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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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mein Krieg an. Ein Einmannkrieg ist das – gegen euch alle. Und es wird keinen Waffenstillstand geben, keine Pakte, keine Bündnisse – mit niemandem.
    Und noch mehr Pfeffer. Und noch mehr Paprika. Und Salz dazu. Und zusammengeschlagen die Masse zu einem formlosen Klumpen – so wie ich euch gerne zusammenschlagen würde, euch Hunde …
    Draußen ging die Wohnungstür.
    Das wird Pereira sein, dachte Thomas, aus seinen maßlosen Vorstellungen aufschreckend, und rief: »Kommen Sie weiter! Ich bin in der Küche!«
    Menu • 16. November 1940
    Kalte Küche für heiße Wut
     
    Mosaikbrot
    Gefüllte Tomaten
    Mosaikbrot:
Man köpfe ein Kaviarbrot oder französisches Weißbrot an beiden Enden, hole mit einer Gabel die ganze Krume heraus, ohne die Rinde zu verletzen.
    Man braucht zur Füllung 125 Gramm Butter, 100 Gramm Schinken, 100 Gramm gekochte Rinderzunge, ein hartgekochtes Eigelb, 75 Gramm Käse, einen halben Teelöffel Kapern, 25 Gramm Pistazien, etwas Sardellen, Senf, Salz und Pfeffer.
    Man verrühre die Butter, zerdrücke das Eigelb, hacke die Pistazien und Kapern, schneide alles andere in kleine Würfel und mische alles leicht mit den Gewürzen. Dann drücke man die Masse fest in das ausgehöhlte Brot, das einige Stunden sehr kalt gestellt werden muß, bevor man es in dünne Scheiben schneidet, die auf einer Platte angerichtet werden. Damit die Platte noch bunter aussieht, garniere man das aufgeschnittene Mosaikbrot mit gefüllten Tomaten.
    Gefüllte Tomaten:
Man höhle schöne, feste Tomaten aus, bestreue sie innen mit geriebenem Käse und setze in jede ein quer durchgeschnittenes halbes hartes Ei mit der Schnittfläche nach oben. Man bestreue es mit Salz und Rosenpaprika sowie mit reichlich sehr fein gewiegter Petersilie und Schnittlauch.
    Im nächsten Moment trat ein Mensch in den Rahmen der offenen Küchentür. Aber es war nicht der bärtige, versoffene Maler Reynaldo Pereira. Es war überhaupt kein Mann. Es war eine Frau.
    10
    Sie trug einen roten Ledermantel, rote Schuhe und eine rote Kappe, unter der schwarzblaues Haar hervorquoll. Der Mund der jungen Frau war groß und rot, die Augen waren groß und schwarz. Die Haut des Gesichtes war sehr weiß. Sie hatte die Hände in den Manteltaschen und sah Thomas Lieven scharf an. Ihre Stimme klang metallen und ein wenig ordinär: »’n Abend, Pereira. Sie kennen mich nicht.«
    »Ich …«, begann Thomas, aber sie unterbrach ihn mit einer herrischen Kopfbewegung, die das schöne lange Haar fliegen ließ: »Seien Sie ruhig, ich bin nicht von der Polente. Im Gegenteil.«
    Sie hält mich für Reynaldo Pereira, dachte Thomas. Klar!
    Er stotterte: »Wer – wer hat Ihnen die Adresse gegeben?«
    Die Frau in Rot musterte ihn mit einem zusammengekniffenen Auge. »Was ist denn los mit Ihnen? Nerven? Koks? Schnaps?«
    »Bitte, wieso?«
    »Was führen Sie denn mit Ihrem Gesicht auf? Können Sie den Mund nicht ruhig halten? Sie zucken ja dauernd!«
    »Das geht vorbei. Habe ich – habe ich manchmal am Abend. Ich frage Sie: Wer hat Ihnen die Adresse gegeben?«
    Die Frau in Rot kam dicht an ihn heran. Sie roch ausgezeichnet. Und sie war sehr schön. Mit leiser Stimme sagte sie: »Die Adresse habe ich von einem gewissen Monsieur Débras.«
    Major Maurice Débras vom französischen Geheimdienst, dachte Thomas Lieven betäubt. Das auch noch. Der dritte, den ich hereingelegt habe. Natürlich, das mußte ja kommen. Nun sind sie zu dritt hinter mir her. Franzosen, Engländer, Deutsche. Jetzt kann es sich nur noch um Stunden handeln, und ich bin ein toter Mann …
    Aus weiter Ferne schien die Frau in Rot ihre nächste Frage zu stellen; Thomas sah sie plötzlich nur noch undeutlich und schemenhaft. Ihre nächste Frage bestätigte seine schlimmsten Befürchtungen.
    »Kennen Sie einen gewissen Jean Leblanc?«
    Zunächst klapperte Thomas sehr laut mit Pfannen und Besteck, bevor er undeutlich murmelte: »Jean Leblanc? Nie gehört!«
    »Quatschen Sie nicht kariert, Pereira, klar kennen Sie den Mann!«
    Die schöne Bestie setzte sich auf einen Küchenhocker und kreuzte die langen, schlanken Beine. »Machen Sie sich nicht gleich in die Hosen!«
    Wie dieses Weib mit mir umgeht, dachte Thomas. Unwürdig, absolut unwürdig ist meine Situation. Womit verdiene ich das alles? Ich, jüngster Privatbankier von London. Ich, Mitglied eines der exklusivsten Londoner Clubs. Ich, ein Mann von bester Erziehung, von anständigen Ehrbegriffen, von Lebensart … Da stehe ich in einer dreckigen

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