Es war einmal in New York / Nie wieder sollst du lieben
versuchte dann vergeblich, auf das Sofa zu klettern.
Joel war ihr gefolgt und hob sie hoch, um sie neben Paddy zu setzen. Er sah zu Maggie und verschränkte die Arme vor seiner schmächtigen Brust. „Ich weiß, wo wir wohnen“, sagte er und zeigte so, dass er ihre Befürchtungen genau kannte. Allerdings kam er auch sehr nach seinem Vater, nicht nur im Aussehen. Er war klug und nahm seine Umwelt auf eine so bewusste Weise wahr, dass es sie manchmal erschrak.
Fast hätte sie ihm das auch gesagt, doch stattdessen erklärtesie: „Ich weiß, dass du das weißt. Aber sieh dir deine Brüder an. In ein paar Tagen werden sie sich nicht mehr an unser Zuhause erinnern. Sie werden glauben, das hier ist ihr Zuhause. Und wenn wir dann zurückkehren müssen – was wird dann sein?“
Joel zuckte mit den Schultern. „Dann gewöhnen sie sich eben wieder an unser altes Zuhause.“
Maggie ließ sich in einen Sessel sinken. Das war nicht fair. Ihre Kinder erwartete eine herbe Enttäuschung, und dabei gab sie alles, um die Kleinen glücklich zu machen. Und dann tauchte Evan Cahills Bild so plötzlich vor geistigen Auge auf, dass ein Stich durch ihr Herz ging.
Sei kein Dummkopf, Maggie.
Sie hielt inne, da sie soeben die Stimme ihres Ehemanns so klar und deutlich gehört hatte, als sei er noch unter den Lebenden.
Tränen stiegen ihr in die Augen. Früher hatte sie sich oft mit ihm unterhalten, als würde er noch leben. Er war ihr bester Freund gewesen, ihre Jugendliebe, und als er starb, dachte sie, er würde ihr für alle Zeit fehlen. Er war schon seit einigen Jahren tot, doch sie konnte sich noch lange mit ihm unterhalten, als wäre er da. Irgendwann aber hörte diese Zwiesprache auf, und jetzt, auf einmal, konnte sie seine Stimme so deutlich zu hören, als stehe er gleich neben ihr. Maggies Herz schlug schneller.
Wäre er doch nur hier! Sein Ratschlag war das, was sie am dringendsten nötig hatte.
Maggie, ich bin hier. Ich werde immer hier sein. Und tief in deinem Herzen weißt du das.
Evan Cahills Bild war jetzt in ihr Gedächtnis eingebrannt. Diesmal raste ihr Herz aus einem anderen Grund, und sie schloss verzweifelt die Ohren. So oft hatte sie in letzter Zeit an ihn denken müssen. Seit Monaten war er konstant Gegenstandihrer Träume, und am Tag verfolgte er sie wie ein unerwünschter Schatten.
Wie kannst du dein Herz nur in diese Richtung lenken? Maggie, ich sagte dir doch, er ist nicht für dich bestimmt!
„Ich weiß“, flüsterte sie und fühlte sich elend.
„Ma? Sei nicht traurig“, redete Joel auf sie ein. „Es ist doch nur für ein paar Tage. Und wenn wir wieder zu Hause sind, dann passe ich schon auf, dass sie so gut essen wie hier.“
Maggie hob verblüfft den Kopf und sah Joels beunruhigten Blick. Sie legte die Hände auf seine Schultern und dachte daran, dass er für einen Jungen in seinem Alter schon viel zu viel Verantwortung trug. „Was würde ich nur ohne dich machen?“, flüsterte sie. „Habe ich dir eigentlich schon mal gesagt, dass du genau bist wie dein Vater?“
Er lächelte, allerdings mit einem besorgten Zug. „Höchstens hundertmal.“
Sie fuhr durch sein dichtes schwarzes Haar, bis ihr plötzlich bewusst wurde, dass jemand in der Tür stand. Erschrocken drehte sie sich um und erkannte ihren Gastgeber. „Mr Hart, Sir!“, rief sie aus und sah ihn freundlich an. „Kommen Sie doch herein“, sagte sie und bekam dann einen roten Kopf. „Ich meinte … oh, es ist doch Ihr Zuhause.“
Hart schlenderte in das Zimmer und legte eine Hand auf Joels Rücken. Der Junge strahlte ihn an. „Ich wollte nicht stören“, erklärte er und schaute zu den drei Kindern auf seinem Sofa.
Maggie betete, dass niemand noch einen Rest Marmelade im Mundwinkel und erst recht nicht an den Händen hatte. „Kinder, steht vom Sofa auf, wir gehen jetzt in unser Zimmer“, forderte sie die drei energisch auf.
„Mrs Kennedy, bitte. Sie müssen sie nicht meinetwegen aus dem Zimmer schicken“, warf Hart ein.
Sie fand, dass er sehr mürrisch und sehr müde wirkte. Erblickte äußerst ernst drein, und selbst in seinen Augen war kein Funke von Freude zu erkennen. „Alfred sagte, wir könnten ein Zimmer benutzen, und ich fand dieses hier angemessen, da es nicht so groß ist wie die anderen. Aber …“
„Bitte, Mrs Kennedy. Benutzen Sie jeden Salon, der Ihnen zusagt. Ich bin auf dem Weg nach draußen und wollte nur wissen, ob es Ihnen an irgendetwas fehlt.“
Sie schüttelte den Kopf und konnte kaum fassen,
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