Es war einmal eine Frau, die ihren Mann nicht sonderlich liebte
Geschäfte. Doch es gab keinerlei Verbindung nach drauÃen, Sweta bewegte sich noch vorwärts, indem sie sich mit beiden Händen an der Wand abstützte, wie ein Neugeborenes, wie ein Kleinkind, das gerade laufen lernt. Als Sweta Wasja klagte, sie wolle einkaufen gehen, brachte er ihr auf der Stelle einen Haufen Kleider â alle möglichen, auch getragene, Männerkleider, Frauenkleider, Kinderkleider, obendrein in verschiedenen GröÃen. Er brachte auch einen Koffer mit Schuhen, wie ausländische Freunde sie den Russen von all ihren Bekannten mitbringen. Unter den Kleidern fanden sich auch graue Männerunterhosen, wodurch Sweta ein wenig in Verlegenheit geriet. Gott weiÃ, was das für Sachen waren und wem sie gehörten! Was sie damit anfangen sollte, wusste Sweta nicht, denn sie selbst hatte sehr bald begonnen, nur Sachen von Wasja zu tragen â eine Art weiÃes Hemd und darüber ein weiÃes Kleid aus feinem Linnen. Wasja und sie waren gleich groÃ, und Wasjas Statur, die eines gesunden Mannes, war dieselbe wie die der abgehärmten Sweta. Sweta weinte ein wenig über diesen Kleidern und sagte am Abend zu Wasja, sie wolle Serjoschenka und ihrer Mutter unbedingt ein Paket schicken, und zeigte auf zwei Häufchen. Wasja runzelte die Stirn und schwieg, und am nächsten Morgen waren alle Kleider verschwunden.
Wasja arbeitete, wie sich herausstellte, auch hier, diesseits des Flusses, in dieser Siedlung mit besonderen Lebensbedingungen, er hatte keinerlei Bedürfnis, über die Brücken zu den Kathedralen und Triumphbögen zu fahren, und Sweta musste sich seiner stillen, gleichmäÃigen Lebensweise anpassen. Sie wusste zwar â aus ihrem früheren Leben â, dass alles möglich war, auch zum Beispiel, dass sich der jugendlich wirkende Wasja, jünger als sie, verlieben und weggehen konnte. Er liebte Sweta nicht, dieser bärtige Wasja, obwohl er sie vor jeglicher Anstrengung bewahrte. Das Essen kam wie von selbst, die Kleidung blitzte vor Sauberkeit. Wann er das alles schaffte? Swetas Zimmer, das in ihrem Wahn die Züge des Flugapparates behielt, ging mit dem Fenster und der Tür auf eine Terrasse mit weiÃen Säulen hinaus, aber das Glück erfüllte sich nicht. Sweta ertrug tapfer die Trennung von Serjoschenka, ihrer Mutter, den Freundinnen und dem Institutsfreund Ljowa, sie begriff jetzt, dass ihre Krankheit unheilbar war und man lediglich versuchen konnte, den jetzigen Zustand zu halten â ohne Schmerzen, doch auch ohne Kräfte, wohin da mit dem lauten Serjoschenka und seinen wilden Tränen und den vom Weinen roten Ãuglein! Und wohin erst recht mit ihrer Mama, der giftig-wohlwollenden und ebenfalls tränenreichen! Hier war keine Trauer und kein Weinen, hier war ein anderes Land. Sweta beobachtete diese schwebenden Menschen in Weià und ihre Reigen über dem Wasser zu eintöniger Harfenmusik (eine äuÃerst dumme Beschäftigung übrigens!), ihre wortlosen Zusammenkünfte an einem langen Tisch im Restaurant mit Pokalen voll wunderbaren Weines. Sweta hätte gern mit ihren Freundinnen und ihrer Mama darüber gesprochen, ihnen wenigstens geschrieben, dass alles gut sei, die Behandlung normal verlaufe, es in den Läden alles gebe, aber man kaufe sich nichts Neues â erstens sei alles wahnsinnig teuer, und zweitens trage man hier solche Sachen nicht, auch die Speisen seien ungewohnt, wenn sie auch bislang noch nicht viel essen dürfe, und so weiter. Dass sie Serjoschenka und allen anderen ein Päckchen schicken wolle, es aber noch niemandem habe mitgeben können, und eine Postverbindung zwischen ihren Staaten existiere nicht. Sweta schleppte sich durch die StraÃen, hielt sich an allem fest, was ihr unterkam, und schrieb in Gedanken Briefe nach Hause.
Mit der Zeit allerdings begriff Sweta, dass die Sache mit den Briefen hoffnungslos war. Wasja machte ihr feste Versprechungen, die Reise der Mama und Serjoschenkas betreffend, besonders die Mama betreffend. Aber die Mama ohne Serjoschenka? Oder er ohne die GroÃmutter? »Nur Geduld«, sagte der bärtige Wasja, »nur Geduld.«
Sweta wollte schon anfangen, für die Ankunft der Mama einzukaufen, aber Wasja gab ihr zu verstehen, dass sich zum gegebenen Zeitpunkt alles von selbst lösen werde.
Hier sorgte man sich überhaupt nicht um den morgigen Tag, hier waren anscheinend alle sehr beschäftigt, doch dafür war das Leben ideal,
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