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Es: Roman

Es: Roman

Titel: Es: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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bin mir ganz sicher, dass du recht hast«, sagt er.
    »W-W-Was hast du g-gesehen, B-Bev?«, fragt Bill.
    Sie schluckt wieder und versucht, sich von dem Bann des albtraumhaften Geschehens jenes Tages in den Barrens zu befreien. Sie hatte ihre Rollschuhe aneinander gebunden und über die Schulter gehängt; ein Knie war frisch aufgeschlagen und schmerzte, weil sie auf der St. Crispan’s Lane hingefallen war, einer dieser kurzen, von Bäumen gesäumten Sackgassen, die am Steilabhang zu den Barrens hin endeten. Sie erinnert sich auch (oh, diese Erinnerungen sind so klar und so übermächtig!), dass sie Baumwollshorts trug, die etwas zu knapp waren und direkt unterhalb des Pos endeten. Sie war sich ihres Körpers im Laufe jenes Jahres stärker bewusst geworden – seit sich weibliche Rundungen abzuzeichnen begannen. Natürlich war der Spiegel ein Grund für dieses geschärfte Bewusstsein gewesen, der Hauptgrund bestand jedoch in der Tatsache, dass ihr Vater in letzter Zeit noch strenger als früher geworden war, sie noch häufiger schlug oder sogar boxte. Er kam ihr ruhelos vor wie ein Raubtier im Käfig, und sie wurde in seiner Gegenwart immer nervöser, immer vorsichtiger. Es war, als würde ein Geruch zwischen ihnen herrschen, ein Geruch, der nicht da war, wenn sie allein in der Wohnung war, der vorher überhaupt nie da gewesen war – erst in diesem Sommer. Und wenn Mama weg war, war es noch schlimmer. Wenn es einen Geruch gab, irgendeinen Geruch, dann wusste er es auch, denn Bev sah ihn immer seltener, je heißer das Wetter wurde, teilweise wegen seines Bowlingklubs, teilweise, weil er seinem Freund Joe Tammerly half, Autos zu reparieren … aber sie vermutete, es war hauptsächlich wegen dieses Geruchs zwischen ihnen, den keiner von ihnen wollte, der aber trotzdem da war, den sie beide nicht verhindern konnten, ebenso wenig wie sie verhindern konnten, im Juli zu schwitzen.
    Die Vision von Vögeln, Hunderttausenden, die sich auf Hausdächer, Telefonleitungen und Fernsehantennen niederlassen, ist wieder da.
    »Und Giftefeu«, sagt sie laut.
    »W-W-Was?«, fragt Bill.
    »Irgendwas war mit Giftefeu«, sagt sie langsam, den Blick auf ihn gerichtet. »Aber in Wirklichkeit war es gar keiner. Es fühlte sich nur an wie Gifefeu. Mike …?«
    »Mach dir nichts draus«, sagt Mike. »Es wird dir schon noch einfallen. Erzähl uns einfach, woran du dich erinnerst, Bev.«
    Ich erinnere mich an die blauen Shorts, liegt ihr auf der Zunge, und wie ausgeblichen sie waren, wie eng sie meine Hüften und meinen Po umspannten. Ich hatte eine halbe Packung Lucky Strikes in einer Tasche und die Schleuder in der anderen …
    »Erinnerst du dich an die Schleuder?«, fragt sie Richie, doch nicht nur er, nein, alle nicken.
    »Bill hat mir seine Schleuder gegeben«, sagt sie. »Ich wollte sie eigentlich nicht, aber es … er …« Sie schenkt Bill ein leichtes Lächeln. »Man konnte Big Bill einfach nichts abschlagen. Ich hatte die Schleuder also bei mir, und ich wollte ein bisschen üben. Ich glaubte immer noch nicht, dass ich im Ernstfall den Mut haben würde, sie zu benutzen. Aber … ich habe an jenem Tag geschossen. Ich musste es tun. Ich habe damit eins von diesen Dingern getötet … eins der Teile von Ihm. Es war schrecklich. Selbst heute noch fällt es mir schwer, daran zu denken. Und ein anderes dieser Biester hat mich damals erwischt. Seht mal her.«
    Sie hebt ihren Arm und dreht ihn um, sodass alle eine runzlige Narbe unterhalb des Ellbogens sehen können. Sie sieht aus, als hätte man einen heißen runden Gegenstand vom Durchmesser einer Havanna-Zigarre auf ihre Haut gedrückt. Sie ist leicht eingesunken, und ein kurzer Schauder überläuft Mike Hanlon bei diesem Anblick. Wie Eddies unfreiwillige Unterhaltung mit Mr. Keene ist dies ein Teil der Geschichte, den er zwar vermutet, aber tatsächlich nie gehört hat.
    »Du hattest recht, Richie«, sagt Beverly. »Diese Schleuder war echt klasse. Sie jagte mir Angst ein … aber gleichzeitig liebte ich sie auch.«
    Richie lacht und klopft ihr auf den Rücken. »Das wusste ich damals schon, du dummes Frauenzimmer.«
    »Du wusstest es? Wirklich?«
    »O ja«, sagt er. »Ich hab’s dir an den Augen abgelesen, Bevvie.«
    »Das Ding sah aus wie ein Spielzeug, aber es war eine richtige Waffe. Man konnte damit wirklich etwas durchlöchern.«
    »Und das hast du an jenem Tag getan«, murmelt Ben.
    Sie nickt.
    »Hast du Patrick …«
    »Nein, mein Gott!«, sagt Beverly. »Es war der andere …

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