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Es tut sich was im Paradies

Es tut sich was im Paradies

Titel: Es tut sich was im Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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meine, eine Hand wäscht die andere. Der große Schuppen da hinten im Garten — Sie wissen doch, welchen ich meine?«
    Und ob sie das wußte! Hinter dem Verschlag in der einen Ecke pflegte sie zu baden, und in dem übrigen Riesenraum stand, klein und verloren, Balduin.
    »Ja, ich dachte, wenn Sie mir vielleicht erlaubten, daß ich da meine Frachtkisten lagere oder den alten Lastwagen unterstelle? Nicht immer, nur wenn’s bei mir zu eng wird. Das war’ mir viel wert.«
    »Na gut. Ich brauche sowieso nicht den ganzen Platz.«
    »Vielen Dank auch. Dafür berechne ich Ihnen nur drei Schilling statt fünf pro Stunde und komme immer mal vorbei, falls Sie irgendeinen Wunsch haben, ein Brett annageln oder was an Ihrem kleinen Wagen reparieren und so. Das ist doch ‘n guter Tausch, nicht?«
    Das fand Pippa allerdings auch. Und nun konnte sie mit Hilfe des wundertätigen Schecks den kommenden Ausgaben in Ruhe entgegensehen. Wenn sie alles bezahlte, blieb ihr immer noch genug, um notfalls ein paar flaue Wochen zu überstehen, bis die Leihbücherei richtig in Schwung kam, rechnete sie sich aus.
    »Und außerdem habe ich ja noch wöchentlich die fünfzehn Schilling, die James mir von Vater schickt. Davon kann ich gut leben. Bei solcher Hitze kann man sowieso nicht soviel essen.«
    Eine der größten Annehmlichkeiten, die sie nicht vorzufinden erwartet hatte, war das elektrische Licht. Das Dorf versorgte sich selbst mit Strom, eine Vergünstigung, die, wenn man Sam West glauben wollte, ebenfalls seiner Initiative als Vorsitzender des Bezirksrates zu danken war.
    Seine Frau, die ihr einen Antrittsbesuch machte und zum Einstand sechs frischgelegte Eier mitbrachte, war ein stilles, zerknittertes Wesen, zaghaft und nervös. Pippa, die sich zu ihr hingezogen fühlte, spürte sofort, daß sie unter der Knute ihres tyrannischen Eheherrn stand. Mrs. West beichtete ihr mit schuldbewußtem Blick, daß sie für ihr Leben gern läse. Keine Kurzgeschichten, sondern richtige Bücher. Am liebsten Abenteuerromane und Reisebeschreibungen.
    >Meine erste Erfahrung in puncto Publikumsgeschmack<, dachte Pippa, als sie die Tür wieder hinter ihrer Besucherin schloß. >Man soll sich nicht einbilden, von vornherein darauf tippen zu können, was die Leute lesen wollen. Wenn ich zum Beispiel für dieses scheue, sanfte Frauchen ein passendes Buch hätte aussuchen müssen, wäre meine Wahl höchstwahrscheinlich auf sentimentale Liebesgeschichten gefallen. Dabei liest sie womöglich mit großem Interesse ,Die Besteigung des Mount Everest’ und ,Sieben Jahre in Tibet’.<
    Eines Abends, als sie vom Postamt zurückkam, hielt sie ein hochgewachsener, stattlicher Mann auf der Straße an.
    »Guten Tag«, grüßte er ziemlich steif. »Ich hatte immer die Absicht, bei Ihnen vorbeizukommen und meine Hilfe anzubieten, aber das Schicksal war offensichtlich dagegen. Ich hoffe, Sie fühlen sich wohl hier?«
    »Ja, sehr, vielen Dank. Die Menschen sind rührend. Aber — ich glaube nicht, daß wir uns — «
    Er lächelte, und mit einem Mal verschwand der etwas düstere Ausdruck völlig von seinem Gesicht.
    »Verzeihung. Sie wissen ja nicht, wer ich bin. Man gewöhnt sich so daran, überall bekannt zu sein, daß man nicht mehr überlegt... Ich bin der Dorfarzt, Horton. Mein Bibliotheksabonnement in der Stadt läuft nächsten Monat ab, und ich erneuere es nicht mehr — im Vertrauen auf Sie.«
    »Vielen Dank. Ich hoffe nur, Sie finden bei mir die Art Bücher, die Sie gern mögen.«
    »Ach, ich lese alles — bloß keine Ärzteromane.« Damit nickte er ihr freundlich zu und stakste mit langen Schritten davon.
    Natürlich wußte sie bereits sehr viel über ihn. Er hatte blutjung den Krieg mitgemacht, war unverheiratet und wohnte in der Nähe des Krankenhauses, betreut von einem älteren Mann, der im Feld sein Bursche gewesen war. Man erzählte, daß er dem Doktor anhänglich treu ergeben sei und sein Haus tadellos in Schuß halte, bis auf gelegentliche Saufperioden, während derer sie dann die Rollen tauschten und der Doktor ihn betreute.
    So weit, so gut. Die Dorfbewohner hatten Pippa freundlich aufgenommen, aber wie würden sich nun die Sommergäste verhalten? Allmählich begannen sie einzutrudeln. Wenn sie am Strand entlangging, sah sie schon hier und da an den Häusern weitgeöffnete Fenster, Frauen, die im Garten Teppiche ausklopften, und Schilder an den Fremdenpensionen, die verkündeten, daß für die nächsten sechs Wochen alles bis unters Dach belegt sei. Pippa

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