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Es muss nicht immer Mord sein

Es muss nicht immer Mord sein

Titel: Es muss nicht immer Mord sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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ich...«
    »Fertig mit der Gardinenpredigt?« fragte er
scherzhaft.
    »Nein.«
    »Sieh mal, Sophie, ich weiß, daß das alles
stimmt. Tut mir leid, daß ich mich ein bißchen danebenbenommen habe, aber ich
finde die ganze Sache genauso schwierig wie du. Laß uns doch bitte im
Gedächtnis behalten, daß wir einander einen Gefallen tun, und laß uns
versuchen, die Situation mit ein bißchen Humor zu betrachten. Ich weiß, daß das
alles reichlich seltsam ist, aber wir müssen eben die Größe aufbringen,
gemeinsam die erste Hürde zu überwinden...«
    »Fertig mit dem gönnerhaften, klischeebeladenen
Managementgeseich?« fragte ich.
    »Aua!«
    »O.k.« Ich griff nach meinem Bleistift und dem
Stenoblock. »Vielleicht wäre es ja besser, wenn du in Zukunft auf Band
diktierst, dann könnte ich deine Fehler ganz einfach beim Abtippen korrigieren«,
fügte ich hinzu.
    Sein Telefon klingelte. Er nahm ab.
    »Martin Young.« Er nahm den Hörer vom Ohr und
starrte ihn an.
    »Echt seltsam. Der hat einfach aufgelegt.«
    »Ach, das ist mir heute früh schon dreimal
passiert. Ich glaube, das ist jemand, der Denise sprechen möchte.«
    »Denise?«
    »Meine Vorgängerin.«
    »Ach so. Warum sagst du ihnen nicht, daß sie
nicht mehr da ist?«
    »Ich komme nie dazu. Sie legen immer sofort auf.
Ich kann ja schlecht jedesmal, wenn ich den Hörer abnehme, als erstes >Sie
ist tot< schreien, bevor die Verbindung unterbrochen wird, oder?«
    »Vermutlich nicht«, sagte er.
    Das Telefon klingelte erneut. Er nahm ab und
hörte zu, sagte aber eine ganze Weile nichts.
    »Sie ist hier. Ich gebe Sie weiter«, meinte er
schließlich und reckte sich über seinen pseudoviktorianischen Schreibtisch, um
mir den Hörer in die Hand zu drücken.
    »Hallo?« sagte ich.
    Stille. Dann wurde aufgelegt.
    »Schon wieder«, sagte ich.
    »Aber diesmal war es nicht für Denise«, sagte
Martin.
    »Woher willst du das wissen?« fragte ich.
    »Weil sie nach dir gefragt hat. Sie sagte:
>Ist Sophie da?<«
     
    Bis zur Mittagspause hatte ich ungefähr die
Hälfte der Briefe getippt. Zum größten Teil waren es Grußbotschaften an
sämtliche Leiter der Devisenabteilungen der diversen Bankfilialen in aller
Welt. Sie enthielten alle den gleichen Absatz voller Firmenphilosophie von der
Festplatte, aber davor und danach kamen jedesmal ein paar persönlich gehaltene
Sätze. Martin hatte sich offensichtlich alle Mühe gegeben, jedem etwas anderes
zu sagen; ich fragte mich, warum er sich die Arbeit eigentlich gemacht hatte,
da es ziemlich unwahrscheinlich war, daß jemand in Seoul den Wortlaut von
Martins erstem, unwichtigem Rundbrief mit jemandem in New York besprach. Aber
zumindest verschafften die Briefe mir vorzeigbare Arbeit, und so verzichtete
ich darauf, mich mit Martin über die Logik der ganzen Angelegenheit zu
streiten.
    Ich wollte gerade die gesammelten Ergebnisse
meines Vormittags abspeichern, als das Telefon klingelte.
    »Hallo. Vorzimmer von Martin Young.«
    Nichts, aber ich konnte spüren, daß der Anrufer
noch nicht aufgelegt hatte. Ich fragte mich, ob das Jools war, die von einem
der Münzfernsprecher im Fitneßclub aus anrief. Möglicherweise gehörten sie ja
zu der Sorte, bei der man einen Knopf drücken muß, wenn der andere sich meldet
— etwas, das ich regelmäßig vergaß. Für den Fall, daß sie mich hören konnte,
sagte ich »In Ordnung- Ich bin in ungefähr fünf Minuten unten. O.k.?«
     
    Im >Garten Eden< konnte ich Jools
nirgendwo finden, un d da der Pool ziemlich voll aussah, beschloß
ich, es mit der Fitneß für heute gut sein zu lassen. Ehrlich gesagt,
Fitneßstudios waren noch nie mein Ding. Es geht nicht um die Anstrengung, ich
habe nichts dagegen, im Sommer eine Partie Tennis zu spielen oder gelegentlich
durch den Park zu joggen, aber was ich absolut nicht leiden kann, ist dieser
fanatische, nahezu religiöse Eifer der wirklichen Fitneßfreaks. Ich kann mir
für die Mittagspause was Besseres vorstellen, als den Schweiß von
Nautilusmaschinen zu wischen, auf denen der keuchende, stöhnende Blödmann mit
den auf die Weste abgestimmten teuren Radlerhosen, der grundsätzlich vor mir
dran ist, gerade seine fünfzig Beinübungen absolviert hat. Außerdem hatte ich
an diesem Morgen ein Vorausexemplar vom zweiten Roman meines Freundes Dan in
der Post gehabt, und nachdem ich die ersten paar Seiten schon in der U-Bahn
überflogen hatte, war ich nun darauf aus weiterzulesen.
    Der alte Friedhof war wie eine kleine, grüne
Lichtung im staubigen, grauen

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