Es soll Liebe sein: Roman (German Edition)
selbst Entscheidungen zu treffen. Ich war todmüde, ich wusste, dass ich schrecklich aussah, und ich fühlte mich nicht danach, andere zu treffen, doch ich hatte nicht die Kraft zu streiten. Auf jeden Fall sehnte ich mich danach, Fritz zu sehen. Ich fuhr mit der U-Bahn nach Hampstead hinauf. Die Nacht war stürmisch und ungemütlich. Ich kaufte eine Flasche Wein und dachte traurig an all die Male, als ich an diesem Spirituosenladen über die Straße Halt gemacht hatte, um Wein für Phoebe zu kaufen. Ich wappnete mich, einem toten Haus zu begegnen, einem Haus, dessen Seele entflohen war.
Die Realität war jedoch sowohl besser als auch schlimmer. Es hatte keine große Veränderung stattgefunden. Da standen dieselben Blumenkästen, bis vor wenigen Wochen noch liebevoll von Phoebe gepflegt. Und da waren die vertrauten Lampen im Fenster, die Lichtkreise auf die weißen Jalousien warfen. Es war leicht, sich vorzustellen, dass ich die Vordertreppe hochlaufen, an die Tür pochen und in Phoebes Arme sinken könnte.
Fritz öffnete die Tür und küsste mich rasch auf die Wange. »Hi, Grimble.«
Ich folgte ihm in Phoebes Wohnzimmer und keuchte laut auf. »O Gott! Was geht hier vor?«
Die Perserläufer und Teppiche lehnten wie Würste fest aufgerollt in einer Ecke. Jeder sonstige Zentimeter des Bodens war mit Kartons bedeckt – alte und neue und alle übervoll. Auf dem Sofa häufte sich altes Leinen, bis hin zu einigen Gästehandtüchern, die zu Phoebes Aussteuer gehört hatten. Auf dem Flügel lagen Stapel alter Lancets und British Medical Journals. Zwei von Fritzens Surfboards standen an das Schreibpult neben dem Kamin gelehnt.
»Dreißig Jahre angehäufter Plunder«, sagte Fritz. »Nimm, was du willst, bevor ich alles rausschmeiße.«
»Alles?« Ein Karton mit nicht zusammenpassendem Steingut hatte bereits meine Aufmerksamkeit erregt. Ich nahm einen hübschen kleinen blauen Krug hoch. »Wollt ihr das nicht für euer nächstes Haus behalten?«
»Nein. Hier ist genug für drei Häuser. Mum hat nie etwas weggeworfen, und ich weigere mich, wegen meiner alten Fingerfarben-Bilder sentimental zu werden.«
»Nun … vielleicht werde ich einige Dinge retten …« Ich griff nach einem kleinen Kissen mit demselben Rosenmuster wie die Schlafzimmervorhänge. Es roch ein wenig muffig, aber ich würde es nur ansehen müssen, um Phoebe vor meinem geistigen Auge heraufbeschwören zu können.
»Lass uns den Wein öffnen.« Fritz nahm mir die Flasche ab.
Mit etwas Verspätung fiel mir ein, dass ich mich nach Hampstead heraufgeschleppt hatte, um zu helfen. Es kam mir seltsam vor, Fritz helfen zu sollen, und ich war mir nicht sicher, wie ich es angehen könnte. »Wie geht es dir übrigens? Es muss schrecklich für dich sein, dein Zuhause auszuräumen.«
»Nicht besonders.« Er wirkte abweisend. »Es ist kein Schrein.«
»Nein, vermutlich nicht.« Nun wo ich hier war, schien das Ausräumen des Hauses nicht mehr so schrecklich. Die Hüter des Haushalts, die Lares und Penates in Gestalt von Jimmy und Phoebe, waren gegangen. Ohne sie war es nur ein Haus.
»Sag mir, was ich tun kann«, bat ich.
Er sah mich mit verengten Augen an, nahm mich zum ersten Mal wirklich wahr. »Wenn du wirklich bereit dazu bist, kannst du mir beim Aussortieren helfen.«
»In Ordnung. Erteile mir einfach Befehle.« Ich sprach so forsch wie möglich, um meine leichte Bestürzung zu verbergen. Ich war hierher gekommen, um Mitgefühl zu verströmen – auf physische Arbeit war ich nicht vorbereitet gewesen.
Er reichte mir ein Glas Wein. »Der Haufen am Fenster enthält alles Brennbare – wir werden ein großes Freudenfeuer veranstalten, wenn Ben aus Glossop zurückkommt.«
»Woher?«
»Glossop, Schatz. Das Tor zum Peale District. Er hat dort oben einen Auftritt. Sind wir nicht an feinen Orten tätig? All das Zeug auf oder um die Sofas ist für den nächsten Wohltätigkeitsbasar des Vikars bestimmt. Das Zeug auf dem Tisch wird behalten oder verkauft. Fang an zu sortieren.«
Ich stellte fest, dass ich nicht so erschöpft war, wie ich geglaubt hatte. Es hatte etwas erfreulich Praktisches, die Relikte der Vergangenheit zu sortieren. Ich trank in bemerkenswert kurzer Zeit mein drittes Glas Wein, trug nur noch eine Strickjacke und sichtete tatkräftig einen Karton nach dem anderen. Ich erinnerte mich an fast alles, was ich ausgrub – eine wackelige Platte, die Ben im Töpferkurs gefertigt hatte, ein Bündel Cash’s Aufkleber mit »C. Shaw« in roter,
Weitere Kostenlose Bücher