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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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Pässe.« Sie stieß den Maler an. »Kannst dir eine goldene Nase verdienen, mein Alter.«
    »Ich brauche auch einen Paß«, sagte Thomas.
    »O heilige Jungfrau«, sagte der Bärtige. »Wo ich doch keine Pässe mehr habe!«
    Thomas sagte aufgebracht: »Von den siebenundvierzig alten Pässen, die ich Ihnen brachte …«
    »Wann brachte? Vor sechs Wochen? Was glauben Sie, wie es bei mir zuging? In vierzehn Tagen war alles weg! Es tut mir wirklich leid – aber ich habe keinen mehr da! Keinen einzigen! Das wollte ich Ihnen schon die ganze Zeit erklären!«
    11
    Rings um den Largo de Chiado, einem verträumten Platz mit uralten Bäumen, lagen die »Pasteleria Marques«, die kleinen Damencafés, berühmt für ihre süßen Leckereien. In einer Nische der Konditorei »Caravela« saßen am Abend dieses 16. November 1940 zwei Herren. Der eine trank Whisky, der andere aß Eis mit Schlagsahne. Der Whiskytrinker war der britische Agent Peter Lovejoy. Der Eisesser, ein dicker, gutmütiger Riese mit fröhlichen Schweinsäugelchen in einem rosigen Babygesicht, hieß Luis Guzmao.
    Peter Lovejoy und Luis Guzmao kannten einander seit zwei Jahren, sie hatten schon ein paarmal erfolgreich zusammengearbeitet …
    »Also, es ist soweit«, sagte Lovejoy. »Ich habe Nachricht, daß er heute aus dem Gefängnis geflohen ist.«
    »Da müssen wir uns beeilen, damit wir ihn noch in Lissabon erwischen«, sagte Guzmao. Er löffelte und schmatzte. Er liebte Eis mit Schlagsahne. Er bekam nie genug davon.
    »Eben«, sagte Lovejoy gedämpft. »Wie wollen Sie die Sache erledigen?«
    »Pistole mit Schalldämpfer, denke ich. Was ist mit dem Geld? Haben Sie es mitgebracht?«
    »Ja. Sie bekommen fünftausend Escudo jetzt und fünftausend, wenn Sie … also hinterher.«
    Lovejoy trank einen großen Schluck Whisky und dachte verärgert: Fünftausend Escudo hat er mir gegeben, mit Geld will er sich an der Sache beteiligen, der feine Herr Major Loos – aber vor der Besprechung mit diesem Guzmao hat er sich gedrückt, dazu war er zu fein!
    Lovejoy spülte seinen Ärger über den zartbesaiteten Deutschen mit einem weiteren Schluck Whisky hinab. Dann sagte er: »Jetzt hören Sie gut zu, Guzmao: Leblanc ist in Gestalt und Maske eines gewissen Lazarus Alcoba geflohen. Dieser Alcoba ist bucklig, klein, fast kahl.« Lovejoy beschrieb Alcoba so genau, wie seine Vertrauensperson im Gefängnis ihn beschrieben hatte. Dann sagte er: »Leblanc weiß, daß die Engländer und die Deutschen hinter ihm her sind. Er wird sich also bestimmt verstecken.«
    »Wo?«
    »Er hat da einen Freund, einen versoffenen Maler in der Altstadt, Rua do Poco des Negros 16. Ich wette, dorthin wird er jetzt laufen. Entweder er spielt weiter den Buckligen – aus Angst vor uns –, oder er verwandelt sich wieder in Jean Leblanc – aus Angst vor der Polizei.«
    »Wie sieht Jean Leblanc aus?«
    Lovejoy beschrieb Thomas Lieven genau.
    »Und der echte Bucklige?«
    »Der sitzt noch! Machen Sie sich keine Sorgen. Wenn Sie in der Rua do Poco des Negros 16 einen Buckligen erwischen, der fast keine Haare mehr auf dem Kopf hat und auf den Namen ›Leblanc‹ reagiert, dann brauchen Sie keine weiteren Fragen mehr zu stellen …«
     
    Wenige Minuten nach acht Uhr früh, am 17. November 1940, wurde der elfmal vorbestrafte Lazarus Alcoba, ledig, geboren in Lissabon am 12. April 1905, dem Direktor des Gefängnisses »Aljube« vorgeführt. Der Direktor, ein großer, hagerer Mann, sagte zu ihm: »Es wird mir berichtet, daß Sie gestern abend verschiedene wilde Drohungen ausgestoßen haben, Alcoba.«
    Der Mund des kleinen Mannes mit dem Buckel zuckte auch beim Sprechen: »Herr Direktor, ich habe mich nur verteidigt, als es hieß, ich könnte nicht entlassen werden, weil ich mit der Flucht dieses Jean Leblanc was zu tun hätte.«
    »Ich bin davon überzeugt, daß Sie damit zu tun haben, Alcoba. Sie sollen die Absicht geäußert haben, sich an den Herrn Oberstaatsanwalt zu wenden.«
    »Herr Direktor, ich werde mich natürlich nur dann an den Herrn Oberstaatsanwalt wenden, wenn ich nicht sofort entlassen werde.
Ich
kann doch schließlich nichts dafür, daß dieser Leblanc unter meinem Namen geflohen ist!«
    »Hören Sie zu, Alcoba, wir entlassen Sie heute …«
    Alcoba grinste breit. »Na also.«
    »… aber nicht etwa, weil wir Angst vor Ihnen haben, sondern weil tatsächlich ein Befehl dazu vorliegt. Sie werden sich täglich auf Ihrem Polizeirevier melden und Lissabon nicht verlassen.«
    »Nein, Herr

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