Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition)
Wort.
»… und dafür sorgen, dass Zeugen bereitstehen, die Inge Petersons ruchlose Taten beobachten und ihr ein Geständnis hinsichtlich der Morde entlocken, derer Hänsel und ich beschuldigt werden.«
Roland schnappte nach Luft. »Du denkst, sie hat das getan?«
»Ich bin davon überzeugt. Ich hatte schon vorher einen Verdacht, aber nun glaube ich ohne jeden Zweifel, dass es diese skrupellose Kreatur war, die sowohl die Müller-Brüder als auch den unglücklichen Bechstein umgebracht hat.«
Hänsel legte verwirrt die Stirn in Falten. »Aber warum sollte sie Bechstein umbringen? Warum sollte irgendjemand ihn umbringen?«
»Ich behaupte ja nicht, dass ich schon alle Fakten beisammenhätte. Alles zu seiner Zeit. Aber jetzt haben wir zu tun. Roland, du wirst uns diesmal nicht begleiten.«
»Was? Aber du wirst mich brauchen! Ich kann dich dem Riesen nicht allein entgegentreten lassen!«
»Sie hat mich«, wandte Hänsel ein.
Roland achtete gar nicht auf ihn.
»Bitte, Gretel, überleg es dir noch mal.«
Gretel legte ihm tröstend eine Hand auf den Arm. »Deine Sorge rührt mich, aber ich muss dich um etwas anderes bitten. Hier steht mehr als nur Geld auf dem Spiel – meine Freiheit …«
»Und meine!«, erinnerte sie Hänsel.
»Ich muss jemanden von meiner Unschuld überzeugen. Jemanden, dessen Wort vertraut wird. Du musst für mich zum Sommerschloss reiten und General Ferdinand von Ferdinand eine Nachricht überbringen.« Sie zog ihr Notizbuch und einen Stift hervor, beugte sich über den kleinen Nachttisch und schrieb. »Überbring ihm die Botschaft persönlich. Du darfstkeinem anderen vertrauen.« Sie drehte sich wieder zu Roland um. »Das ist eine lange Reise. Du musst unser wunderbares, schnelles Pferd nehmen und reiten wie der Wind. Dann bietest du dich als Führer an und bringst ihn zum Schloss des Riesen. Ich werde dort auf euch warten.« Sie reichte ihm die Notiz und ein weiteres Blatt Papier. »Zeichne mir eine Karte von dem Weg, den mein Bruder und ich einschlagen müssen.«
Hänsel schüttelte den Kopf. »Und was fangen wir ohne ein Pferd an? Ich lasse mich nicht noch einmal vor den Wagen spannen. Ich habe immer noch die Splitter vom letzten Mal.«
»Wir leihen uns Frau Petersons Pferd.«
»Ach, wir leihen uns wieder mal was? Ich dachte, zu allem Überfluss des Pferdediebstahls beschuldigt zu werden würde dir mehr Sorgen machen als alles andere.«
»Was sein muss, muss sein, Hänsel. Außerdem wird es sie zusätzlich aufhalten, wenn wir ihr Pferd nehmen. Sie wird sich zweifellos ein anderes beschaffen, aber das wird uns einen kostbaren Vorsprung verschaffen.«
Die drei schlichen aus dem Gasthaus und in den Stall. Der Stallbursche erhielt für sein Schweigen eine weitere Münze und den Rat, sich zu verziehen, ehe das Fehlen des Pferdes bemerkt wurde. Kristina hatte Hänsel eindeutig für sich gewinnen können. Im Wagen lagen eine Flasche Bier, ein kleiner Leinenbeutel mit Proviant und ein Sack Kleider. Gretel verteilte die Kleidungsstücke, von denen eines schmutziger und abstoßender war als das andere.
»Du liebe Güte, Hänsel. Ich hatte vorgeschlagen, dass wir uns als Bauern tarnen, nicht als Landstreicher«, bemerkte sie.
»›Bauern oder so was‹ waren deine Worte, wenn ich mich recht entsinne, und da bin ich ziemlich sicher.«
»Also gut, du kannst das hier nehmen«, sagte Gretel undwarf ihm einen schmierigen Wintermantel zu. »Hier, Roland, hier sind eine passable Jacke und eine Mütze. Und ein dicker Schal.« Sie wickelte ihn um seinen Hals. Plötzlich sah er schrecklich jung aus, viel zu jung für solch eine Aufgabe. Der Nachtwind heulte um die kleine Scheune, und seine eisigen Finger tasteten durch jeden Riss und jede Lücke in den verwitterten Bretterwänden nach bloßer Haut. »Sei vorsichtig«, ermahnte sie Roland, als sie ihm auf das tänzelnde Pferd half. »Du musst schnell sein, aber die Nacht ist dunkel und die Straße uneben.« Dann fiel ihr auf, dass sie ihre Sorge offenbarte, und sie befleißigte sich hastig einer anderen Haltung. »Vergiss nicht, du bist niemandem eine Hilfe, am wenigsten mir, wenn du irgendwo tot im Graben liegst.«
»Ich werde es nicht vergessen, Fräulein. Fürchte nicht um mich, aber hütet euch vor dem Riesen. Er kann höflich sein, sogar dienstbeflissen, aber er hat ein abscheuliches Temperament und weiß kaum, wie stark er ist.«
Der Stalljunge öffnete das klappernde Holztor, und die Geschwister beobachteten, wie Roland in die Nacht
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