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Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition)

Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition)

Titel: Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. J. Brackston
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sich der ernsten, herausfordernden Aufgabe anzunehmen, die vor ihnen lag. Es mussten Schritte unternommen werden, um ihre Chancen zu verbessern, oder es könnte schlimm enden für Gretel aus Gesternstadt und alle, die mit ihr reisten. Sehr schlimm.
    »Sag mal, Roland«, erkundigte sie sich, »gibt es auf unserem Weg ein Gasthaus? Du musst dich in der Gegend doch auskennen.«
    »Es gibt eines. Es ist noch drei, vier Stunden entfernt und ein wenig abseits der Straße. Dort habe ich Johanna einmal getroffen, in der Anfangszeit unseres   … Arrangements. Es liegt ziemlich versteckt.«
    »Sehr gut. Da fahren wir hin. Und wir werden nicht anhalten, ehe wir dort sind.«
    »Ich glaube, Gretel«, meldete sich Hänsel in panischem Tonfall zu Wort, »das ist eine arg lange Strecke ohne was zu essen oder zu schlürfen.«
    »Kann’s nicht ändern. Wir müssen so viel Abstand wie möglich zwischen uns und die Gendarmen bringen. Ich habe noch ein bisschen Geld bei mir. Wir werden uns eine kleine Mahlzeit für jeden leisten können.«
    »Und ein Bier oder zwei?«
    »Höchstwahrscheinlich.«
    Hänsels Stimmung besserte sich augenblicklich, und er lehnte sich auf seinem Sitz zurück. In der Tat wirkten die drei Belagerer des kleinen Fuhrwerks gekräftigt und bereit, Hunger, Durst und Müdigkeit zu ignorieren, nun, da die goldene Karotte eines warmen Gasthauses voller Speisen und Bier direkt vor ihren Nasen baumelte.
    Doch als sie ihr Ziel erreichten, hatten der scharfe Wind und das Rumpeln der Kutsche über so viele harte, unebene Meilen hinweg ihre Körper und ihre Entschlossenheit mürbe gemacht und sie bis auf die Knochen ausgekühlt. Steif kletterten sie aus dem Gefährt. Sogar das Pferd ergab sich den Strapazen. Zu viert standen sie da, bedampften die kalte Nachmittagsluft drachengleich mit ihrer Atemluft und machten sich mit der Art ihrer erhofften Zuflucht vertraut. Sollte Gretel Fantasien über eine behagliche Herberge gehegt haben, vielleicht mit farbenfrohen Dachschindeln, von innen beleuchteten Fenstern, möglicherweise sogar mit dem einen oder anderen Blumenkasten, so wurden diese rasch von der grob gezimmerten Realität zerschlagen. Das Gasthaus war ein Holzgebilde im Zustand fortgeschrittenen Verfalls. Die Schiffsplankenfassade war gerissen und rottete vor sich hin, das windschiefe Dach stand offenbar kurz vor dem Einsturz, und mindestens zwei Fenster hatten zugenagelte Läden anstelle von Glasfüllungen. Vor dem Gasthaus stand eine kunterbunte Ansammlung von Wagen und Gigs, die samt und sonders auch im günstigsten Licht das Ihre zu der schäbigen Erscheinung beitrugen. Hier und da stand lustlos ein knochiger Klepper oder ein kraftloses Zugpferd herum, einige festgebunden an Pferdepfosten, andere so schwach, dass sich das Anbinden nicht lohnte. Von drinnen ertönten Geschrei und Gegröle von einer Art, wie sie nur eine entschlossene, langfristige und ernsthafte Beschäftigung mit der Kunst der Sauferei hervorzubringen imstande war.
    »Hört sich nach einer lustigen Truppe an«, wagte Hänselsich vor. Der Geruch von abgestandenem Bier drang in seine zuckende Nase und löste einen Konflikt aus zwischen dem Bedürfnis nach Alkohol und der lebenslangen Erfahrung mit Trinkern und Gasthäusern, die ihm verriet, dass dies ein Ort war, den man meiden sollte.
    »Das Gasthaus hat sich seit meinem letzten Besuch sehr verändert«, klärte Roland sie auf. »Es ist schon ein paar Jahre her.«
    Gretel zuckte mit den Schultern. »Für uns heißt es, das oder gar nichts. Zumindest steigt Rauch aus dem Schornstein. Ich ziehe Wärme und Pöbelhaftigkeit dem Abfrieren meiner Ohren jederzeit vor. Roland, du bleibst besser bei dem Pferd, bis ich herausgefunden habe, wen ich bestechen muss, damit das Tier nicht gestohlen wird. Komm mit, Hänsel. Führen wir dein enzyklopädisches Wissen über derartige Orte einem sinnvollen Nutzen zu.«
    Das Innere des Hauses war genauso reizvoll wie das Äußere. Es war beinahe schon eine Gnade, dass die Cirrocumulus-Wolke aus Tabakrauch alles ein wenig vernebelte. Doch trotz des Lichtmangels leuchtete ihnen die Qualität der Kundschaft förmlich entgegen. Es schien eine Kleiderordnung zu geben, die zwingend Fetzen und Flicken erforderte, zusammengehalten von einem Überzug aus diversen Substanzen, von denen unverdautes Essen und verschüttetes Bier noch als die angenehmsten gelten mussten. Das Haar trug man hier entweder verfilzt und wirr oder gut verstaut unter einer Mütze oder einem Hut ohne

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