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Es muss nicht immer Mord sein

Es muss nicht immer Mord sein

Titel: Es muss nicht immer Mord sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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Ich
komm’ rüber. Hast du ein Gästebett?«
    »Das Sofa ist ziemlich bequem«, sagte ich.
»Jools, das ist unglaublich nett von dir. Du bist ein echter Kumpel.«
    »Gott, ist er nicht umwerfend ?« sagte
ich, als das Kino sich leerte. Im >Screen on the Hill< war gerade ein neuer
Film mit Robert de Niro angelaufen, und wir hatten uns auf dem Heimweg die
erste Abendvorstellung angesehen.
    »Ich vergesse immer, wie verdammt umwerfend der
ist.«
    »Hör gut zu, Dave«, sagte Jools.
    »Wer ist Dave?« fragte ich. »Gott, was würde ich
nicht alles für eine Nacht mit de Niro geben.«
    »Wahrscheinlich ist er langweilig, wenn mal erst
mal mit ihm redet«, sagte Jools. Aus irgendeinem Grund ging sie auf mein
Wir-Mädchen-Gewitzel nicht ein, wie sie es sonst normalerweise tat.
    »Wer redet denn hier vom Reden?« sagte ich.
    »Wie war’s, wenn wir was essen gehen?« fragte
Jools.
    Ich konnte es mir eigentlich nicht leisten, aber
da Jools ihren Abend opferte, um bei mir zu sein, beschloß ich, uns zu Lasten
meiner Kreditkarte ein menu du jour in dem französischen Café
neben dem Kino zu spendieren.
    Jools nippte an ihrem Glas Rotwein. Sie war in
einer ungewöhnlich nachdenklichen Stimmung und sagte nicht viel. Langes
Schweigen macht mich sehr nervös, also begann ich die Speisekarte laut
vorzulesen.
    »Lammsteak an einem Rosmarinjus«, las ich. »Ist
dir eigentlich aufgefallen, daß heutzutage zu allem ein Jus gehört? Ich
möchte zu gern wissen, was eigentlich mit der simplen Soße passiert ist. Erst
wurde Coulis draus — oder sollte ich besser ein Coulis sagen,
weil irgendwann Ende der achtziger Jahre ein Gesetz erlassen wurde, das
besagte, daß man auf einer Speisekarte nichts beschreiben konnte, ohne dabei
den unbestimmten Artikel zu verwenden — , dann wurde es schick, >an< zu
sagen statt >mit<, und nun heißt es an einem Jus. Weißt du, ich
würde ohne weiteres drauf wetten, daß irgendwann in naher Zukunft die
Bratensoße rehabilitiert wird. Eine der Sonntagszeitungen wird einen Artikel
namens >Komm zurück, Hausmannskost< bringen, und dann steht auf jeder
Speisekarte südlich von Watford eine Soße, genau wie Bratwurst mit
Kartoffelbrei, bloß heißt das dann Würstchen nach Toulouser Art und Purée von
der Kartoffel, an einem Zwiebeljus natürlich...«
    »Herrgott, legst du los«, sagte Jools. »Ich hab’
noch nie jemanden so ausführlich übers Essen reden hören wie dich.«
    »Tja, und ich hab’ noch nie jemanden soviel
essen sehen wie dich«, konterte ich. »Ich weiß auch nicht, warum ich so
besessen davon bin, Speisekarten zu lesen. Ich glaube, das ist eine Art verbale
Bulimie. Ich kriege meine Kicks, indem ich übers Essen lese und dann die Wörter
alle wieder ausspucke. Traurig, was?«
    Jools sah mich seltsam an und lachte dann, aber
ganz offensichtlich war sie nicht mit dem Herzen dabei. Wir verzehrten unsere
Mahlzeit praktisch unter Schweigen.
     
    Wir gingen durch den Belsize Park und über die
Kuppe des Primrose Hill zurück. Obschon es erst Mitte August war, wurden die
Tage bereits merklich kürzer. Bis wir zur Wäscherei kamen, war es schon fast
dunkel. Ich warf einen raschen Blick in den Eingang des Delikatessenladens.
Dort war niemand.
    Ich bemerkte, wie Jools sich gründlich
umschaute, während ich meinen Schlüssel ins Schloß der Haustür steckte, und
dachte, was für ein guter Kumpel sie doch sei. Die Glühbirne der
Flurbeleuchtung war durchgebrannt. Wir stolperten im Dunkeln die Treppe hoch.
Ich steckte gerade den Schlüssel in meine Wohnungstür, als ich hörte, wie unter
uns eine Tür aufging. In der Dunkelheit erstarrte Jools ebenso wie ich.
    »Bist du das, Sophie?« Es war die Stimme von
Liz.
    »Ja«, sagte ich erleichtert.
    »Gute Nacht dann«, sagte sie.
    »Gute Nacht« rief ich, öffnete die Tür und
schaltete das Licht in meinem Wohnzimmer ein.
    »Wer war das?« fragte Jools.
    »Meine Nachbarin«, sagte ich.
    »Oh, die mit dem gewalttätigen Freund?«
    »Ah... nein.« Mir wurde klar, daß Jools über die
neuesten Entwicklungen in meinem häuslichen Bereich noch nicht unterrichtet
war. Ich erzählte ihr, wie ich die Stones kennengelernt hatte, und sie lachte
über meinen Irrtum bezüglich des Stücks.
    »Werden sie heute nacht proben?« fragte sie,
begierig zu lauschen.
    »Nein. Sie sind jetzt in Edinburgh«, sagte ich
ein wenig betrübt. Vergangenes Jahr um diese Zeit war ich dort auch gewesen und
hatte bescheidenen Erfolg gehabt. Seitdem schien ich eher Rückschritte gemacht
zu

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