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Es tut sich was im Paradies

Es tut sich was im Paradies

Titel: Es tut sich was im Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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zum Tor ging, sagte Doris: »Es ist sehr nett von Ihnen, mich einzuladen, aber ich weiß nicht, ob ich es annehmen kann wegen — wegen Vater. Er wird toben, wenn er von meiner Anwesenheit erfährt, und jeden mit seinem Haß verfolgen, der mich aufnimmt. Er ist furchtbar nachtragend.«
    »Keine Sorge, das läßt mich kalt. Und im übrigen, glaube ich, schätzt mich Ihr Vater sowieso nicht besonders«, was bestimmt noch zahm ausgedrückt war, wie Pippa in Gedanken hinzufügte.
    Im Bett lag sie noch lange wach und dachte über die aufregenden Ereignisse des Tages nach.
    Irgend etwas mußte geschehen, um Doris zurückzubringen, selbst wenn sie gezwungen sein sollte, mit dem widerlichen Vater noch einmal einen Kampf wegen des Briefes auszufechten. Sie sah ihn wieder vor sich, wie er sie angestiert hatte, mit schuldbewußtem, zorngerötetem Gesicht. Er hatte einer in die Enge getriebenen Ratte geglichen, und Ratten sollten doch in ihrer Angst so gefährlich sein, hatte sie einmal gehört. James würde wahrscheinlich gesagt haben, sie spiele mit dem Feuer. Ach Unsinn, so schlimm würde es schon nicht werden, daß sie sich daran die Finger verbrannte. Niemand führte Böses gegen sie im Schilde, das traute sie keinem zu. So etwas kam auch im wirklichen Leben nicht vor, nur in Gruselgeschichten schwebte die Heldin in tödlicher Gefahr, weil sie ein belastendes Dokument besaß.
    Bei diesem Gedanken überkam Pippa wieder das Lachen, und obwohl sie den Kopf in die Kissen vergrub, um es zu ersticken, wurde Mohr davon aufgestört, erhob sich leise und legte die Schnauze auf die Bettkante. Sie streichelte ihn und drehte sich auf die andere Seite. Es hatte schon vor längerer Zeit Mitternacht geschlagen, und sie mußte jetzt endlich schlafen.
    Aber gerade in diesem Moment vernahm sie einen schwachen Laut und streckte die Hand aus, um Mohr am Bellen zu hindern. Draußen vor dem Haus bewegte sich jemand, sehr vorsichtig und verstohlen. Sie fühlte, wie Mohr zitterte, und flüsterte eindringlich: »Ruhig, Mohr... Ruhig, sage ich.« Er knurrte nicht, aber sein Körper blieb gespannt, und sie merkte, daß er angestrengt lauschte.
    Dann herrschte wieder Stille. Die Bibliothekstür hatte sie offengelassen, als sie mit Doris hereinkam. Wahrscheinlich war nur einer auf der Straße vorübergegangen. Sie legte sich zurück, aber Mohr stand noch immer lauschend und sprungbereit.
    Da war das Rascheln abermals und gleich darauf, sehr behutsam, kaum zu hören, ein Schritt auf der Veranda.
     
     

12
     
    Pippa lag ohne sich zu rühren. Einen Augenblick blieb alles ruhig, dann kam das kratzende Geräusch eines Schlüssels, der leise im Schloß gedreht wurde. Sie setzte sich im Bett auf, hielt den Atem an und lauschte angestrengt. Es mußte ein Irrtum sein. Niemand besaß einen Schlüssel zur Vordertür, und ihren eigenen hatte sie über dem Herd angehängt, nachdem sie mit Doris die Besichtigung beendet und alles abgeschlossen hatte. Natürlich bildete sie sich bloß dummes Zeug ein.
    Wieder Schweigen. Erleichtert legte sie sich aufs neue hin, aber Mohr gab sich nicht zufrieden, das merkte sie an der angespannten Haltung seines Kopfes. Plötzlich knurrte er dumpf und tapste zur Tür. Pippa dankte wohl zum hundertsten Male dem Mann, der ihn zu unbedingtem Gehorsam erzogen hatte. Sie flüsterte: »Hierher, Mohr... Nieder«, und er kam lautlos zu ihr zurückgetrottet. Sie griff im Dunkeln nach Taschenlampe und Morgenrock. Es hatte keinen Sinn, hier zu liegen und sich vor Gespenstern zu fürchten, das beste war, aufzustehen und nachzusehen.
    Im selben Augenblick vernahm sie das Quietschen eines Dielenbrettes. Sie kannte die Stelle am Fußboden genau; weil sie sich immer darüber ärgerte. Also war doch jemand in die Bibliothek eingedrungen. Zuerst packte sie der Schrecken, aber dann erinnerte sie sich, daß Doris gleich nebenan schlief, und sie spürte beruhigt Mohrs schützende Gegenwart. Nur ein Hasenfuß konnte da noch nervös sein, ermutigte sie sich. Es bestand auch vorläufig kein Grund, Doris zu wecken, ein Ruf genügte jederzeit. Zunächst wollte sie den Eindringling überraschen und feststellen, was er beabsichtigte.
    Sie schlich leise zur Tür, Mohr immer dicht neben sich. Im Wohnzimmer sah sie beim Schein der Taschenlampe, die sie sorgsam mit der Hand abschirmte, Doris in friedlichem Schlaf liegen, ein Anblick, der ihr inneres Gleichgewicht vollends wiederherstellte. Mit wahrem Löwenmut stieß sie die Bibliothekstür auf und knipste das

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