Es sterben immer drei
Talkshow vor Millionenpublikum einen Ruf als Frauenfeind zu verlieren.
»Rapper sind ja auch Idioten.« Stella hatte keine Lust, nun auch noch in die Abgründe US-amerikanischer Lyrik einzusteigen. Sie suchte nach einer Frage, die Otto vom Thema ablenken könnte. »Aber dass Jochen und Kleemann den Tod Valeries für ihre Machtspiele nutzen, könnte doch sein, oder?«
Ottos Talent zur Selbstreflexion war zwar nicht besonders ausgeprägt, aber wenn er Kritik an Männern als Kritik an sich selbst witterte, sprangen seine Verteidigungsreflexe instinktiv an. »Ausgerechnet das sind jetzt keine Machtspiele. Was ihr Frauen uns immer unterstellt. Sie halten sich jeweils für den Vater, weil sie mit Valerie gefickt haben, das ist erst mal Biologieund zweitens Verantwortung für die eigenen Nachkommen. Hätte ich auch gemacht, wenn ich in Frage käme. Gott sei Dank liegt mein Encounter mit der Dame schon einige Zeit zurück. Ich hätte es sogar völlig vergessen, hätte ich sie nicht mit hierhergebracht und hätte sie nicht bei dieser Begegnung den gesamten Pornello-Clan kennengelernt. So bin ich ihr immer wieder über den Weg gelaufen. Als sie mir dann von ihrer Olivenölrecherche erzählte, hab ich versprochen, ihr eine Story abzunehmen, obwohl ich das Thema nicht so prickelnd fand.«
»Karl kannte sie schon von früher«, sagte Stella. »Den hat sie in Venedig kennengelernt, vor zehn Jahren.«
»Ah ja? Davon hat sie mir nie etwas erzählt. War auch nicht so wichtig. Sie hat noch während wir gemeinsam hier waren, etwas mit Jochen angefangen. Das war wohl eines ihrer üblichen Verhaltensmuster. Böses Mädchen.« Jetzt lachte er wieder.
Stella nahm ihren ganzen Mut und alle diplomatischen Fähigkeiten zusammen: »Otto, darf ich dir eine indiskrete Frage stellen?«
»Ich liebe indiskrete Fragen«, sagte er.
Was allerdings nicht bedeutete, dass er sie auch mochte, wenn sie ihn selbst betrafen. Sie bemühte sich um einen sachlichen Ton. »Als du mit Valerie geschlafen hast, habt ihr dabei Fotos gemacht?«
Die Frage traf ihn dann doch aus dem Hinterhalt. Er schaute sie überrascht an. »Hat sie dir das so erzählt?«
»Nein, natürlich nicht.«
Er fragte nicht, woher sie es denn sonst wisse. »Sie hatte diesen Tick«, sagte er. »Sie fand es geil, sich mit Selbstauslöser beim Ficken zu fotografieren. Sie stellte die Kamera auf ein Stativ vor den Schauplatz des Geschehens, ganz offen, und machte ein Spiel daraus. Ich muss gestehen, ich fand die Idee auch ziemlich reizvoll. Aber am Ende habe ich mich doch dagegen gewehrt. Vielleicht weil ich meine Wampe nicht im Bild verewigt haben wollte.« Er schwieg so lange, dass Stella schon dachte, er hätteden Faden verloren. »Aber noch größere Angst hatte ich davor, mich ihr auszuliefern. Das wollte ich auf keinen Fall. Sie hätte mit diesen Bildern weiß der Teufel was anfangen können. Sie meinen Feinden in die Hände spielen oder mich damit erpressen. Die Angst davor siegte am Ende über meine Geilheit.« Er trank sein Glas in einem Zug leer, verkorkte die Flasche, in der nur noch knapp ein Achtel Rotwein dümpelte und stand auf. »Leihst du mir das Cabrio? Ich fahr ins Krankenhaus und besuche Luis.« Stella warf ihm den Schlüssel zu und hoffte, dass er unterwegs keinem Polizisten begegnete. Sie kannte seinen Fahrstil, der war auch ohne Promille schon schlimm genug.
»Ist er weg?«, fragte Irma von der Tür. »So ein Kotzbrocken.«
»Mutter, reg dich ab.« Stella fand es jetzt genug mit der feministischen Solidarität armer, unterdrückter Frauen. »Das ist sein Haus hier. Wir sind seine Gäste und außerdem stimmt es nicht. Er ist prinzipiell in Ordnung und mag Frauen.«
Irma ging zurück ins Haus. »Ein Idiot ist er trotzdem.« Es gab auch Frauen, die Niederlagen nicht gut einstecken konnten.
20
Gianna Nannini grölte non restare cosi sola al sole latin lover. In einem rosa Prinzessinnenkleid aus Tüll, wie es sechsjährige Mädchen gern im Fasching tragen, drehte Marlene Pirouetten quer übers Parkett in Katharinas Atelier. Die aufgeplatzten Nähte enthüllten ihren Oberkörper mehr als sie ihn bedeckten, und der Reißverschluss an der Seite ließ sich nicht schließen. Stilecht hatte sie dazu ein goldenes Pappkrönchen auf dem Kopf, mit dem Gummizug unter dem Kinn festgezurrt. Sie tanzte barfuß und lachte sich halb tot, weil Katharina fotografierte, wie sie sich um die eigene Achse drehte und ihr dabei schwindelig wurde.»Ich werde als Dirty-Old-Man-Phantasie
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