obwohl das zu dieser Tageszeit wirklich nicht mehr nötig war.
    Ich bin ja kein Idiot, dachte Brenner, das ist doch ein verabredetes Zeichen für irgend jemanden auf der Straße da unten! So trat er denn neben die üppige Lilly, zog den Sonnenvorhang wieder hoch und äußerte mit gußeiserner Galanterie: »Ich bitte, die Schönheit Madames bei vollem Tageslicht bewundern zu dürfen.«
    »Charmant«, sagte die leichtbekleidete Lilly, ließ sich in einen tiefen, weichen Fauteuil fallen und kreuzte die Beine. »Bitte, Herr Major, beginnen Sie mit der Durchsuchung.«
    Brenners fünf Männer hatten mit derselben offenbar bereits begonnen. Der Major hörte sie nebenan rumoren und mit der Zofe schäkern. Diese verfluchten Kerle! Kein Ernst, kein Pflichtgefühl! Eine Dienstauffassung war das …
    Ärgerlich, zudem durch die Nähe Lillys verwirrt, öffnete Brenner ein großes Mahagonikästchen. Was er darin erblickte, trieb ihm die Schamröte ins Antlitz. Er rang nach Luft. Die schwarze Lilly lächelte sardonisch. Mit einem Knall schloß der Major das Kästchen wieder. Es wurde ihm zum zweitenmal unheimlich zumute.
    Major Brenner hatte zwar schon einmal gehört, daß es angeblich Bücher, Zeitungen, Fotos, Gegenstände gab, die das Licht der Öffentlichkeit zu scheuen hatten. Aber er hatte sich diese Bücher, Zeichnungen, Fotos, Gegenstände niemals auch nur
vorzustellen
vermocht. Nun, da beim Öffnen des Kästchens sein ahnungsloser Blick auf solcherlei Unrat gefallen war, empörte sich sein Innerstes zutiefst! Ungeheuerlich. Monströs. Entartet. Verderbt. Kein Wunder, daß eine solche Nation den Krieg verlor …
    Mühsam unterdrücktes Gegröle und Gewieher ließen den Major zusammenfahren. Madame mit den Mandelaugen sagte sanft: »Ihre Herren scheinen die Bibliothek entdeckt zu haben.«
    Brenner stürzte ins Nebenzimmer. Vier seiner ausgesuchten Männer hatten sich über einen Bücherschrank hergemacht. Der Major erschauerte, als er sah, was sie erheiterte. Er forschte nach dem fünften ausgesuchten Mann. Er war im Zimmer der Zofe.
    Brenner verbot den vieren den Bücherschrank, suchte den fünften und verbot ihm die Zofe. Die Situation begann ihm über den Kopf zu wachsen. Denn

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