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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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Frankreich jenes Geld verdient hatten, von dem nun wieder so viel verloren war.
    »Ich habe dich gleich gewarnt«, sagte Bastian. »Nun sind wir ziemlich pleite. Was machen wir jetzt? Die Villa verkaufen?«
    »Mitnichten«, sagte Thomas und streckte sich. »Jetzt werden wir Uran suchen gehen.«
    »Was
werden wir?«
    »Du hast richtig gehört, mein Alter. Ich saß bei den Amis mit einem interessanten Menschen in einer Zelle. Walter Lippert heißt er. Der hat mir eine Geschichte erzählt. Eine phantastische Geschichte …«
    3
    Verbittert, blaß und abgemagert war Walter Lippert, als er in seiner Zelle Thomas Lievens Lebensweg kreuzte. Ein Mensch von hoher Intelligenz. Ein Mensch von untadeligem Charakter. Schriftsteller von Beruf. Antifaschist aus Überzeugung. Jahre hatte er im Konzentrationslager Dachau zugebracht. Hatte gehungert. Gefroren. Sich foltern lassen. War beinahe verreckt. Befreit worden im Jahre 1945 von Amerikanern. Und nun wieder eingesperrt worden von Amerikanern.
    »Wegen der ›Schwarzen Lucie‹«, sagte Walter Lippert zu Thomas Lieven.
    »Wer ist die ›Schwarze Lucie‹?«
    »Die größte Schleichhändlerin und Schwarzmarktkönigin Süddeutschlands«, antwortete Walter Lippert. Und berichtete: Vor seiner Verhaftung durch den CID hatte er in einer Stadt im Süden Deutschlands gelebt. In derselben Stadt lebte die »Schwarze Lucie«, eine schöne, leidenschaftliche Frau, der die amerikanischen Offiziere in Scharen nachliefen.
    »Wie heißt diese Frau wirklich?« fragte Thomas den gefangenen Schriftsteller.
    »Lucie Maria Wallner. Sie ist geschieden. Mit ihrem Mädchennamen heißt sie Felt.«
    Diese Dame besaß ein Lokal mit Namen »Goldener Hahn«. Das Etablissement hatte ein großdeutscher Gauleiter für sie im Krieg erworben und eingerichtet. Die »Schwarze Lucie« war seine ebenso wilde wie untreue Freundin gewesen. Der Gauleiter hatte noch vor Kriegsende das Zeitliche gesegnet. Und die »Schwarze Lucie« war nach Kriegsende die ebenso wilde wie untreue Geliebte eines gewissen Captain William Wallace geworden.
    »Wer ist Captain Wallace?« fragte Thomas Lieven seinen Zellengenossen.
    Captain Wallace, berichtete Lippert, war Kommandant eines Internierungslagers am Rande der kleinen Stadt. Hier saßen viele Nazi-Bonzen, die man an der österreichischen Grenze aus den letzten sogenannten »Absetz-Zügen« herausgeholt hatte.
    Diese »Absetz-Züge«, die Ende April 1945 gen Süden rollten, waren überfüllt gewesen mit Spitzenfunktionären der Obersten SA - und SS -Führung, mit Diplomaten und Ministerialdirigenten. Gold und Juwelen führten diese Herren mit sich, Pläne von noch geheimen, nicht eingesetzten Waffen, riesige Mengen von Morphium, Kokain und anderen Rauschgiften aus Wehrmachtsbeständen und Uranwürfel aus dem »Kaiser-Wilhelm-Institut« in Berlin. Knapp vor der Grenze bekamen die Bonzen es mit der Angst zu tun, wenigstens, was das Uran betraf. Sie warfen die kostbaren Würfel aus den Zugfenstern. Nun berichtete Schriftsteller Lippert Thomas Lieven: »… an der Grenze wurden sie von Amerikanern verhaftet und in das Lager des Captain Wallace gesteckt. Da sitzen sie heute noch zum Teil. Das Gold, das Rauschgift und die Juwelen sind verschwunden. Ich behaupte, daß Captain Wallace sich alles unter den Nagel gerissen hat.«
    »Und die Uranwürfel?« fragte Thomas.
    »Sind nie wieder aufgetaucht. Ebensowenig die Pläne für die Wunderwaffen. Vielleicht liegen sie immer noch in irgendeiner Waldschneise unter dem Schnee. Vielleicht hat ein Bauer sie gefunden, was weiß ich …«
    »Und was haben Sie mit der ›Schwarzen Lucie‹ erlebt?« fragte Thomas den mageren, hoffnungslosen Schriftsteller.
    Bitter sagte Lippert: »Als ich aus dem KZ heimkam, stellten die Amis mich an in ihrer Special Operation Branch.« Der Schriftsteller lachte. »Weil ich ein so feiner Anti-Nazi war! Ein Mann mit einer völlig weißen Weste! Darum war es meine Aufgabe, die Bewohner unserer Stadt zu ›screenen‹, zu durchleuchten. Vor etwa einem Jahr kam auch die ›Schwarze Lucie‹ zu mir. Mit Captain Wallace …«
     
    Groß und üppig, schön und hochmütig kam die »Schwarze Lucie« in Walter Lipperts Büro. Blond und schlank, mit blauen Augen und schmalen Lippen ging Captain Wallace an ihrer Seite.
    Die »Schwarze Lucie« setzte sich auf Walter Lipperts Schreibtisch, warf drei Stangen Chesterfield-Zigaretten vor ihn hin, kreuzte die Beine und sagte: »Herr Lippert, oder wie Sie heißen, wie lange soll ich

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