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Es war einmal eine Frau, die ihren Mann nicht sonderlich liebte

Es war einmal eine Frau, die ihren Mann nicht sonderlich liebte

Titel: Es war einmal eine Frau, die ihren Mann nicht sonderlich liebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ljudmila Petruschewskaja
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werdet hingerichtet! Und wir kriegen drei Millionen für die Arbeit … Meine Folter ist so schrecklich! Die werdet ihr jetzt genießen! Gesteht lieber gleich, damit ihr vor dem Galgen nicht noch leiden müsst … Ihr habt sie doch aufgegessen?«
    Aber offenbar waren in diesem Augenblick die zwei Stunden vorüber, denn Maria zog es unbändig zu Anne und umgekehrt. Der Wachsoldat aber stand genau zwischen ihnen.
    Â»Was ist los mit euch?«, schrie er. »Wohin? Warum drückt ihr mich so? Stehen bleiben, oder ich schieße!«
    Anne und Maria aber umschlangen ihn.
    Da zog er sein Messer aus dem Gürtel und hackte blind auf sie ein.
    Doch schon nach dem ersten Hieb fühlten die Mädchen, dass sie sich nicht mehr vereinen mussten.
    Die zerkratzten, blutenden Ballerinen standen da und schauten einander an, der Wachsoldat aber war verschwunden.
    Â»Weißt du, was passiert ist?«, heulte Anne erschüttert. »Das hat doch angeblich die Fee Brotbutter vorhergesagt! Wer versucht, uns auseinanderzuschneiden, der verwandelt sich in eine Durchfallbakterie!«
    Â»Oh«, sagte Maria, »schnell weg, das fehlt uns noch, dass wir zu allem Unglück noch Durchfall kriegen!«
    Erschüttert schauten sie auf den Boden, wo ihrer Vermutung nach eine schnurrbärtige, dicke Durchfallbakterie herumkriechen musste, und wichen langsam zurück.
    Manchmal besiegt das eine Böse das andere Böse, und Minus mal Minus ergibt Plus.
    Niemand hielt sie auf.
    Sie rannten in den Garten, irrten lange durch nasse Sträucher, bis sie das Tor fanden, wo der zu allem bereite Wächter stand. »Rennen Sie schnell weg«, riefen die beiden ihm zu, »da kommt eine dicke Tante mit einem Messer, sie wollte uns erstechen!«
    Â»Eine Dicke?«, zuckte der Wächter zusammen und stürzte zum Telefon.
    Anne und Maria schlüpften durchs Tor und waren in Freiheit.
    Sie liefen, so schnell sie konnten, weg von dem verfluchten Ort. Lange rannten sie, bis sie zu dem altbekannten Bahnhof kamen.
    Wohin soll ein Unbehauster sonst flüchten?
    Auf dem Bahnhof schauten sich Anne und Maria Zeitschriften an, die auf dem Boden herumlagen, und erfuhren, dass am nächsten Tag die triumphale Rückkehr der dicken Marianne erwartet wurde, des berühmten Zirkusstars, die jetzt angeblich nur noch fünfzig Kilo wog statt hundert.
    Neben dem Text war ein Foto der neuen Marianne abgedruckt (der Sekretärin Nelly wie aus dem Gesicht geschnitten, aber mit großen Zähnen und verbreiterten Augenlidern, wodurch sie etwas schieläugig aussah wie eine Bulldogge, doch was will man verlangen) und eine Reklame der wunderbaren Klinik, in der der Mensch innerhalb von drei Tagen ein neues Gesicht bekam und der Organismus durch eine ideale Ernährung mit Kräutern aufgefrischt wurde.
    Es wurde mitgeteilt, Marianne verlasse den Zirkus und beginne ein neues Leben, denn sie könne keine Gewichte mehr stemmen und keinen Hammel mehr essen und sei nicht mehr die stärkste Frau der Welt und nicht mehr der Champion der Tumbu-Tumbu-Inseln.
    Dafür habe sie eine Abmagerungsklinik gekauft und ein Institut für Kräuterernährung, in dem als Direktor ihr Mann Waldemar arbeite – sie seien schon lange verheiratet, hätten es aber verheimlicht, denn eine große Artistin dürfe keinem allein gehören. Mehr noch, die neue Marianne habe ein »Museum der dicken Marianne« gegründet, wo alle Sachen der Fettleibigen ausgestellt würden, darunter auch ihre Unterwäsche und Fotos mit ihrem Mann Waldemar.
    Außerdem waren Bilder abgedruckt, die die allmähliche Verwandlung der dicken Marianne in die schlanke darstellten. Ganz offensichtlich eine Fälschung, wie Maria und Anne wussten: Was kann man nicht alles erreichen, wenn man Negative aufeinanderlegt und Fotos kunstvoll retuschiert!
    In der Zeitung war auch ein Interview mit Waldemar abgedruckt, der dort im Familienauto »Rolls-King-Size-Royce« (angefertigt auf Bestellung der früheren Marianne, man konnte es schließlich nicht wegwerfen) vor einem neuen Palast und vor der Klinik abgebildet war, aus der die zwei Schwestern gerade geflohen waren.
    Â»Wie klug er alles eingefädelt hat«, sagte Maria.
    Â»Wie gut, dass wir ihm nie etwas von den Tänzen erzählt haben!«, sagte Anne. »Das haben wir dir zu verdanken. Du hast dich geschämt, dass der Bräutigam zwei Bräute hat.«
    Sie standen schweigend auf dem

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