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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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Gericht soll bei geschlossenem Deckel auf kleiner Flamme langsam dünsten, bis alles ganz weich ist. Eine halbe Stunde bevor man es zu Tisch geben will, füge man einen halben Tassenkopf voll Reis hinzu, der nur dazu dienen soll, den Saft leicht zu binden. Verwendet man mehr Reis, so gibt es einen pappigen Brei. Man würze mit Salz und rotem Paprika. Zum Lecso reiche man geschnittenes Weißbrot.
    Frische Birnen mit Käse:
Man nehme reife, feste und doch saftige Birnen und reiche dazu einen nicht zu strengen vollfetten Käse. Am besten Gervais oder Bel Paese. Man schäle sich bei Tisch eine Birne, schneide sie auf mundgerechte Schnitze und verzehre jeden Schnitz zusammen mit einem Stückchen Käse. Diese Zusammenstellung von frischem Obst mit Käse ist ein besonders angenehmer und bekömmlicher Abschluß nach einem schweren und scharfen Essen.
    »Ich will mit dir allein sein.«
    »Aber das Mittagessen …«
    »Ich koche selber«, sagte Thomas Lieven und stand auf wie ein Boxer, der, angeschlagen zwar, aber noch lange nicht k. o., zur nächsten Runde antritt. »Ich muß mir jetzt alles ganz genau überlegen. Und beim Kochen kommen mir die besten Gedanken.«
    Er kochte ungarisches Lecso. Versunken schnitt er ein halbes Pfund Zwiebeln zu Ringen, sanft und still entkernte er zwei Pfund grüne Paprikaschoten.
    Die Konsulin beobachtete ihn dabei. Sie war so nervös, daß sie andauernd an ihrem Armband drehte, einem äußerst kostbaren Schmuckstück aus schwerem Gold, das besetzt war mit lupenreinen Brillanten. Estrella rief kopfschüttelnd: »Deine Ruhe – deine Gelassenheit! Daß du jetzt kochen kannst …«
    Er lächelte verhalten. Sein Blick fiel auf das breite Armband, dessen Steine im Licht funkelten und glühten, weiß, blau, grün, gelb und rot. Er schnitt die Paprikaschoten zu fingerlangen Streifen.
    »Warum sprichst du nicht, Jean?«
    »Weil ich nachdenke, mein Herz.«
    »Jean, willst du dich mir nicht anvertrauen? Willst du mir nicht die Wahrheit sagen? Warum fühlst du dich von allen Seiten bedroht? Warum hast du auch vor den Engländern Angst?«
    Er begann, Tomaten zu häuten. »Die Wahrheit, mein Herz, ist so fürchterlich, daß ich sie nicht einmal dir anvertrauen kann.«
    »Oh!« Ganz schnell drehte sie jetzt ihr Armband; es leuchtete und glühte wie Feuer. »Aber ich will dir doch helfen, ich will dich doch beschützen – vertraue mir, Jean. Ich tue alles für dich.«
    »Alles? Wirklich alles?«
    Er ließ die Tomate sinken, die er in der Hand hielt. Sein Gesicht nahm einen Ausdruck inniger Zärtlichkeit und stiller Zuversicht an. »Nun gut«, sprach Thomas Lieven freundlich, »dann wollen wir uns nach dem Mittagessen noch ein Stündchen ausruhen, und dann zeigst du mich an.«
    Wen wundert es, daß diese Worte eine umwerfende Wirkung erzielten? Estrella, die Schöne, verstummte. Mit großen Augen und weit aufgerissenem Mund starrte sie Thomas Lieven an.
    »Was hast du gesagt?« keuchte sie, als sie die Sprache wiedergefunden hatte. »Was soll ich tun? Dich anzeigen? Wo? Bei wem?«
    »Bei der Polizei, mein Schatz.«
    »Aber warum denn, um Himmels willen?«
    »Weil ich dich bestohlen habe, Liebling«, antwortete Thomas Lieven. »Wo ist denn bloß die Knoblauchwurst?«

1. Kapitel
    1
    9. September 1940
    Aus dem Tätigkeitsbericht des 17. Lissabonner Polizeireviers in der Avenida E. Duarte Pacheco:
    15 Uhr 22: Anruf aus dem Hause 45 Rua Marques da Fronteira. Frauenstimme bittet dringend um Hilfe gegen Dieb. Die Sergeanten Alcantara und Branco mit Stationswagen losgeschickt.
    16 Uhr 07: Sergeanten Alcantara und Branco kehren zurück und bringen mit:
    a) Estrella Rodrigues, röm.-kath., verwitwet, geboren 27. 3. 1905, port. Staatsbürgerin, Konsulin von Costa Rica, wohnhaft 45 Rua Marques da Fronteira.
    b) Jean Leblanc, protest., ledig, geb. 2. 1. 1910, franz. Staatsbürger, Bankier, zur Zeit ohne festen Wohnsitz (Flüchtling, portug. Durchreisevisum).
    Estrella Rodrigues erklärt zur Sache: »Ich verlange die Festnahme des Jean Leblanc, der mich bestohlen hat. Ich kenne Leblanc seit zwei Wochen. Er hat mich häufig in meiner Villa besucht. Seit fünf Tagen vermisse ich ein schweres goldenes Armband (achtzehnkarätig, feingliedrig, 150 Gramm, mit kleinen und großen Brillanten), hergestellt von dem Juwelier Miguel da Foz in der Rua Alexandre Herculano. Kaufwert: etwa 180 000 Escudos. Ich habe Leblanc den Diebstahl auf den Kopf zugesagt, und er hat ihn auch zugegeben. Ich habe ihm eine letzte Frist bis heute

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