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Es: Roman

Es: Roman

Titel: Es: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Aber was, wenn Eddie dann im Koma lag oder so was Ähnliches? Bill kannte sich mit Koma aus; in den Arztfilmen lagen Leute immer im Koma.
    Er saß da und wusste, dass er eigentlich fahren sollte, denn hier konnte er nichts für Eddie tun. Andererseits wollte er Eddie auch einfach nicht allein lassen. Ein irrationaler, abergläubischer Teil von ihm war sich sicher, dass Eddie in ein Koma fallen würde, sobald er ihm den Rücken zuwandte. Dann schaute er auf und sah Ben Hanscom ein Stück weiter oben am Bach stehen. Dem Namen nach kannte er ihn natürlich; Ben war der fetteste Junge in der ganzen Schule und deshalb natürlich auch bekannt wie ein bunter Hund. Er war in seiner Parallelklasse, und manchmal sah Bill ihn während der Pausen in irgendeiner Ecke stehen und an einem Sandwich aus einer Lunchtüte von der Größe eines Wäschesacks kauend, ein Buch in der Hand.
    Als er Ben sah, dachte Bill, dass er noch schlimmer aussah als Henry Bowers – kaum zu glauben, aber wahr; er überlegte, was zwischen den beiden vorgefallen sein mochte. Seine Haare standen ihm wild und schmutzverkrustet vom Kopf. Sein Sweater (zumindest war es vermutlich ein Sweater gewesen; genau ließ sich das nicht mehr sagen) hing in verfilzten Fetzen und war außerdem voller Blut- und Grasflecken. Seine Jeans waren ebenfalls zerrissen. Er bemerkte, dass Bill ihn gesehen hatte, und wich beunruhigt ein wenig zurück.
    »G-G-Geh nicht w-w-weg!«, rief Bill und hob die Hände mit gespreizten Fingern, um zu zeigen, dass er harmlos war. »W-W-Wir b-brauchen H-H-Hilfe.«
    Ben kam humpelnd näher – ein Bein schien ihm schlimme Schmerzen zu bereiten, vielleicht auch beide -, war aber immer noch auf der Hut. »Sind sie weg? Bowers und die anderen?«
    »J-Ja«, antwortete Bill. »K-K-Kannst d-du bei m-meinem Freund b-b-bleiben, bis ich s-seine M-M-Medizin hole? Er hat A-A-A-A …«
    »Asthma?«
    Bill nickte.
    Ben kam jetzt zu den Resten des Damms und ließ sich mit schmerzverzerrtem Gesicht neben Eddie auf ein Knie nieder, der weit zurückgelehnt dasaß, die Augen fast geschlossen. Sein Brustkorb hob und senkte sich hektisch.
    »Wer hat ihn geschlagen?«, fragte er schließlich und blickte hoch, und Bill sah auf dem Gesicht des dicken Jungen den gleichen dumpfen Zorn, den er selbst verspürte. »Bowers?«
    Bill nickte.
    »Hab ich mir gedacht. Geh ruhig. Ich bleibe bei ihm.«
    »D-D-Danke.«
    »Keine Ursache«, sagte Ben. »Wenn sie nicht hinter mir her gewesen wären, wäre das hier nicht passiert. Los. Beeil dich! Ich muss zum Abendessen zu Hause sein.«
    Bill machte sich auf den Weg, ohne noch etwas zu sagen. Er hätte Ben gern geraten, sich die Sache nicht so zu Herzen zu nehmen, ihm gesagt, dass es nicht seine Schuld gewesen sei, was passiert war. Burschen wie Bowers und seine Kumpanen seien eben eine Krankheit, so etwas wie Krebsgeschwüre, oder eine Naturkatastrophe wie Überschwemmungen oder Wirbelstürme.
    Es wäre gut gewesen, ihm das zu sagen, aber er war gerade so aufgewühlt, dass er dazu zwanzig Minuten oder so gebracht hätte, und in dieser Zeit hätte Eddie in ein Koma fallen können.
    Er eilte am Bach entlang, und als er sich einmal umblickte, sah er, wie Ben Hanscom grimmig am Bachrand Steine aufsammelte. Einen Moment lang wusste Bill nicht, warum er das tat, aber dann verstand er: Es war ein Munitionsvorrat. Für den Fall, dass sie zurückkamen.

4
     
    Bill kannte sich in den Barrens ziemlich gut aus. Er hatte in diesem Frühling sehr oft hier gespielt, manchmal mit Richie, häufiger mit Eddie, manchmal auch allein. Natürlich hatte er nicht das ganze Gelände gründlich erforscht, aber er hatte keine Schwierigkeiten, den Weg zur Kansas Street zu finden. Er kam bei der kleinen Brücke raus, wo die Kansas Street einen jener namenlosen Bäche kreuzte, die aus dem Kanalisationssystem von Derry entsprangen und durch die Barrens flossen, bevor sie im Kenduskeag mündeten. Unter dieser Brücke hatte er Silver versteckt. Den Lenker hatte er mit einem kurzen Seil an einem Brückenpfeiler festgebunden, damit die Reifen nicht nass wurden.
    Bill knotete das Seil auf, stopfte es in seine Hosentasche und schob Silver keuchend die Uferböschung hinauf. Ein paarmal verlor er dabei das Gleichgewicht und landete auf dem Hosenboden.
    Oben angelangt, schwang er das linke Bein über die Fahrradstange, und wie immer, sobald er Silver unter sich spürte, ging mit ihm eine seltsame Verwandlung vor.

5
     
    »Hi-yo, Silver, LOOOS!«
    Bei diesen Worten hatte

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