Es soll Liebe sein: Roman (German Edition)
Dokumentarfilme, und diejenige mit den Drillingen war (passenderweise) Geburtshelferin. In derselben Nachbarschaft war die ehemalige Vertrauensschülerin meiner Klasse mit ihren Skulpturen für den Turner-Preis nominiert worden, und das Mädchen, das mit mir zusammen Flötenunterricht nahm, hatte mit einem Modeversand ein Vermögen gemacht. Ich könnte die Liste fortführen.
Wo waren derweil die Jungs, die neben uns aufgewachsen waren? Meine Freundinnen und ich beklagten uns häufig über die schreckliche Knappheit geeigneter Männer. Wir mussten unsere Netze weit auswerfen, weil es zu Hause einfach nichts Fangenswertes gab. In einer Bienengemeinschaft hätten alle diese unnützen Drohnen schon vor Jahren den Todesstich versetzt bekommen. Sie säten nicht, sie ernteten nicht, sie klammerten sich nur an ihre Elternhäuser wie ornamen-tale Stuckatur. Ihre alternden Eltern mussten bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag sparsam leben. Ich konnte nur hoffen, dass Menschen ohne Töchter für ihre Beerdigung sparten, denn wenn sie das ihren Söhnen überließen, würden sie in Mülltonnen auf Rädern bestattet werden.
Nicht dass die Mütter es zugeben würden. Betsy, Phoebe und das ganze Regiment wohlerzogener Mums mit unnützen Söhnen fanden alle großes Vergnügen daran, geistreiche Entschuldigungen für die chronische Faulheit ihrer Jungs zu finden. Jonah behauptete zum Beispiel, Schriftstellerei zu betreiben. Natürlich verließ keinerlei Poesie seine Mansarde, und seine Schwestern betrachteten ihn als Schmarotzer, aber seine vernarrte alte Mum beharrte darauf, dass er »sensibel« sei. Das war eine beliebte, fast standardisierte Entschuldigung vernarrter Mütter.
»Sensibel – puuh«, pflegte meine Freundin Hazel (die jüngste Chefredakteurin aller Zeiten eines Hochglanz-Magazins) zu sagen. »Träge ist das Wort, das mir dazu einfällt. Warum können wundervolle, erfolgreiche Frauen wie wir keine annehmbaren männlichen Gegenstücke finden?«
»Nur solvent und selbständig, mehr verlange ich gar nicht«, seufzte meine beste Freundin Annabel (Abteilungsleiterin einer Handelsbank) dann versonnen. »Warum kann ich mich nie in einen Typ verlieben, der einen Job hat?«
»Oder wenigstens in einen Typ, der etwas Hausarbeit übernimmt«, fügte meine Freundin Claudette schließlich hinzu. Claudette war Ärztin. Wir fanden nicht, dass sie das Recht hatte, sich zu beklagen, da sie glücklich mit einem – erraten – Arzt verheiratet war und ihr Bruder einer regelmäßigen Arbeit nachging, wenn auch als Rausschmeißer in einem Nachtclub. Aber Claudette sagte, ihr Bruder gehe dieser Arbeit nur nach, weil er fast zwei Meter groß und schwarz sei, und er würde ohnehin gefeuert, sobald man herausfände, wie faul er sei.
Hazel murmelte dann: »Er sieht trotzdem unheimlich gut aus.«
Und Claudette erwiderte fest: »Vergiss es, Süße. Du hast dich nicht dermaßen abgestrampelt, um einen Mann zu unterhalten, der in Cambridge rausgeflogen ist, weil er den ganzen Tag geschlafen hat.«
»Ja, aber wenn er sich zusammenreißt …«
» Den ganzen Tag, Hazel. Vergiss das nie. Sosehr ich ihn auch liebe, würde ich ihn nicht einmal meiner schlimmsten Feindin wünschen.«
Ich war mir der Tatsache bewusst, dass ich eine der Glücklichen war. Ich liebte Matthew, der mit der zielstrebigen Intensität einer Frau eine glänzende Karriere in Körperschaftsrecht verfolgte. Das lag daran, dass er weit, weit von der Mittelklasse entfernt im verschwommen liberalen Norden Londons aufgewachsen war, und daher über mehr nachzudenken imstande war als nur über Freizeitdrogen und die Club-Szene.
Matthew Jeremy Peales Eltern waren reiche Provinz-Torys ohne Bücherschrank. Er hatte eine ehrbare, aber wenig glanzvolle Public School besucht, aus der er nicht ein einziges Mal rausgeworfen wurde. Er besaß einen ernsthaften Charakter und ernsthafte Neigungen. Ich hatte immer von einem Freund geträumt, der schwere kulturelle Kost durchstehen könnte, ohne mit der Wimper zu zucken, und Matthew hatte mir die Freude gemacht, für uns einen Urlaub in Salzburg zu den Festspielen zu buchen. Gut, -meine Freundinnen zogen mich deshalb entsetzlich auf (Hazel schrieb mir ständig E-Mails mit frechen Vorschlägen über Bademoden), aber ich hatte das Gefühl, dass einen Mann etwas Heroisches umgab, der so viel Mozart ertragen konnte und es als Muße einstufte. Wenn das seine Definition von Muße war, wie ausdauernd machte ihn das dann erst bei der Arbeit?
Wenn meine
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