Es soll Liebe sein: Roman (German Edition)
war ein gewichtiger Wälzer über den Sozialismus im neunzehnten Jahrhundert. Waren Männer nicht ähnlich genial, schreckte Honor sie ab. Und wenn sie ebenso genial waren, fühlten sie sich entweder zu sehr als Konkurrenten oder sie waren verrückt.
Sie beeinträchtigte ihre Chancen meiner Meinung nach weiterhin dadurch, dass sie bei Männern einen furchtbaren Geschmack hatte. Sie verliebte sich gern in anämische, viktorianische Schönlinge. Aber hatte Ben Darling nicht auch diesen seelenvollen Ausdruck und die wallenden Locken? Und wäre Honor nicht die perfekte Frau für Ben? Er mochte starke Frauen mit Beschützerinstinkt, die ihm sagten, was er tun sollte. Er gab sich schon viel zu lange mit der alten Schachtel Lavinia Appleton ab (siebenundvierzig, verheiratet, reich, mit einer Leidenschaft für Musik und Management).
»Ich fühle mich, als wäre ich im Gefängnis gewesen«, sagte Honor gerade trübsinnig. »Monatelang in einer Bibliothek eingesperrt, Meilen von allen meinen Freunden entfernt. Ich würde dich wirklich sehr gerne sehen, Cassie. Vielleicht könnten wir uns zum Essen treffen?«
Mein großartiger Verstand arbeitete rasch – handele jetzt und denk später nach, sagte ich mir. »Tatsächlich wollten Matthew und ich Phoebe dieses Wochenende zum Essen ausführen. Es gibt in Flask Walk einen phantastischen kleinen Franzosen.«
»Wie geht es Phoebe?«, fragte Honor.
Dies war nicht der richtige Zeitpunkt, um über Phoebes Krankheit zu sprechen. »Erstaunlich gut«, sagte ich entschlossen. »Und ich weiß, dass sie dich auch gerne wieder sehen würde.« Ich begann, wild zu improvisieren. »Das hat sie gerade erst neulich gesagt. Warum kommst du nicht mit uns? Dann könntest du Matthew kennen lernen.«
Honor war Matthew noch nie begegnet, und ich wusste, dass sie neugierig war.
Ihre trübsinnige Stimme nahm zum ersten Mal einen heitereren Unterton an. »Das wäre schön. Ich brauche ein wenig Entspannung – und ich habe nur das Gefühl, mich entspannen zu können, wenn ich mit anderen Frauen ausgehe, oder mit Männern, die in festen Händen sind. Du kennst mich ja. Jede Situation mit romantischen Zwischentönen verpatze ich doch.«
»Du liebe Güte, darüber wirst du dir keine Gedanken machen müssen!«, log ich gekonnt. »Es werden nur wir vier da sein.«
Ich muss zugeben, dass Honor ziemlich pessimistisch sein kann. Sie seufzte auf eine Art, die üblicherweise eine lange Klage darüber einleitete, wie schrecklich das andere Geschlecht sei. »Ich habe die Liebe aufgegeben«, erklärte sie mir trübselig. (Ich konnte mich des Gedankens nicht erwehren, dass Honors Aufgeben der Liebe etwa meinem Aufgeben des Drachenfliegens gleichkam.) »Ich glaube nicht, dass es die Beziehung gibt, die ich mir wünsche. Die Männer, denen ich begegne, sind so langweilig und nachlässig. Wo ist die Poesie geblieben? Gab es sie je?«
Gott sei Dank hatte ich keine Zeit für alle fünfundzwanzig Verse dieses vertrauten Klagelieds. Ich beendete das Gespräch mit dem Versprechen, sie später wegen der Einzelheiten anzurufen.
Ich behielt den Hörer in der Hand und gab Phoebes Nummer ein. »Es geht los. Halte dir für diesen Freitag einen Termin frei. Hast du etwas zu schreiben? Dann notiere.«
Ich hatte es mir bereits zurechtgelegt. Matthew sollte uns im Restaurant treffen. Honor und ich würden zunächst bei Phoebe einen Drink nehmen. Phoebe musste zumindest einen makellosen Sohn präsentieren, der bereit und imstande war, Honor mit seiner Sensibilität, seinem Intellekt und seinem allgemeinen guten Aussehen zu beeindrucken. Könnte sie das schaffen?
»Natürlich – mach es nicht schwieriger, als es ist. Honor ist ein reizendes Mädchen.« Phoebe war in letzter Zeit häufig sehr müde gewesen, und ich freute mich darüber, wie energiegeladen ihre Stimme jetzt klang. Ich wusste, dass sie alle Kraft für dieses Essen aufsparen und jede Minute genießen würde. »Ich werde die Jungen einfach dazu ermutigen, sie selbst zu sein. Wenn sie sie in ihrem natürlichen Lebensraum erlebt, wird sie nicht widerstehen können.«
Danach, als ich den Hörer aufgelegt hatte, bemerkte ich, dass Betsy mich über ihre Brille hinweg ernst ansah. »Honor Chappell? Ist das die Akademikerin mit dem Bürstenschnitt?«
»Es ist kein Bürstenschnitt«, sagte ich, mich bereits verteidigend.
»Hmmm. Ich hoffe, du weißt, was du tust. Mein Jonah würde davonlaufen.«
»Ich will nicht deinen Jonah anlocken. Für Fritz und Ben bedeuten Frauen
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