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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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Lieven. Da wächst manchmal einer über sich selber hinaus … Wir haben so einen Menschen in unserer kleinen Stadt.«
    »In der Tat?«
    »Herbert Rebhahn heißt er. Weinhändler von Beruf. Früher hörte man oft sehr, nun, sehr weltliche Dinge von ihm, Sie verstehen … aber seit Kriegsende ist dieser Mensch wie verwandelt! Kein Sonntagsgottesdienst, den er versäumt! Kein gutes Werk, das er nicht tut! Tausende und aber Tausende von Mark hat er uns für die armen Flüchtlinge zur Verfügung gestellt …«
    Solcherart hörte Thomas zum erstenmal von dem Weinhändler und Menschenfreund Herbert Rebhahn. Am selben Tag hörte er übrigens noch einmal von ihm: in Erich Werthes Haus, beim Abendessen, das die hübsche, aber sehr schmale und blasse Frau des Exabwehroffiziers zubereitet hatte.
    Werthe sagte: »Hören Sie mal, Lieven, Sie haben doch damals in Paris für mich so einen phantastischen Zwiebelkuchen gebacken. Würden Sie das morgen wohl noch einmal tun? Wir bekommen Gäste.«
    »Aber mit Vergnügen«, sagte Thomas.
    »Es sind ein paar Freunde, die da kommen. Ich bin ihnen eine Einladung schuldig – nach allem, was sie für mich getan haben. Besonders Herbert Rebhahn.«
    Herbert Rebhahn – da war der Name wieder! »Dieser Herr scheint unentwegt Gutes zu tun«, sagte Thomas.
    »Keine Witze bitte!« Werthe sprach sehr ernst: »Ohne Herrn Rebhahn, ohne den Polizeipräsidenten Katting und ohne den Fürsten von Welkow hätte ich mich schon lange aufhängen müssen.«
    Leise und erschrocken fragte Thomas: »Es geht Ihnen nicht gut, Herr Werthe?«
    »Nicht gut? Verzeih das Wort, Luise – beschissen geht es uns! Sehen Sie mal, ich habe hier ein Weingut und eine Weinhandlung. Der Wein aus dem Gut bleibt bei mir liegen. Und die Amerikaner geben mir keine Einfuhrlizenzen. Also ist auch das gute Geschäft, das wir früher mit ausländischen Weinen hatten, ruiniert …«
    Menu • Franken, 14. August 1948
    An Thomas Lievens Rezept verschlucken sich
    drei Galgenvögel.
     
    Süddeutscher Zwiebelkuchen
    Kalbsvögel mit Kartoffelpüree
    Gefüllte Äpfel
    Zwiebelkuchen:
Man nehme ungesüßten Mürbeteig oder feinen Hefeteig, rolle ihn dünn aus und lege eine große Tortenspringform damit aus. – Man dämpfe eineinhalb bis zwei Pfund Zwiebelringe in 150 Gramm Butter weich, so daß sie ganz hell bleiben. Man lasse sie abkühlen, gebe drei bis vier ganze Eier, mit einigen Eßlöffeln dicker saurer Sahne verquirlt, eine Prise Kümmel und Salz dazu. – Man fülle die Masse in die Form, lege einen Teigrand auf und lasse den Kuchen im Ofen zu goldgelber Farbe backen, gebe ihn heiß zu Tisch.
    Kalbsvögel:
Man nehme Kalbsschnitzel, klopfe sie gut, salze und pfeffere sie auf einer Seite. Man belege diese Seite mit etwas feingehacktem, fettem Speck, Zwiebeln und Petersilie, rolle die Schnitzel zusammen und umbinde die Röllchen mit Faden. – Man brate die Röllchen in Butter hellgelb an, gieße saure Sahne, mit einem halben Teelöffel Maizena verrührt, dazu, lasse langsam weich schmoren, schmecke mit Salz und Pfeffer ab. – Man reiche Kartoffelpüree und grünen Salat dazu.
    Gefüllte Äpfel:
Man nehme Äpfel von einer mürben, nicht zu süßen Sorte, schäle sie, höhle sie vorsichtig aus, ohne die Stielseite zu verletzen. – Man stelle sie auf diese Seite in eine gut gebutterte Auflaufform, fülle in die Höhlung je einen Kaffeelöffel Zucker, Korinthen und Johannisbeergelee. Man gebe auf jeden Apfel eine Butterflocke und lasse im Ofen backen, bis die Äpfel weich sind.
    Bastian kratzte sich den Schädel und sagte in seinem französisch akzentuierten Deutsch: »Isch verstehen das nicht. Isch denken, in Deutschland es gibt nichts zu kaufen. Sie ’aben gute Wein. Wieso Sie können ihn nicht loswerden?«
    »Ich weiß es nicht, ich weiß es wirklich nicht …«
    15
    »Bevor wir beginnen«, sprach Herbert Rebhahn, »lasset uns beten!« Er faltete die rosigen, fetten Händchen und senkte den rosigen, dicken Kopf mit den blonden Haaren, den blonden Augenbrauen und dem blonden Bärtchen am Kinn. Der Polizeipräsident Katting, der Fürst von Welkow, Erich Werthe und seine Frau senkten desgleichen die Köpfe und falteten die Hände. Thomas sah Bastian an. Danach taten sie, was die anderen taten.
    Der Fürst von Welkow war ein alter Mann, hager, hochmütig, pergamenthäutig und schweigsam. Der Polizeipräsident Wilhelm Katting sah aus wie ein vorsichtiger, korrekter Bankangestellter in mittlerer Gehaltslage. Nach dem stummen

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