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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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haben. Der Kaffee schmeckte so bitter. Ich bekam Kopfschmerzen und Schwindel – und dann war ich weg. Ich habe ihm erzählt, daß ich heute entlassen werden sollte. Das wußte ich nämlich vom Hauptwachtmeister, für den ich arbeite.«
    Der Tageswärter, mit Alcoba konfrontiert, rief ihm zu: »Aber ich habe doch noch heute morgen mit Ihnen gesprochen, als ich das Frühstück brachte! Und später habe ich Sie doch aus der Zelle geholt!«
    Darauf antwortete Lazarus Alcoba mit einer Logik, welche die vernehmenden Beamten bezwang: »Wenn Sie mich heute morgen aus der Zelle geholt hätten, säße ich jetzt nicht mehr hier.«
    Es wurde den untersuchenden Herren klar, daß Jean Leblanc als Lazarus Alcoba geflüchtet war. Immer streng logisch, dabei heftig gähnend und noch sehr benommen, konstatierte Alcoba: »Der Entlassungsbefehl lautete aber auf mich. Also müssen Sie mich schleunigst entlassen.«
    »Nun, hm, das natürlich – aber immerhin, solange die Untersuchung …«
    »Hören Sie mal zu: Entweder ich werde morgen früh entlassen, oder ich teile dem Herrn Oberstaatsanwalt mit, was hier für feine Zustände herrschen!« rief Alcoba.
     
    »Pereira! He, Pereira!« rief Thomas Lieven zur gleichen Zeit. Er klopfte an die Wohnungstür seines Freundes, des Fälschers. Aber es kam keine Antwort.
    Entweder ist er wieder besoffen, oder er ist nicht zu Hause, überlegte Thomas, nach seinem Schwächeanfall einigermaßen wiederhergestellt. Dann fiel ihm ein, daß der verkommene Maler seine Wohnung niemals abschloß. Er drückte die Klinke herunter, die Tür ging auf. Durch den dunklen Vorraum schritt Thomas Lieven in das große Atelier, dessen riesenhaftes Fenster letztes Tageslicht hereinließ. Immer noch standen und lagen die gleichen scheußlichen Bilder herum, die Wohnung war so unaufgeräumt wie früher. Volle Aschenbecher, Tuben, Pinsel, Federn, Paletten beunruhigten das Auge durch eine Vielzahl von Farben.
    Thomas sah in die Küche. Er fand seinen bärtigen Freund auch dort nicht. Also nicht zu Hause und woanders besoffen?
    Das war natürlich dumm. Wie lange pflegte Pereira sich zu betrinken? Eine Nacht? Zwei Tage? Drei? Nach den Erfahrungen, die Thomas mit ihm gemacht hatte, mußte man mit dem Schlimmsten rechnen. Gut Rausch braucht sein’ Weil’.
    Ich muß auf Pereira warten, überlegte Thomas. Meine Flucht ist vielleicht schon entdeckt; ich darf mich nicht auf der Straße zeigen. Dann hielt er sich eine Hand an den Magen. Nanu! Er verspürte Hunger; der Augenblick der allertiefsten Depression schien vorbei zu sein. Er lachte ein bißchen über sich selber. Dabei bemerkte er, daß er immer noch mit dem Mund zuckte. Auch die Knie taten ihm immer noch weh. Nicht daran denken, nur nicht daran denken.
    Erst mal sehen, was Pereira in der Küche hat. Weißbrot, Tomaten, Eier, Käse, Schinken und Zunge, Pistazien, Kapern, Paprika, Pfeffer, Sardellen.
    Die bunten Farben regten Thomas an. Ich werde Mosaikbrot und gefüllte Tomaten machen. Auch gleich für Pereira. Er wird etwas Kräftiges brauchen, wenn er heimkommt …
    Thomas begann zu kochen. Als er die Pistazien und Kapern zerhackte, schlug er plötzlich mit dem Messer auf das Brett wie ein Wahnsinniger. Er mußte an Estrella denken. Diese Bestie. Diese Hexe. Diese Teufelin. Thomas köpfte Pistazien – in Gedanken köpfte er Estrella.
    Der rote Paprika brachte ihn noch mehr in Rage. Die ganze Welt hat sich verschworen gegen mich! Alle sind meine Feinde! Was habe ich getan? Ein anständiger Mensch war ich, ein ordentlicher Bürger. Und jetzt …
    Pfeffer dazu! Ordentlich Pfeffer. Brennen soll er wie die Wut in mir!
    Ihr Hunde, ihr verfluchten, vom Geheimdienst. Wie weit habt ihr mich gebracht? Im Gefängnis war ich. Aus dem Gefängnis bin ich ausgebrochen. Dokumente fälschen kann ich, mit Gift und Revolver umgehen, mit Sprengstoff und unsichtbarer Tinte. Schießen, morsen, Jiu-Jitsu, boxen, ringen, rennen, springen, Mikrophone einbauen. Gelbsucht, Fieber, Blutzucker simulieren kann ich. Sind das Kenntnisse, auf die ein Privatbankier stolz sein darf? Kein Mitleid mehr mit irgend etwas oder irgend jemandem. Jetzt ist Schluß! Jetzt habe ich den Kanal voll! Jetzt sollt ihr etwas erleben! Alle! Die ganze Welt!
    Jetzt werde ich euch anfallen wie ein hungriger Wolf mit meinen kriminellen Kenntnissen. Jetzt werde ich fälschen, simulieren, morsen, Mikrophone einbauen. Jetzt werde ich euch bedrohen und betrügen, so wie ihr mich betrogen und bedroht habt. Jetzt fängt

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