Es soll Liebe sein: Roman (German Edition)
geringste Bemerkung darüber, dass Fritz und ich offensichtlich miteinander geschlafen hatten.
Fritz hatte einen schrecklichen Kater. Er trank schweigend seinen Tee und küsste mich zum Abschied schweigend.
»Danke«, sagte Ben und küsste mich besonders sanft auf die Wange, während Fritz mich verließ und auf die nasse Straße trat. Er senkte die Stimme. »Cass, du machst dir hierüber -keine Gedanken, oder? Ich meine … die Tatsache, dass er sich so verhält … du weißt schon …«
Ich versicherte ihm, dass ich es richtig einschätzen könnte.
Ben nickte. »Es ist so, wie ich dir sagte – er ist nicht so hart, wie die Leute denken. Er sagte, er will allein sein, aber du darfst nicht auf ihn hören. Halte Kontakt, hörst du? Mit Fritz und mit uns. Meide uns jetzt nicht, wo die Arbeit getan ist. Für mich ist es nicht so schlimm. Ich habe Annabel.«
Ich umarmte ihn. »Sag ihr liebe Grüße.«
Fritz wandte sich auf der Straße plötzlich noch einmal um und sah mich an. Er kam den Weg zurück, drängte Ben beiseite und küsste mich auf den Mund. Dann ging er ohne weitere Umstände zum Wagen.
Ich stand in meinem Morgenmantel auf der Türschwelle, und es regnete Bindfäden. Ich schloss die Tür hinter den Darlings und stapfte in meine Wohnung zurück, um das trostlose Leben ohne Phoebe zu beginnen.
Kapitel Achtzehn
Der herrliche Oktober ging in den kalten, fahlen November über, und ich verblasste zu einer teilnahmslosen -Drohne. Fritz rief mich nicht an. Ich sah ihn ein paar Mal, wenn ich Ben und Annabel besuchte, und versuchte, es mir nicht allzu sehr zu Herzen zu nehmen, dass er den Sex nie erwähnte. Er focht einen einsamen Kampf mit der Trauer. Ich spürte, dass er jedes bisschen seiner Kraft brauchte, um sich des schlimmsten Kummers zu entledigen. Ich liebte ihn zu sehr, um es zu verderben, indem ich eine falsche Note anschlug.
Und obwohl ich keine Mutter verloren hatte, konnte ich mir in etwa vorstellen, was er durchmachte. Ich sehnte mich danach, Phoebes Stimme in meinem Kopf zu hören. Ich hatte darauf gezählt, sie zu hören. Aber ich wurde nur mit diesem unendlichen, unergründlichen Schweigen konfrontiert. Das machte mich zynisch und depressiv. Ich stand weiterhin morgens auf, zog mich einigermaßen vernünftig an und ging zur Arbeit. Aber ich hörte auf, mir Gedanken darüber zu machen, wie ich aussah, denn was hatte es für einen Sinn?
Die nächsten Wochen waren ohne Frage die elendsten meines Lebens. Ich war unendlich müde. Ein grauer Schleier der Trägheit lag über allem. Ich vergaß, dass ich jemals einen Sinn für Humor besessen hatte. Ich fror zutiefst und saß mit mehreren Jacken und Schals da wie eine Kranke aus viktorianischer Zeit. In Abständen (und das verstehe ich bis heute nicht) verließ ich meine selbst auferlegte Isolation jäh, um völlig unnütze Dinge zu kaufen – zum Beispiel eine Steppjacke in Butterblumengelb, einen komplizierten Milchaufschäumer und ein Radio, das extreme Temperaturen aushielt. Ich hatte kein Vergnügen an diesen Käufen. Ich mochte die Sachen nicht einmal, während ich sie kaufte. Was dachte ich mir dabei?
»Das ist die Trauer«, sagte Ruth. »So ist das eben. Du musst es dir wie eine physische Krankheit vorstellen.«
Ich rief nie jemanden an, aber Ruth hatte sich angewöhnt, mich mindestens zweimal pro Woche anzurufen. Zuerst wusste ich nicht, was ich zu ihr sagen sollte, und konnte sie durch die Leitung nur anatmen. Sie las mein Schweigen mit sanfter Geduld, nie beunruhigt. Und dann begann ich sie zu prüfen, indem ich kleine Bruchstücke meiner neurotischen Gefühle preisgab.
»Ich hatte angenommen, ich würde außer mir sein. Aber so ist es nicht. Ich heule nicht und schluchze nicht. Ich sitze nur da, starre ins Leere oder lese dieselbe Seite immer wieder. Ich kann mich nicht konzentrieren. Das Ganze lastet auf mir wie ein großes Gewicht.« Gütiger Himmel, ich konnte kaum einen Satz formulieren.
Ruth schien aus meinen Phrasen jedoch schlau zu werden. »Es sollte nicht lange dauern«, sagte sie. »Aber du wirst über die schlimmste Trauer erst hinwegkommen, wenn du dich zwingst, wieder normal zu leben. Ich sage es dir noch einmal, Cassie – du solltest mehr ausgehen.«
»Ich bin gerne zu Hause.«
»Du warst nie gerne zu Hause. Ich habe jahrelang zu deinem Rücken gesprochen, während du aus der Tür saustest. Das ist wirklich nicht natürlich, wenn du es wissen willst.«
Sie urteilte nicht, sie beobachtete nur. Plötzlich sah ich
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