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Es: Roman

Es: Roman

Titel: Es: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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schon so viele Spielzeugwaffen transportiert hatten. Richie riskierte einen Blick zurück, während er sich auf den Gepäckträger schwang. Der Werwolf überquerte den Rasen, er war weniger als sechs Meter von ihnen entfernt. Seine Highschool-Jacke war mit Blut und Kohlenstaub verschmutzt. Über der rechten Schläfe schimmerte weißer Knochen durch das Fell. An beiden Seiten der Nase waren weiße Reste des Niespulvers zu sehen. Und dann sah Richie zwei weitere Dinge, die den Horror vervollständigten: Das Jackett hatte keinen Reißverschluss; stattdessen hatte es große flaumige orangefarbene Knöpfe, die aussahen wie Pompons. Aber das zweite Detail war noch schlimmer; es gab ihm das Gefühl, dass er gleich ohnmächtig werden oder einfach aufgeben und sich umbringen lassen würde. Auf das Jackett war in Goldfäden ein Name aufgesteppt, so wie man das im Machen’s für einen Dollar machen lassen konnte.
    Auf der blutverschmierten linken Brusttasche des Jacketts stand in blutgetränkten Buchstaben: RICHIE TOZIER.
    Das Monster kam immer näher.
    »Los, Bill!«, schrie Richie.
    Silver setzte sich in Bewegung, aber langsam … viel zu langsam. Bill brauchte endlos lange, um richtig in Fahrt zu kommen …
    Der Werwolf überquerte gerade den Trampelpfad, als Bill in die Mitte der Neibolt Street radelte. Seine verblichenen Jeans waren blutbefleckt, und Richie – der in einer schrecklichen Faszination, wie in Hypnose, über die Schulter hinweg nach hinten starrte – sah, dass die Nähte der Jeans stellenweise aufgerissen waren und zottiges braunes Fell hervorquoll.
    Silver schwankte wild von einer Seite zur anderen. Bill trat jetzt stehend in die Pedale, den Kopf dem bewölkten Himmel zugewandt, die Lenkstange von unten her umklammernd. Seine Adern am Hals traten hervor. Aber immer noch gaben die Spielkarten an den Speichen nur einzelne Schüsse ab.
    Eine Tatze griff nach Richie. Er schrie auf und duckte sich. Der Werwolf knurrte und grinste ihn an. Er war jetzt so nahe, dass Richie die gelbliche Hornhaut seiner Augen sehen und den süßlichen, fauligen Gestank seines Atems riechen konnte. Er hatte große krumme Fangzähne.
    Richie schrie wieder auf, als die Tatze erneut ausholte. Er war sich sicher, dass sie ihm den Kopf zerschmettern würde, aber sie sauste dicht vor ihm vorbei, so dicht, dass Richies verschwitzte Haare ihm aus der Stirn nach hinten flogen.
    »Hi-yo, Silver, LOOOS!«, brüllte Bill, so laut er konnte.
    Er hatte einen kleinen, ziemlich flachen Hügel erreicht, aber die Neigung genügte, um Silver richtig in Gang zu bringen. Die Spielkarten begannen ihr Maschinengewehrtrommeln. Bill trat wie wahnsinnig in die Pedale. Silver hörte auf, hin und her zu schwanken, und sauste geradeaus die Neibolt Street hinab auf die Route 2 zu.
    Danke, lieber Gott, danke, lieber Gott, danke, dachte Richie. Dan…
    Der Werwolf brüllte wieder – o mein Gott, es klingt, als wäre er DIREKT NEBEN MIR – und Richies Luftzufuhr wurde plötzlich abgeschnitten, weil seine Jacke und sein Hemd so heftig zurückgerissen wurden, dass es ihm die Luftröhre zudrückte. Er stieß einen röchelnden Laut aus und konnte im letzten Moment, bevor er vom Gepäckträger gezerrt worden wäre, Bills Taille umklammern. Bill wurde ein Stückchen zurückgezogen, aber er hielt sich an den Griffen seines Fahrrades fest, und einen Moment lang dachte Richie, dass Silver sich gleich aufbäumen und sie beide nach hinten abwerfen würde. Dann gab der Stoff seiner Jacke, die alt und morsch und reif für den Lumpensack war, nach, und ihr Rücken zerriss mit einem lauten durchdringenden Ton, der sich fast wie ein immenser Furz anhörte. Richie konnte wieder atmen.
    Er warf einen Blick zurück und starrte direkt in jene trüben, mörderischen Augen.
    »Bill!«, wollte er schreien, aber kein Laut kam aus seinem Mund.
    Trotzdem schien Bill ihn irgendwie gehört zu haben, denn er trat noch schneller in die Pedale, so schnell wie noch nie. Er spürte dickes, metallisch schmeckendes Blut in seiner Kehle. Seine Augen traten aus den Höhlen hervor. Sein Mund war weit geöffnet, um so viel Luft wie möglich einzusaugen. Er spürte einen aberwitzigen Jubel in sich aufsteigen, der wild war und frei und ganz ihm gehörte. Ein Verlangen. Er stand auf den Pedalen, bearbeitete sie, redete ihnen gut zu, gab ihnen die Peitsche.
    Silver steigerte die Geschwindigkeit immer mehr, und Bill hatte das Gefühl zu fliegen.
    »Hi-yo, Silver!«, schrie er wieder. »Hi-yo, Silver,

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