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Es war einmal eine Frau, die ihren Mann nicht sonderlich liebte

Es war einmal eine Frau, die ihren Mann nicht sonderlich liebte

Titel: Es war einmal eine Frau, die ihren Mann nicht sonderlich liebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ljudmila Petruschewskaja
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Taufen bei den Mönchen abzuhalten.
    Allerdings machten die Leute diesen weiten Weg nicht gern – schon seit Langem wurde davon gesprochen, im Hauptdorf eine zweite Kirche zu errichten und dort die Toten aufzubahren und Taufen und Trauungen zu feiern – zu etwas anderem brauchte man eine Kirche ja nicht. Dann noch eine Kapelle zusammenzimmern und basta.
    Unglücklicherweise musste dafür Geld ausgegeben werden, und Geld ausgeben, auch noch im Kollektiv, das mochten die Leute ganz und gar nicht, im Zusammenhang mit solch einer Kollekte kam es immer zu einer allgemeinen Klauerei.
    So riefen sie manchmal Trifon zu sich herunter, und er kam, las die Totenmesse, hielt die Trauerfeier ab, und ging dann von Haus zu Haus und sammelte Almosen fürs Kloster.
    Die Leute gaben dem heiligen Alten nur ungern etwas, sie verdächtigten ihn einer Sache, der sie sich selbst bezichtigten: sich auf fremde Kosten bereichern zu wollen.
    Man kann nun nicht behaupten, dass die Leute im Tal Armut litten, ihre Geschäfte liefen nicht schlecht, es hatte schon lange keinen Krieg mehr gegeben, keinen Brand, keine Überschwemmung, Trockenheit, Seuche, das Vieh vermehrte sich, die Gärten gaben reiche Ernte, und die Weinfässer waren nie leer.
    Was allerdings das Zusammenleben betraf, so war in dieser Hinsicht nicht alles zum Besten bestellt: Zum Beispiel konnten die Leute Kranke nicht leiden, sie konnten sie einfach nicht ertragen, sie hielten sie für Schmarotzer. Vor allem, wenn der Kranke ein Fremder war, nicht einer von ihnen – sagen wir, ein Nachbar oder ein entfernter Verwandter.
    Die eigenen Leute ertrugen sie noch irgendwie, aber auch nicht besonders willig. Kaum war jemand krank, wurde ihm auch schon vorgeworfen, er sei selbst daran schuld. Medizin war teuer, der Arzt musste bezahlt werden, da war es besser, den Kranken mit Hausmitteln zu behandeln, er wurde zur Ader gelassen, und dann ab ins Dampfbad und tüchtig geschwitzt, manchmal wurde er auch einfach in den Wald gebracht und dort zurückgelassen. Es hieß, wer im Wald stirbt, kommt auf direktem Weg in den Himmel.
    Zu diesen verlassenen Kranken kamen die Mönche, und brachten ins Kloster, wen sie konnten. Aber was vermochten sie einem Sterbenden schon zu geben – heißes Wasser mit getrockneten Beeren, einen Löffel Honig …
    Die Menschen im Tal, in den Dörfern, hießen das nicht gut, ein strammes, einfältiges Gottesgeschöpf sieht nicht voraus, dass auch es eines Tages im Wald auf dem Moos landen kann und dort auf den Tod warten muss.
    Der alte Trifon wanderte unermüdlich umher, ging bei Hitze wie bei Frost von Dorf zu Dorf, von Stadt zu Stadt, klein und ausgetrocknet, und flüsterte sein Gebet, und in seiner Büchse sammelte sich nur wenig Geld.
    Ãœbrigens, Bettler konnte man in dieser Gegend ebenfalls nicht riechen, und statt Almosen zu geben, quälte man sie mit spöttischen Fragen und Belehrungen.
    Aber auf alle Fragen (ob er tatsächlich Mönch sei, ob der Bart fest genug klebe, ob er nicht ein verkleideter Zigeuner sei und den mit Blut und Schweiß verdienten Fünfer nicht gleich in die Kneipe trage und versaufe) antwortete Trifon wie aus einer anderen Welt, mit einem Gebet, einer Anspielung oder einem Scherz.
    Die Spaßvögel aus der Gegend kamen sogar extra angerannt, um ihm zuzuhören, sie lachten zufrieden, wenn sie die Gebete vernahmen, so als wären Gebete ein toller Trick, sich rauszureden und zu rechtfertigen.
    Der Mönch schlief auch gleich dort, wo er bettelte, in einer Kuhle, wie ein Hund, der mehrere Tage an ein und demselben Ort bleibt – und gleich am Abend des ersten Tages brachten ihm mitleidige Frauen (keine Familie ohne schwarzes Schaf) in ihren Schürzen, damit es keiner sah, ein Stückchen Brot, Früchte aus dem Garten und manchmal sogar ein Schälchen heißen Brei.
    Einige deckten ihn zur Nacht zu, wenn er schlief, mit Sackleinen, vor allem bei Regen. Andere blieben neben ihm sitzen, um ihr Los zu bejammern und zu beten.
    Einmal nahm solch eine Wanderung ins Tal, in die kleine Stadt, ein trauriges Ende – Trifon hatte kaum Geld zusammenbekommen, und außerdem hatten ihm nachts zwei Männer die Büchse mit den Almosen weggenommen – sie pressten ihn zu Boden, tasteten mit groben Händen unter seinem Rock, und als er sagte »Gott mit euch«, versetzten sie ihm einen Schlag gegen den Kopf, nahmen ihm die Sammelbüchse ab und

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