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Es muss nicht immer Mord sein

Es muss nicht immer Mord sein

Titel: Es muss nicht immer Mord sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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mit gespieltem Entsetzen. »Um Himmelswillen, der ist
Jahre jünger als ich.«
    »Verkuppeln? Würde ich nie wagen«, sagte Reg.
»Genaugenommen ist er vierundzwanzig.« Er hatte ein Glitzern in den Augen, das,
wie ich dachte, wohl nicht ausschließlich damit zu tun hatte, daß gerade meine
Mutter ins Zimmer gekommen war.

Kapitel Vier
     
      Der Applaus war lauter
als gewöhnlich, und in den hinteren Reihen pfiff jemand ohrenbetäubend auf den
Fingern wie nach einem Taxi; etwas, das ich nie geschafft habe. Ich war
ziemlich zufrieden mit mir. Ich wußte, daß die Nummer in den Monaten seit
Edinburgh besser geworden war, aber das war die beste Publikumsreaktion, die
ich in dem Pub je erlebt hatte. Es war ziemlich voll. Ich gestattete mir den
Gedanken, das könne damit Zusammenhängen, daß der Wirt endlich meinem Drängen
nachgegeben hatte, ein bißchen Werbung zu machen. (Draußen auf dem Bürgersteig
vor dem Pub stand ein Plakatständer, der ein handgemachtes Poster mit meinem
Foto darauf trug.) Als ich dann später eine Runde ausgab, entdeckte ich, daß
der Andrang den Sonderpreisen für eine neue australische Biermarke zu verdanken
war.
    Ich verbeugte mich noch einmal, sammelte meinen
Kram auf und hüpfte von der Bühne, wobei ich beinahe mit dem Mann
zusammenstieß, der als nächster dran war; er trug eine Maggie-Thatcher-Maske
aus Gummi. Ich zog meine lederne Motorradjacke aus und stopfte meine Requisiten
— eine Hornbrille, ein Kopftuch von Hermes — in eine Einkaufstüte. Dann
spritzte ich mir ein bißchen kaltes Wasser aus der Spüle in dem winzigen, durch
einen Vorhang abgetrennten Kabuff ins Gesicht, das der Wirt das >Grüne
Zimmer< nannte. (Ich nehme an, weil es an der Wand unter dem Zapfhahn eine
ziemliche Menge Schimmel gab.)
    Ich schlich mich seitlich von der Bühne und
hinter den Rücken der Zuschauer zu der Tür, die in den eigentlichen Pub führte.
Ich suchte nach einem freien Platz, als mein Blick auf eine vertraute Gestalt
fiel, die mir von einem Tisch in der Nähe der Tür aus zuwinkte. Jools, die
nicht merkte, daß sie bereits meine Aufmerksamkeit erregt hatte, stand auf und
brüllte: »Hier drüben, Sophie! Und für mich ein helles Bier!«
    Ich bemerkte, daß die Frau, die bei ihr am Tisch
gesessen hatte, hastig ihr Glas austrank und sich entfernte.
    Zufällig stand gerade der Besitzer des Pubs
hinter dem Tresen. Er gratulierte mir zu der Publikumsreaktion und gab mir
einen Drink aus.
    »Ein paar Leute haben heute abend nach Ihnen
gefragt«, sagte er.
    »Wer?« wollte ich wissen.
    »Zwei Typen — ich glaube, sie sind noch drin und
schauen zu...« Er nickte in Richtung des Hinterzimmers. »Einer davon ist mir
bekannt vorgekommen. Ich glaube, ich hab’ ihn hier schon mal gesehen... Oh, und
eine Frau.« Er sah sich um und deutete dann mit dem Kopf in Jools Richtung. »Da
sitzt sie.«
    »Danke«, sagte ich und fragte mich, wer die
Männer sein könnten.
    Vielleicht war es Dave, der Krankenpfleger aus
Regs Station. Er mußte sehr scharf darauf sein, mich wiederzusehen, dachte ich
aufgeregt, denn als ich ihn am Ende der Besuchszeit hatte treffen wollen um ihm
die Adresse des Pubs zu geben, war er irgendwo einen Kaffee trinken gewesen.
Ich hatte damals gefunden, es würde ein bißchen aufdringlich wirken, auf ihn zu
warten.
    Martin stellte eine andere Möglichkeit dar, aber
ich hoffte eher, daß er es nicht war, weil wir uns in der letzten Woche auf der
Arbeit ein bißchen zu oft gesehen hatten.
    Ich war in diesem Pub mal einem verflossenen
Lover von mir begegnet. Für einen Moment erlaubte ich mir die Vorstellung, daß
er es sein könnte. Nein, sagte ich mir ganz vernünftig, wenn Greg mich
tatsächlich nach über einem Jahr Wiedersehen wollte, würde er wohl kaum auf die
minimale Chance hin, daß ich noch immer in diesem Pub auftrat, den ganzen Weg
aus Dublin herkommen.
     
    Ich nahm die Drinks vom Tresen und schob mich zu
Jools Tisch durch, dessen freien Platz sie gerade energisch gegen einen hemdlosen
Mann verteidigte, dessen Bierbauch über den Bund seiner Jeans quoll.
    »Das ist es, was ich am Sommer so hasse«, sagte
sie gereizt, als ich mich setzte.
    »Was?« wollte ich wissen.
    »All dieses ekelhafte nackte Fleisch.«
    Sie trug ein vielfarbig gestreiftes
Stretchkleid, das ungefähr dreißig Zentimeter über ihren Knien begann und knapp
über den praktisch nicht vorhandenen Brüsten aufhörte, was ihre Arme und
Schultern vollkommen frei ließ. Ich musterte sie demonstrativ von Kopf bis

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