Es war einmal eine Frau, die ihren Mann nicht sonderlich liebte
steril, komfortabel durchgeplant.
Wasja arbeitete in seinem eigenen Buchladen, den er sich vom Erbe einer Tante hatte anschaffen können, aber er brachte Sweta keine Bücher, weil sie die fremde Sprache nicht verstand, und auf Russisch hatten sie nichts. Wasja selbst konnte nicht russisch lesen.
SchlieÃlich kam die Zeit, wo Sweta den schwebenden Gang der Einheimischen übernahm. Wie sich zeigte, war das sehr einfach. Man musste sich irgendwo auf eine Treppenstufe stellen und einen groÃen Schritt in die Luft machen. Für den nächsten Schritt stieà sich der andere Fuà ebenfalls ab, und jeder weitere wurde freier und schwereloser, wie im Traum. Der bärtige Wasja sagte nichts, allein als die Zeit gekommen war, verschwand er für immer, offenbar auf die andere Seite des Flusses, in die reiche Stadt, schloss die einsame Sweta, die, wie sich zeigte, rumdum versorgt war. Anfangs dachte sie, ohne Tränen und Angst, man werde sie nun aus dem Flugapparat vertreiben, und auch Essen werde nicht ewig im Kühlschrank stehen! Aber der Kühlschrank war regelmäÃig gefüllt, als gebe es einen Küchenaufzug. Sweta aà jedoch nichts, sie trank nur Säfte und war gesund.
Und schlieÃlich kam der Moment, wo sie, nach einer Zeit des Nachdenkens und der Trauer, sich von den Stufen ihres Hauses löste und mit groÃen Schritten ans Ufer des Flusses lief, zum Tanz, und sich dort, fremde Hände öffnend, in den groÃen Reigen einreihte und im Kreise flog.
Sie merkte, dass hier etwas nicht stimmte, sie wollte weder die Mama noch ihren kleinen Sohn mehr sehen. Sie wollte nicht einmal jenem Soldatenregiment begegnen und hoffte, überhaupt niemandem mehr zu begegnen, und falls doch, so würde sie nicht wissen, wer das war, ihn nicht erkennen im Reigen der jungen, blassen, zur Ruhe gebrachten Personen, die wie sie selbst umherflogen, frei und in der Hoffnung, niemandem mehr zu begegnen, in diesem Reich der Toten, und niemals zu erfahren, wie sie sich dort sehnen, im Reich der Lebenden.
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Da ist jemand in der Wohnung
Da ist eindeutig jemand in der Wohnung. Geht sie ins kleine Zimmer, fällt im groÃen was um. Wo ist die Katze? Auf dem kleinen Tisch in der Diele sitzt sie, der Spiegel gibt ihr Bild wider, die Ohren sind gespitzt, klar, auch sie hat was gehört. Schnell ins groÃe Zimmer â da fliegt dort ganz von selbst ein Blatt Papier vom Klavier, ein Zettel mit einer Telefonnummer, keine Ahnung von wem, er flattert lautlos herunter und zeichnet sich weià auf dem Teppich ab.
Da ist jemand unvorsichtig geworden â überlegt die Frau, die in der Wohnung lebt â, da denkt jemand nicht mehr daran, sich zu verstecken.
Der Mensch fürchtet die Anwesenheit unbekannter Wesen, er fürchtet Insekten, winzige Ameisen im Bad, er fürchtet sogar eine einzelne betrunkene Schabe, die im narkotisierten Zustand vor der Ausrottungsschlacht der Nachbarn geflohen ist. Sie sitzt dort gut sichtbar da. Alles fürchtet der Mensch, der allein mit der Katze in der Wohnung zurückgeblieben ist, alle sind verschwunden, die ganze Familie, und haben die kleine menschliche Schabe allein an ihrem Platz hocken lassen.
Es vergeht kein Wochenende, an dem nicht etwas runterfällt und jemand heimlich von einem Zimmer ins andere huscht.
Die Frau erzählt niemandem was von ihrem Poltergeist, noch hält Er sich versteckt und klopft nicht, wird nicht frech, legt kein Feuer, lässt nicht den Kühlschrank durch die Wohnung tanzen und drängt sie nicht in die Ecke, noch kann sie sich nicht beschweren.
Aber da hat sich schon was eingenistet, irgendeine lebendige Leere, klein von Wuchs, ruhelos, am Boden lang kriechend. Nicht umsonst spitzt die Katze die Ohren.
»Was ist, na, was ist?«, sagt die Frau zur Katze, aber die Katze ist still und benimmt sich seltsam, wie alle Katzen. Lässt sich nicht streicheln, mag nicht, wenn man sie auf den Schoà nimmt, und dann springt sie plötzlich doch hoch, wenn es einem nicht passt. »Wovor hast du Angst, Ljalja, ganz ruhig.«
Die Katze zuckt vor der Hand zurück und läuft weg.
Die Frau sieht bis zum Umfallen fern und taucht, eingehüllt in bläuliches Licht, in süÃe Welten, erschreckt sich, ist gespannt, sehnt sich, genieÃt das aufregende Leben. Sie ist Herr des Geschehens auf dem Sofa. Und dann krach! Wieder ist im kleinen Zimmer etwas runtergefallen.
Wie gruselig, Donnergetöse, das Echo hallt
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