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Es sterben immer drei

Es sterben immer drei

Titel: Es sterben immer drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosemarie Bus
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feingemacht zu Ehren der noblen Gastgeberin. Irma winkte huldvoll, »à la Königin Beatrix«, wie sie sagte, und hielt mit der anderen Hand die Fasanenfedern fest.
    Der Palazzo der Contessa klebte wie eine mittelalterliche Ritterburg an dem Hang hinter dem Dorf. Ein großer, ziemlich heruntergekommener Kasten, über Generationen hinweg zusammengestückelt. Das Haupthaus schätzte Stella mit ihrem kunsthistorischen Patchwork-Wissen auf vorwiegend 19. Jahrhundert, aber charmant. Über dem Eingang bildeten die ineinander verschlungenen Stämme und Äste uralter Glyzinien einen schattigen Baldachin. Efeu verdeckte die schlimmsten Risse im Gemäuer, der Putz bröckelte oder fehlte ganz, und die hohen Fenster mit dem Blick in die Ebene hielten garantiert nicht ökologisch korrekten deutschen Energiesparvorschriften stand. Einen neuen Anstrich hätten sie auch vertragen. Genau diese Hinfälligkeit machte aber den Zauber des Ganzen aus. Hier spielte sich also adeliges italienisches Landleben ab. Zu dritt schritten sie wie Staatsgäste durch die hohe, gewölbte Toreinfahrt in den Innenhof des Schlosses. Im Halbdunkel lief vor Stellas Augen ein Viscontifilm ab, voller schöner Menschen in schon etwas verblassten Abendroben, die in weitläufigen Gemächern dekadente Gefühle hegten. Sie hoffte auf eine entsprechende Realität, ob mit oder ohne deutsche Ferienhausbesitzer war egal.
    Die Contessa hatte allerdings Visconti als Stilratgeber ignoriert. Im Innenhof stand eine einzige lange Reihe Bierbänke und Tische, die immerhin unter weißen Papiertischtüchern versteckt waren, darüber baumelten nackte Glühlampen an einem quer über den Hof gespannten Stromkabel. Die gleichen weißen Pavillons aus dem Baumarkt, die in Irmas Schlierseer Garten im Sommer das Grillgut vor dem Ausdorren bewahrten, schützten hier die Contessa und ihre engsten Freunde vor den unerfreulichen Nebenwirkungen direkter Sonneneinstrahlung. Da aber entweder das Geld nicht gereicht hatte oder niemand die Notwendigkeit einsah, auch die Dorfbewohner zu überdachen, saß das gemeine Fußvolk zu Beginn der Festivität noch in der Sonne. Erst im Laufe des Nachmittags tastete sich derSchatten bis in alle Hofwinkel vor. Auf den Tischen standen Rot- und Weißweinflaschen und die einfachen Trinkgläser, die getrost zu Bruch gehen durften, weil sie im Baumarkt kartonweise für ein paar Euro nachzukaufen waren. Luca brachte seine beiden Damen in der unüberdachten Sektion mit den Ferienhausbesitzern aus dem Ausland unter und stellte sie vor. Er kannte alle, Tom und Betsy aus England, Françoise und Patrick aus Frankreich, Jan und Frederike aus Holland. Stella schüttelte freundlich Hände und vergaß die Namen sofort wieder. Da weder Italienbegeisterung noch regelmäßige Ferienaufenthalte ausgereicht hatten, genügend Sprachkenntnisse für längere Unterhaltungen mit den Einheimischen anzusammeln, blieb man unter sich. Neugierig, aber ohne Annäherungsversuche beäugt von den Tischen nebenan. Nur ein paar der Ausländerinnen sprachen Italienisch, jene, deren Ehemänner Paolo oder Marco hießen, ehemals hübsche junge Mailänder oder Römer, die nun mit ihren nordeuropäischen Ehefrauen das Ersparte (oder Geerbte) in den Traum vom Leben auf dem Land investierten. Sie bewirtschafteten Agriturismo-Höfe mit Swimmingpool und Solarstrom. Die Frauen beschrifteten die Flaschen mit dem Öl aus selbst angebauten Oliven mit der Hand und kochten Feigenmarmelade. Aufwallende Depressionen und drohenden Fettansatz vertrieben sie mit Joggen. Die Männer waren zu Bauern mutiert, mit schwieligen Händen und dem schwerfälligen Gang der Traktorfahrer.
    Selbstverständlich beehrte der gesamte Pornello-Clan die Contessa mit seiner Anwesenheit. Kleemann in seinem üblichen Leinen, das er sorglos knittern ließ, wie es wollte. Jochen demonstrierte Trauer im schwarzen Anzug mit Krawatte. Man sollte ihm nicht nachsagen können, dass er so kurz nach dem Tod seiner Geliebten sich schon wieder amüsierte. Unterstellte Stella ihm jedenfalls. Andreas gehörte zu der Sorte Männer, die finden, dass man mit Jeans nichts falsch machen kann. Neben ihm saß kerzengerade eine Frau in beigem Hemdblusenkleidmit Perlenkette, die nur Renate sein konnte. Auch Marlene winkte, zum Anbeißen hübsch in einem hautengen Spaghettiträgerkleid mit Kirschenmuster.
    Luca, der Ermittlungsprofi, platzierte seine beiden inoffiziellen Mitarbeiterinnen an strategisch wichtigen Plätzen. Irma gegenüber von Kleemann und

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