Es muß nicht immer Kaviar sein
Rebhahn zum erstenmal bei ihm erschienen und hatte 20 000 R-Mark für die armen Flüchtlinge gespendet. Danach war er immer wieder gekommen, mit immer neuen Gaben und Spenden – ein ganzes Jahr lang.
Im Sommer 1947 hatte Langauer protestiert: »Wir können nicht andauernd Geld von Ihnen nehmen, Herr Rebhahn! Das ist unmöglich!«
»Es ist Christenpflicht zu spenden, Ehrwürdiger Vater!«
»Aber es geht Ihnen doch selbst nicht gut, Herr Rebhahn … Sie haben Sorgen … Wenn ich wüßte, was das Stift tun könnte, um zu Geld zu kommen …«
Nun, sagte Herbert Rebhahn, was das Stift beträfe – da hätte er einen Vorschlag zu machen! Da gäbe es in der Verwaltung der JEIA in Frankfurt einen gewissen Major Jolsen.
Rebhahn sprach mit Engelszungen: »Gewiß würde der Major dem Ehrwürdigen Vater Einfuhrlizenzen für – gewisse Mengen von italienischem Meßwein geben. Geschenksendungen. Der Wein würde Sie nichts kosten. Ich habe Freunde in Italien, die es sich zur Ehre anrechnen würden, den Wein zu kaufen und dem Ehrwürdigen Vater zu schicken.«
»Aber ist das nicht ungesetzlich?«
»Das wäre vollkommen gesetzlich. Ich würde es dann übernehmen, den Wein in Deutschland zu verkaufen. Und den Erlös dem Ehrwürdigen Vater zu übergeben – für die armen Flüchtlinge …« Auf dieses Angebot ging Waldemar Langauer ein. Er gab seinen Namen für ein Geschäft, von dessen Ausmaß und dessen kriminellem Einschlag er nichts ahnte. Ein Jahr lang verkaufte Herbert Rebhahn für ihn und seine Flüchtlinge »gewisse Mengen von italienischem Meßwein«. Herbert Rebhahn lieferte aus dem Erlös 125 000 R-Mark an Abt Langauer ab.
Am Mittag des 19. Oktober 1948 sagte Thomas Lieven: »Nach meinen Berechnungen hat Rebhahn allein im letzten Jahr an seinen Weinschiebungen rund einskommafünf Millionen Mark verdient!«
Der Abt sagte tonlos: »Ich danke Ihnen für alles, was Sie herausgefunden haben, Herr Lieven. Es ist furchtbar, was ich jetzt zu tun habe – aber ich muß es tun.«
Er griff nach dem Telefonhörer, wählte und sagte dann: »Geben Sie mir die Kriminalpolizei …« Verhaftet wurde am gleichen Tag der Weinhändler Herbert Rebhahn. Zu den Beamten, die ihn aus seiner luxuriösen Wohnung holten, sagte er: »Die machen mir nie einen Prozeß! In der Geschichte hängen zu viele Großkopferte drin.«
Sein Selbstvertrauen verließ ihn jedoch in den folgenden Wochen und Monaten, und zur Jahreswende 1948/49 bequemte er sich zu Geständnissen, die den Polizeipräsidenten Katting hinter schwedische Gardinen brachten. Zu Beginn des Jahres 1949 präsentierte sich die Situation dem Oberstaatsanwalt Dr. Offerding dann folgendermaßen: Rebhahn und Katting hatten den Fürsten von Welkow 1946 erfolgreich mit dessen dunkler Nazi-Vergangenheit erpreßt und erreicht, daß ihnen der belastete Fürst in seiner Angst das große Gut Wickerode und die dazugehörenden Wälder überschrieb; gleichzeitig mit der Überschreibung jedoch hatte der schlaue Fürst wieselflink Hypotheken auf den überschriebenen Besitz aufgenommen, so daß er für die neuen Eigentümer weitgehend belastet und wertlos war.
Rebhahn und Katting hatten eine Kunststeinfabrik angekurbelt, von der sie sich Millionengewinne versprachen. Der Betrieb artete jedoch infolge laienhafter Führung zu einer Millionenpleite aus. Nun saßen Katting, Rebhahn und der Fürst, wie Rebhahn es auszudrücken beliebte, »in einem Boot«. Sie mußten sehen, wie sie alle finanziell wieder flott wurden. Rebhahn organisierte das große »Meßweingeschäft«. Er war Zweiter Vorsitzender des Interessenverbandes der Weinindustrie. Als solcher war es ihm möglich gewesen, gegen Weinhändler, die er in seine Abhängigkeit bringen wollte, einen geheimen Boykott durchzuführen. Nach seiner Verhaftung distanzierte sich der Verband von ihm. Und das Geschäft von ehrlichen Männern wie Erich Werthe blühte plötzlich auf …
Der Exoberst konnte Thomas dafür nur schriftlich danken. Denn zu jener Zeit im Frühjahr 1949, da der Oberstaatsanwalt Dr. Offerding eine vielhundertseitige Anklageschrift gegen Herbert Rebhahn und Genossen zusammenstellte, lebte unser Freund mit Bastian Fabre in einem gemieteten Appartement in Zürich.
Wohl ergehen ließen es sich Thomas und Bastian in Zürich. Ihre tägliche Lieblingslektüre war der Börsenteil der »Neuen Zürcher Zeitung«.
Aus den Gewinnen seiner letzten Operationen hatte Thomas große Mengen von deutschen Aktien erworben. Diese waren nach
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