Es sterben immer drei
recht keine Frau. Nicht mal Jeanne Moreau. Also wirklich. Heute würde man sagen, die haben ein Problem, offen mit ihrem Schwulsein umzugehen.«
»Ihr versteht das nicht.« Irma war empört. »Es geht um was ganz anderes. Um den Versuch, die Liebe aus ihrem Korsett von Ehe und Monogamie zu befreien.«
»Ah, ich erinnere mich.« Luis lehnte sich wieder zurück und deklamierte. »›Du hast versucht, die Liebe zu befreien. Doch wer so etwas wagt, muss selbst ohne Egoismus sein.‹ Wer hat das im Film noch mal zu wem gesagt?«
»Das gilt für alle drei«, meinte Irma.
»Experiment gescheitert.« Stella fuhr nahe an einen Laster heran, trotz seiner trüben Auspuffwolke, die sie im Cabrio einnebelte. Nach der nächsten Kurve ergab sich hoffentlich die Möglichkeit, ihn zu überholen.
Irma hustete demonstrativ.
»Da endet übrigens die Analogie zu unserem Dreier in der Casa Pornello«, sagte Stella und hupte, damit der Laster seinen breiten Hintern endlich zur Seite schob und sie vorbeiließ. »Jochen und Kleemann hassen sich. Von wegen Männerliebe. Willkommen in der Gegenwart moderner Beziehungen.« Sie gab so energisch Gas, dass der Motor aufjaulte.
Irma wartete, bis sie den Lastwagen überholt hatten, um ihrem nächsten Trumpf die angemessene Aufmerksamkeit zu sichern. Die Ernte aus ihren Nachforschungen während des Festes. »Angeblich will Jochen Wilke Kleemann aus der Casa Pornello rausdrängen. Beim Kauf des Hauses haben alle Beteiligten eine Vereinbarung unterschrieben. Die Anteile können nur untereinander verkauft werden und nur zum damaligen Wert. Kleemann hat damit angefangen, die Anteile der anderen heimlich aufzukaufen. Als Jochen das merkte, hat er ihn überboten. So ist Katharina zu ihrem Haus gekommen. Ein supergutesGeschäft für sie und ein Verrat an Kleemann, ihrem ersten Ehemann. Im Moment haben noch Jochen, Kleemann, Renate und Andreas Anteile. Renate und Andreas sind Jochen ziemlich egal, aber er will Kleemann los sein und wartet angeblich nur ab, bis der so pleite ist, dass er dessen Teil auch noch billig kriegt.«
»Warum sollte er das wollen?«, fragte Luis.
»Aus Bosheit und Gier«, sagte Stella.
Luis schaltete wieder auf stur. »Und wenn es so wäre. Was hat das mit Valeries Tod zu tun? Sie hatte ja keine Anteile zu verkaufen.«
Stella schaute Luis im Rückspiegel an, der ruhig und überzeugt auf der Bank saß. Er glaubte tatsächlich unbeirrbar an die Mafiaverschwörung. Weil der nächste Laster vor ihrer Nase auftauchte, fluchte sie laut und trat auf die Bremse.
»Mafia«, murmelte Irma verächtlich.
Der Olivenöl-Laden erwies sich als Verkaufscontainer eines Unternehmens, das Valle dei cavalli hieß. Stella hielt es aufgrund der kryptischen Abkürzungen auf dem Firmenschild, Soc.Coop. Agr ., für eine sozialistische Landwirtschaftskooperative, was Oberlehrer Luis aber auf der Stelle berichtigte. Mit sozialistisch hatte das nichts zu tun, der Laden gehörte zum Unternehmensgeflecht des größten Geschäftsmannes der Gegend, eines gewissen Signore Cavallo. Die Verbrämung als Genossenschaft geschah aus steuerlichen Gründen und wegen der EU-Gelder. Idyllisch gelegen, ganz am Ende eines Gewerbegebietes, vor der Kulisse schon etwas heruntergekommener Tanks, von denen die graue Farbe abblätterte, wurden im Container Wein, Olivenöl und allerlei landwirtschaftliche Erzeugnisse gehandelt. Grosso, Export und für Privatkunden. Im Verkaufsraum, notdürftig mit einer hölzernen Verkaufstheke aufgehübscht, stand die Produktpalette der Genossenschaft auf ein paar Regalen, die sich in der weiträumigen Halle verloren. Weine diverser Qualitäten und ein paar Grappasorten auf der einen Seite, Olivenöl inFlaschen und Kanistern auf der anderen. Das Kernstück des Sortiments bildete eine blitzblank geputzte Weintankstelle aus Edelstahl. Vier Zapfsäulen für Weißwein und Rotwein in jeweils einer etwas billigeren und einer etwas teureren Sorte, wahrscheinlich direkt verbunden mit den Tanks im Hinterhof. Ein Priester in wallender Soutane füllte einen grünen Plastikkanister mit dem preisgünstigeren Weißwein und einen blauen mit dem teureren Rotwein. Zwanzig Liter insgesamt, für 20 Euro. Stella überlegte, ob er hier auch Messwein tankte, oder ob der Einkauf ausschließlich zum Privatverzehr im Pfarrhaus gedacht war und wie viel das Blut Christi wohl höchstens kosten durfte. Sicher hatte auch das schon längst eine Unternehmensberatung im Auftrag der Kirche errechnet.
Luis fragte sich
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