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Es: Roman

Es: Roman

Titel: Es: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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war (und irgendwie unheimlich), wie sie sich immer weiter ausdehnte. Wie sie diesen Asteroidengürtel aus Müll schuf.
    Sie kam jetzt näher; die Bäume waren größer, hauptsächlich Fichten, die Büsche wurden spärlicher. Möwen kreischten mit ihren schrillen, quengelnden Stimmen, der Geruch von Verbranntem hing in der Luft.
    Rechts von Beverly lehnte jetzt ein rostiger Kühlschrank, Marke Amana, am Stamm einer Fichte. Beverly betrachtete ihn und dachte vage an den Polizisten, der in der dritten Klasse den Unterricht besucht hatte. Er hatte ihnen erklärt, dass weggeworfene Kühlschränke gefährlich waren – als Kind konnte man hineinklettern, wenn man Verstecken spielte, und darin ersticken. Aber warum jemand in einen dreckigen, alten Kühlschrank klettern wollte …
    Sie hörte einen Schrei von der Müllhalde, so nahe, dass sie zusammenzuckte, gefolgt von Gelächter. Sie grinste. Also waren ihre Freunde doch da, nicht im Klubhaus, sondern auf der Müllhalde, wo sie vermutlich Flaschen mit Steinen zerschlugen oder nach brauchbarem Müll suchten.
    Sie ging etwas schneller; ihr aufgeschlagenes Knie hatte sie ganz vergessen, in ihrer Vorfreude, gleich ihre Freunde wiederzusehen … ihn wiederzusehen, Bill mit seinen roten Haaren, die ihren eigenen so sehr glichen, Bill mit seinem seltsam anziehenden schiefen Lächeln. Sie wusste, dass sie eigentlich viel zu jung war, um einen Jungen zu lieben, zu jung, um sich zu »verknallen«, aber sie liebte Bill trotzdem. Und darum ging sie schneller, die Rollschuhe baumelten auf ihrem Rücken, die Schlinge seiner Schleuder klopfte einen sanften Rhythmus auf der linken Pobacke.
    Sie wäre um ein Haar in die Gruppe hineingerannt, bevor sie bemerkte, dass es gar nicht ihre Freunde, sondern Bowers und seine Kumpel waren.
    Sie trat aus dem Gebüsch heraus, und etwa siebzig Meter vor ihr lag die steilste Seite der Müllhalde; der Abhang der ehemaligen Kiesgrube war mit Müll und Abfällen aller Art übersät. Mandy Fazios Bulldozer stand etwas links von ihr. Viel näher und rechts von ihr lag eine Wildnis von Schrottautos. Ende jeden Monats wurden sie verschrottet und nach Portland geschafft, aber jetzt waren ein Dutzend oder mehr da, manche standen auf Felgen, andere lagen auf der Seite, eines oder zwei auf den Dächern wie tote Hunde. Sie waren in zwei Reihen aufgestellt, und Beverly durchschritt den müllübersäten Gang dazwischen wie eine zukünftige Punkbraut und fragte sich müßig, ob sie mit der Schleuder eine Scheibe einschießen sollte. Eine ihrer Hosentaschen wölbte sich unter der Last der Kugellagerkugeln, die ihre Übungsmunition waren.
    Die Stimmen und das Gelächter kamen von jenseits der Schrottautos, von links, vom Rand der Müllhalde. Beverly ging um das letzte Auto herum, einen Studebaker, dessen gesamter Bug fehlte. Die Begrüßung erstarb auf ihren Lippen. Die Hand, die sie zum Winken erhoben hatte, sank nicht gerade wieder herunter; sie schien förmlich zu schrumpfen.
    Ihr erster, zutiefst verlegener Gedanke war: Lieber Gott im Himmel, warum sind sie denn alle nackt?
    Dann erst erkannte sie die Jungen und blieb wie angewurzelt vor dem halben Studebaker stehen. Sie kauerten im Kreis, und wenn einer von ihnen in diesem Moment aufgeschaut hätte, bevor Bev in Deckung ging, hätte er sie sofort erblickt – ein mittelgroßes Mädchen mit Rollschuhen über der Schulter, mit blutigem Knie, weit offenem Mund und hochroten Wangen.
    Bevor Bev hinter das Wrack des Studebakers in Deckung ging, registrierte sie noch, dass die Jungen doch nicht nackt waren; sie hatten Hemden an, und nur ihre Hosen und Unterhosen hatten sie heruntergelassen, als würden sie ein großes Geschäft machen wollen – nur warum um alles in der Welt sollten vier Jungs gleichzeitig ein großes Geschäft machen wollen?
    Bevs erster Gedanke war, möglichst rasch wieder von hier zu verschwinden. Sie hatte rasendes Herzklopfen, und Adrenalin pumpte durch ihren Körper. Aber als sie sich umschaute, fiel ihr etwas auf, worauf sie vorhin – als sie geglaubt hatte, hier ihre Freunde zu finden – überhaupt nicht geachtet hatte: Anders als in der Woche, bevor sie zu Altmetall verarbeitet wurden und Tür und Tür standen, waren jetzt ziemlich große Abstände zwischen den Autowracks zu ihrer Linken; und es war durchaus möglich, dass sie beim Rückzug nicht so viel Glück haben würde wie eben – dass die Jungen sie sehen würden.
    Außerdem wurde sie auch von einer mit Scham vermischten Neugierde

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