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Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition)

Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition)

Titel: Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. J. Brackston
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hatte, bekam es mit der Angst zu tun und verschwand.
    Plötzlich musste Gretel daran denken, wie lange es her war, seit sie zum letzten Mal Gelegenheit gehabt hatte, ein wenig Zeit auf einem sicheren Wasserklosett zu verbringen. Ihre Gedärme rumpelten Unheil verheißend. Der graue Himmel dräute Unheil verheißend. In der Nähe krächzte eine Krähe Unheil verheißend. Gretel hob den Kopf, reckte das Kinn vor und tat ihr Bestes, dies alles von sich fernzuhalten.
    »Sakrament«, flüsterte Hänsel. »Das sieht Unheil verheißend aus.«
    Gretel maß ihn mit finsterem Blick. »Das ist ein Tor zu einer Höhle. Genau das, was man uns im Vorfeld gesagt hat.«
    »Ja, aber was für ein Tor. Was für eine Höhle.«
    »Das ist nur eine Frage der Verhältnismäßigkeit«, entgegnete Gretel. »Wir wollen einen Riesen besuchen, keinen Kobold.«
    »Schade«, sagte Hänsel. »Kobold hört sich für mich im Moment ziemlich gut an. Ich mag Kobolde. Kleine Kerlchen. Gar nicht bedrohlich oder beängstigend. Sehen auch nicht ansatzweise so aus, als könnten sie einem die Glieder abreißen und zum Abendessen verschlingen.«
    »Hänsel.«
    »Ja?«
    »Halt die Goschn.«
    Sie lenkten die Kutsche an eine Stelle, an der sie hinter einem kleineren Felsblock versteckt stand. Gretel schlang hastig eine kleine Weißwurst herunter, beklagte den Mangel anSenf, nagte sich durch eine altbackene Semmel und spülte alles mit einem Zug Bier hinunter. Es schmeckte lappig und wässrig, was wenig hilfreich war. Sie ertappte sich bei einer sehnsuchtsvollen Erinnerung an das heiße Bier des Trolls.
    Schließlich leerte sie den Segeltuchbeutel und zog ihn unter ihrem Mantel über Kopf und Schultern, ehe sie den Katzenkorb nahm und sich im besten Tu-was-ich-dir-sage-Ton an Hänsel wandte.
    »Du bleibst hier. Lass Pferd und Kutsche nicht allein. Iss was. Geh ein bisschen auf und ab, wenn es dir zu kalt wird, aber verlass diese Stelle nicht. Warte hier auf mich.«
    »Aber wie lange bleibst du weg? Und woher weiß ich, ob bei dir alles in Ordnung ist oder ob du Hilfe brauchst?« Hänsel hörte sich an wie ein Fünfjähriger.
    Gretel widerstand der Versuchung, ihm zu erklären, dass seine vielseitigen Begabungen sich nicht zu einer Rettungsaktion eigneten. Für Hänsels Talente gab es einen anderen Ort, doch der lag erheblich tiefer und war weit entfernt von dem, an dem sie sich zurzeit aufhielten.
    »Ich werde einfach   … sehen, was ich sehen kann. Es ist wichtig, dass du außer Sichtweite bleibst. Wenn Inge und ihre Männer eintreffen, dürfen sie dich nicht entdecken. Hast du verstanden?«
    »Natürlich, ich bin ja nicht deppert.«
    »Sollten sie dich sehen, könnten sie ihre Pläne ändern. Dies hier wird wohl unsere einzige Chance sein, unsere Unschuld zu beweisen. Also bleib in Deckung. Und wenn Inges Truppe weitergezogen ist, halt Ausschau nach Roland.«
    »Glaubst du wirklich, er kommt her? Ich meine, er ist ein anständiger junger Mann und alles, aber   … na ja, es ist ein langer Weg. Und General Ferdinand   …«
    »Ist ein sehr beschäftigter Mann, ich weiß.« Gretel klopfte ihrem Bruder fest auf die Schulter. »Hab Vertrauen. Alles wird gut«, fügte sie in einem Tonfall hinzu, der mehr Überzeugung zum Ausdruck brachte, als sie verspürte.
    Das Eingangstor zur Höhle des Riesen war aus der Nähe noch abschreckender. Gretel zupfte ihren Umhang zurecht, richtete den Hut   – der ihr immer wieder über die Augen zu rutschen drohte   – und streckte die Hand nach dem klobigen Türklopfer aus. Als er gegen die verwitterten Eichenbohlen schlug, konnte sie hören, wie das Geräusch durch den riesigen Raum auf der anderen Seite hallte. Dann kehrte Stille ein. Nichts rührte sich. Sie klopfte erneut, viermal, laut und zielstrebig. Das Echo verhallte und wurde vom Rums-Rums-Rumsen ungeheurer Schritte im Innern abgelöst. Bei jedem dieser gewaltigen Schritte erbebte Gretel. Ihr war mit einem Mal allzu bewusst, dass der kleine Imbiss, den sie zu sich genommen hatte, Anstalten machte, ihren Körper auf dem einen oder anderen Weg so schnell wie nur möglich zu verlassen.
    Dann verstummten die Schritte, und direkt über ihrem Kopf wurde ein fenstergroßes Guckloch geöffnet. Ein taubenblaues Auge erschien, groß genug, die gesamte Öffnung einzunehmen. Das Auge huschte von einer Seite zur anderen, ehe es nach unten blickte und sein schwerer Blick auf Gretel fiel.
    Mit angehaltenem Atem wartete sie auf die donnernde Stimme, die sie zweifellos gleich

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