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Es: Roman

Es: Roman

Titel: Es: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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gewesen, so früh am Morgen hierher zu kommen. Und es war blödsinnig gewesen, diesen beiden Furchen im Gras zu folgen. Sein Vater würde heute jede Menge Arbeit für ihn haben. Er sollte lieber heimfahren und schleunigst damit anfangen, ansonsten würde er während der Nachmittagshitze in der Scheune Heu wenden müssen. Ja, er sollte jetzt sofort heimfahren, und genau das würde er jetzt auch tun.
    Natürlich tust du das, dachte er. Wetten?
    Stattdessen folgte er weiter den Spuren im Gras, das hier und da blutbefleckt war. Nicht sehr stark. Nicht so stark wie an jener Stelle neben der umgestürzten Bank.
    Mike konnte jetzt den Kanal hören, der ruhig dahinfloss. Einen Augenblick später tauchte der Betonrand aus dem sich auflösenden Nebel auf.
    Etwas lag im Gras. Meine Güte, heute ist wirklich dein Glückstag, wenn es darum geht, Sachen zu finden, sagte sein Verstand mit zweifelhafter Freundlichkeit zu ihm, und dann schrie irgendwo eine Möwe, und Mike zuckte zusammen und dachte wieder an den Vogel, den er in diesem Frühjahr gesehen hatte.
    Was auch immer das da im Gras ist, ich will es nicht einmal ansehen. Und das stimmte ja so sehr, aber er bückte sich trotzdem schon darüber, mit gleich oberhalb der Knie abgestützten Händen, um zu betrachten, was es war.
    Ein Stofffetzen mit einem Tropfen Blut daran.
    Die Möwe schrie wieder. Mike betrachtete das blutige Stück Stoff und erinnerte sich daran, was ihm im Frühjahr zugestoßen war.

5
     
    Im April und Mai erwachte die Farm der Hanlons jedes Jahr aus dem Winterschlaf.
    Die Gewissheit, dass es wieder einmal Frühling geworden war, überkam Mike nicht beim Aufbrechen der ersten Krokusse unter den Küchenfenstern seiner Mutter, oder wenn die Kinder die ersten Frösche und Kröten in die Schule mitbrachten, auch nicht, wenn die Senatoren in Washington die Baseballsaison eröffneten, sondern erst, wenn sein Vater rief, er solle ihm helfen, ihren aus allen möglichen Bestandteilen zusammengebastelten Lieferwagen aus dem Schuppen zu schieben. Die vordere Hälfte war ein alter Ford Modell A, die hintere ein Lieferwagen, dessen Wagenschlag aus den Überresten der alten Hühnerstalltür bestand. Wenn der Winter nicht allzu kalt gewesen war, konnten sie ihn zum Anspringen bewegen, indem sie ihn die Auffahrt hinunterschoben. Das Fahrerhaus hatte weder Türen noch Windschutzscheibe. Der Sitz bestand aus einem alten Sofa, das Will Hanlon auf der Müllkippe gefunden hatte. Das Ende des Schalthebels war ein Türknauf aus Glas.
    Sie schoben ihn dann, jeder auf einer Seite, die Auffahrt hinab, und wenn er gut rollte, sprang Will hinein, drehte den Zündschlüssel, trat auf die Kupplung und legte mit seiner großen Hand auf dem Schaltknauf den ersten Gang ein. Anschließend rief er: »Gib alles!« Er ließ die Kupplung kommen, und der alte Ford – Motor hustete, ächzte, keuchte, stöhnte … und sprang hin und wieder tatsächlich an. Er lief zuerst etwas unrund, später dann ruhiger. Will fuhr die Straße runter zur Farm der Rhulins, wendete in ihrer Auffahrt (wäre er in die andere Richtung gefahren, hätte Henry Bowers’ verrückter Vater ihm vielleicht den Kopf mit einer Schrotflinte weggepustet) und fuhr dann zurück, während der schalldämpferlose Motor lautstark blökte und Mike vor Freude über dieses Geräusch auf und ab hüpfte. Mikes Mutter stand derweil in der Küchentür, wischte sich die Hände an einem Geschirrtuch ab und spielte einen Ekel vor, den sie gar nicht empfand.
    Manchmal sprang der Motor aber auch nicht an, und Mike musste warten, bis sein Vater zur Scheune gegangen war und knurrend die Kurbel geholt hatte. Mike war sich ziemlich sicher, dass sein Vater in diesem Moment Flüche ausstieß, und er hatte dann sogar ein wenig Angst vor ihm. (Erst viel später erfuhr Mike während der nicht enden wollenden Besuche im Krankenzimmer seines Vaters, der im Sterben lag, dass er knurrte, weil er sich vor der Kurbel fürchtete. Diese war nämlich früher einmal zurückgeschlagen und hatte ihn dabei neben dem Mund erwischt und eine Platzwunde hinterlassen.)
    »Geh ein paar Schritte zurück, Mikey«, sagte sein Vater dann zu ihm, während er die Kurbel in das Loch unter dem Kühler steckte. Und wenn der alte Ford dann endlich lief, sagte er, dass er ihn im nächsten Jahr gegen einen Chevrolet eintauschen werde – was er aber nie tat. Der zusammengeflickte Wagen stand immer noch auf der Farm, bis zu den Achsen und dem Hühnerstall-Heck im Unkraut.
    Wenn der Ford

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