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Es: Roman

Es: Roman

Titel: Es: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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der leichten Berührung auf der Schulter und des frischen Geruchs ihrer Haare stark bewusst. Ihr Gesicht war nur ganz flüchtig Bens Gesicht sehr nahe, aber in der folgenden Nacht träumte er davon, wie ihre Augen während dieses kurzen und zugleich endlosen Moments ausgesehen hatten.
    Die Unterhaltung geriet gerade etwas ins Stocken, als sie auf dem Pfad hinter sich Schritte und Gesprächsfetzen hörten. Sie drehten sich rasch um, und Richie schoss es plötzlich durch den Kopf, dass hinter ihnen der Fluss war, dass sie keine Rückzugsmöglichkeit hatten.
    Die Stimmen wurden lauter. Unwillkürlich stellten sich Ben und Richie schützend vor Beverly.
    Die Büsche am Ende des Pfades bewegten sich … und plötzlich kam Bill Denbrough zum Vorschein. Ein anderer Junge war bei ihm, den Richie flüchtig kannte. Er hieß Bradley Sowieso und lispelte furchtbar. Wahrscheinlich war er zusammen mit Bill bei diesem Sprachtherapiedingsbums gewesen, dachte Richie.
    »Big Bill!«, rief er, dann fuhr er in seiner gewählten britischen Toodles-Stimme fort: »Wir sind überaus erfreut, Sie hier begrüßen zu dürfen, Master Denbrough, Sir.«
    Bill grinste fröhlich – und als seine Blicke von Richie zu Ben und Beverly und dann zu Bradley Wieimmererauchheißenmochte schweiften, überkam Richie plötzlich eine eigenartige Gewissheit. Beverly gehörte irgendwie zu ihnen. Bills Augen verrieten es deutlich. Aber Bradley Wieimmererauchheißenmochte nicht. Er würde heute vielleicht ein Weilchen hierbleiben und sogar wieder einmal in die Barrens kommen – niemand würde ihm sagen, tut uns leid, der Klub der Verlierer ist schon voll, wir haben bereits unser sprachbehindertes Mitglied -, aber er gehörte einfach nicht dazu.
    Dieser Gedanke machte Richie plötzlich auf ganz irrationale Weise Angst. Sie überwältigte ihn mit solcher Kraft, dass er einen Augenblick lang befürchtete zu ersticken. Es war ein Gefühl, wie wenn man plötzlich erkennt, dass man zu weit hinausgeschwommen ist und den Kopf nicht mehr über Wasser halten kann. Es war eine blitzartige intuitive Erkenntnis: Wir werden in irgendwas hineingezogen. Werden sorgfältig ausgewählt – auserwählt. Nichts von alldem ist Zufall. Sind wir schon komplett?
    Dann verschwand die Angst wieder, und die Intuition zerfiel in bedeutungslose Gedankenfetzen – wie die Splitter einer zerbrochenen Glasscheibe. Außerdem spielte es keine Rolle. Bill war hier, und Bill kümmerte sich um alles; Bill würde nicht zulassen, dass irgendwas außer Kontrolle geriet. Er war physisch der größte von ihnen, und er sah auch am besten aus. Er brauchte nur einen Seitenblick auf Bev zu werfen, die Bill fasziniert anschaute, und dann Bens Augen zu sehen, der Bev unglücklich und wissend betrachtete, um sich dessen sicher zu sein. Aber Bill war auch am stärksten von ihnen allen – nicht nur körperlich. Dahinter steckte noch eine ganze Menge mehr, aber da Richie weder das Wort »Charisma« noch die volle Bedeutung von »Anziehungskraft« kannte, spürte er nur, dass Bills Stärke tiefer gründete und sich auf vielerlei Arten äußern konnte, mit denen man nicht unbedingt rechnete. Richie vermutete außerdem, dass Ben nicht eifersüchtig sein würde, wenn Beverly sich in Bill verknallte oder wie immer man das nennen wollte (wenn sie sich hingegen in mich verknallen würde, dachte Richie, wäre Ben bestimmt eifersüchtig). Er würde das als etwas völlig Natürliches akzeptieren. Und da war auch noch etwas anderes: Bill war gut. Es war dumm, so was zu denken (er dachte es auch nicht richtig; vielmehr spürte er es), aber er konnte es nicht ändern. Bill hatte nun mal diese Ausstrahlung. Stark und gut, wie ein Ritter in einem alten Film, der kitschig ist, der einen aber trotzdem zum Weinen und Mitfiebern bringt. Stark und gut. Und fünf Jahre später, als seine Erinnerungen an das, was in Derry in jenem Sommer und auch zuvor geschehen war, rasch verblassten, würde der Teenager Richie Tozier entdecken, dass John F. Kennedy ihn an Stotter-Bill erinnerte.
    An wen?, würde eine innere Stimme fragen.
    Er würde verwirrt aufschauen und den Kopf schütteln. An einen Jungen, den ich einmal gekannt habe, würde er denken und ein vages Unbehagen verdrängen, indem er seine Brille hochschieben und sich wieder seinen Hausaufgaben zuwenden würde. An einen Jungen, den ich vor langer Zeit gekannt habe.
    Jetzt stemmte Bill seine Hände in die Hüften, lächelte fröhlich und sagte: »N-N-Na, d-da wären w-wir a-also …

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