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Es: Roman

Es: Roman

Titel: Es: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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LOOOS!«
    Aber Richie hörte noch ein anderes Geräusch: das schnelle Tappen von Schuhen auf dem Pflaster. Er drehte sich wieder um. Die Tatze des Werwolfs traf ihn mit betäubender Wucht über den Augen, und einen Moment lang glaubte Richie, der obere Teil seines Kopfes wäre abgerissen worden. Alles kam ihm plötzlich unwichtig und trübe vor. Die Welt büßte jede Farbe ein. Alle Geräusche drangen nur noch verschwommen an sein Ohr. Er drehte den Kopf wieder nach vorn und klammerte sich verzweifelt an Bill. Warmes Blut rann ihm ins rechte Auge.
    Erneut holte die Pranke zum Schlag aus. Diesmal traf sie Silvers hinteres Schutzblech. Einen Augenblick schwankte das Rad wie verrückt hin und her und drohte umzukippen, dann hatte Bill es aber unter Kontrolle. Er brüllte wieder Hi-yo, Silver, LOS! Doch Richie hörte das nur noch wie aus weiter Ferne, wie ein verklingendes Echo.
    Er schloss die Augen, hielt sich mit letzter Kraft an Bill fest und erwartete sein Ende.

14
     
    Auch Bill hatte die schnellen Schritte gehört und begriffen, dass der Clown immer noch nicht aufgegeben hatte; aber er wagte es nicht, sich umzuschauen. Wenn der Clown sie einholte, würde er es schon früh genug merken.
    Los, Junge, dachte er. Gib jetzt dein Letztes. Los, Silver, LOS!
    Und so befand sich Bill Denbrough wieder in einem Wettlauf mit dem Teufel, nur war der Teufel jetzt ein grässlich grinsender Clown, an dessen Gesicht Schweiß und Schminke herabliefen, dessen Mund sich in einem verzerrten roten Vampirgrinsen nach oben zog, dessen Augen funkelnden Silbermünzen glichen. Ein Clown, der aus irgendeinem unbegreiflichen Grund eine Derry-Highschool-Jacke über dem silbrigen Kostüm mit der orangefarbenen Halskrause und den gleichfarbigen Pompon-Knöpfen trug.
    Los, Silver, los, Junge, gib dein Bestes!
    Silver sauste dahin wie der Wind. Die Neibolt Street flog an ihm vorbei. Klangen die sie verfolgenden Schritte jetzt etwas ferner? Bill wagte es immer noch nicht zurückzuschauen. Richie hielt ihn so fest umklammert, dass er kaum Luft bekam, und Bill wollte ihm zurufen, er solle seinen Griff etwas lockern, aber er durfte darauf keinen Atem verschwenden.
    Und da tauchte vor ihm plötzlich das Stoppschild auf, das die Kreuzung Neibolt Street und Route 2 anzeigte. Auf der Witcham Road herrschte in beiden Richtungen lebhafter Verkehr. In seinem Zustand erschöpften Schreckens kam das Bill wie ein Wunder vor.
    Weil er jetzt ohnehin bremsen musste, wagte Bill einen Blick zurück.
    Was er sah, ließ ihn die Pedale mit einem einzigen Ruck zurückdrehen. Silver geriet durch die plötzliche Blockierung des Hinterrads ins Schleudern, und Richies Kopf prallte unsanft gegen Bills rechte Schulter.
    Die Straße hinter ihnen war leer.
    Aber etwa fünfundzwanzig Meter entfernt, auf der Höhe des ersten der leer stehenden Häuser, die eine Art Trauerzug bis zum Bahnhof bildeten, war ein heller orangefarbener Fleck. Was immer es auch sein mochte, es lag jedenfalls neben einem Gully.
    »Ahhh …«
    Erst im letzten Moment bemerkte Bill, dass Richie vom Gepäckträger glitt. Er hatte die Augen so verdreht, dass Bill nur die unteren Ränder seiner Iris unter den Lidern sehen konnte. Der geflickte Bügel seiner Brille hing an der Bruchstelle durch. Aus seiner Stirn sickerte Blut.
    Bill packte ihn am Arm, wurde von seinem Gewicht nach rechts gezogen, Silver kam aus dem Gleichgewicht, und sie stürzten auf die Straße. Bill schlug sich den Musikantenknochen so stark an, dass er vor Schmerz aufschrie. Richies Lider flatterten bei diesem Geräusch.
    »Carrramba, ich werrrd Ihnen gleich zeigen, wie Sie zu dem Schatz kommen, senhorrr, aberrr diese Leute da sind mucho gefährrrlich«, röchelte Richie. Es sollte seine Pancho-Vanilla-Stimme sein, aber sie klang so tonlos und fern, dass Bill erschrak. Er sah, dass an Richies Stirnwunde einzelne braune Haare klebten. Sie waren leicht gelockt, wie die Schamhaare seines Vaters. Ihr Anblick steigerte seine Angst noch mehr, und er gab Richie eine kräftige Ohrfeige.
    »Auah!«, schrie Richie. Seine Lider flatterten, dann riss er die Augen weit auf. »Warum schlägst du mich, Big Bill? Du wirst noch meine Brille kaputt machen. Sie ist sowieso schon reichlich mitgenommen, falls dir das noch nicht aufgefallen ist.«
    »I-I-Ich d-dachte, du stirbst«, sagte Bill.
    Richie setzte sich langsam auf und griff nach seinem Kopf. Er stöhnte. »Was …« Und dann fiel ihm ein, was passiert war. Vor Entsetzen riss er die Augen weit auf,

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