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Es war einmal in New York / Nie wieder sollst du lieben

Es war einmal in New York / Nie wieder sollst du lieben

Titel: Es war einmal in New York / Nie wieder sollst du lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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aus ihrem Bett entführt worden war.“ Er stockte. „Sie war so perfekt, Miss Cahill, und so wunderschön. Anmutig, witzig, charmant und freundlich. Wer sie kannte, der liebte sie. Wir hatten so viele Pläne mit ihr. Sie sollte im folgenden Jahr als Debütantin in die Gesellschaft eingeführt werden, und eines Tages wäre sie eine gefeierte Gastgeberin geworden. Zweifellos war Honora jemand ganz Besonderes.“
    Francesca, die sich Daisy als junge Dame vorstellen konnte, war sicher, dass Gillespie nicht übertrieb. „Es muss einen Grund gegeben haben, warum sie einfach so fortging. Vielleicht weiß Ihre Frau etwas darüber – oder Ihre Tochter?“, sinnierte sie.
    „Es ist Jahre her“, rief er. „Was spielt das jetzt noch für eine Rolle?“
    „Vielleicht spielt es keine Rolle – oder aber es ist von großer Bedeutung für ihren Tod“, antwortete Francesca. „Ich fürchte, dass ich zu diesem Zeitpunkt jeder Spur nachgehen muss.“ Sie gab ihm die Gelegenheit, darüber nachzudenken. „Ich nehme an, dass die Polizei eine Entführung ausgeschlossen hat?“
    Er wandte sich ab.
    „Euer Ehren?“
    „An jenem Abend ging sie zu Bett und war am nächsten Morgen verschwunden. Lydia bemerkte, dass sie eine Tasche mit Kleidung und Schmuck mitgenommen hatte. Daher wussten wir also sofort, dass es keine Entführung war, Miss Cahill.“
    „Also haben Sie nicht die Polizei verständigt?“ Das war tatsächlich höchst interessant!
    „Es war schlimm genug, dass sie fort war. Ich wollte meiner Frau und meiner Tochter jeden Skandal ersparen.“
    War das die Wahrheit? Oder hatte er sich selbst den Skandal ersparen wollen – hatte er seinen guten Ruf bewahrt, um den Preis, dass nicht nach seiner Tochter gesucht wurde?
    „Wir dachten sogar daran, dass sie vielleicht mit einem jungen Mann durchgebrannt war. Allerdings waren Martha und ich uns ziemlich sicher, dass sie sich mit niemandem traf. Und auch Lydia versicherte uns, dass es keinen jungen Mann in Honoras Leben gab.“
    „Ich muss so bald wie möglich ausführlich mit Ihrer Frau und Ihrer Tochter sprechen.“ Sie fügte nicht hinzu, dass sie auch ihn erneut befragen würde.
    „Sie wissen nicht einmal, dass sie die ganze Zeit in New York war und sich und ihren Körper verkaufte!“, rief er verzweifelt.
    „Wann werden Sie nach New York fahren?“
    „Morgen. Ich werde den ersten Zug nehmen. Ich muss sie sehen!“
    „Vielleicht können Sie dann Ihre Frau und Ihre Tochter mitbringen.“
    „Ich weiß nicht. Offenbar kann ich nicht klar denken – ja, vielleicht sollten sie mitkommen.“
    „Für die Ermittlungen wäre es sehr hilfreich“, sagte Francesca freundlich, aber mit Nachdruck.
    „Ich werde das in Erwägung ziehen“, erwiderte Gillespie und hörte sich dabei sehr richterlich an. „Miss Cahill, ich möchte noch etwas allein sein, bevor ich nach Hause gehe.“
    Das verstand sie vollkommen. „Natürlich. Euer Ehren? Es tut mir sehr leid. Ich mochte Daisy sehr. Trotz ihrer Lebensführung war sie eine Lady.“
    Er wischte sich die aufsteigenden Tränen fort. „Danke.“
    Als sie nickte und in Richtung Tür ging, rief er ihr hinterher: „Miss Cahill? Ich werde im Fifth Avenue Hotel wohnen. Dort können Sie mich erreichen.“
    Allmählich veränderte sich die Landschaft. Francesca blickte aus dem Fenster des schneller werdenden Zuges, während Joelneben ihr schlief, die Wange auf ihren Arm gelegt. Farmen und Weideland machten Fabriken und belebten, schmutzigen Straßen mit Läden und Mietshäusern Platz. Arbeiter und Arbeiterinnen, mit Säcken voller Waren beladen, eilten zu Fuß nach Hause. Sie hatten die Bronx erreicht und würden bis zur Grand Central Station nicht noch einmal halten. Francesca schlang die Arme um sich, ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen.
    Bis sie den brennenden Schmerz tief in ihrer Brust nicht länger ignorieren konnte, hatte sie sich jede Menge Notizen zu dem Fall gemacht. In etwa einer Stunde würde sie zu Hause sein – und nur zehn Blocks von Calder entfernt. In Kürze wäre sie wieder in der Stadt, und sie konnte ihre Gefühle nicht länger verleugnen – oder seine.
    Während der Zug weiterfuhr, nahm sie kein Gebäude, keinen Menschen und keinen Baum mehr wahr.
    Ich werde dich nicht verlassen.
    Nein, du mich nicht. Aber ich dich, Francesca.
    In den drei Monaten, seit sie verlobt waren, hatte sie gelernt, dass seine erste Reaktion auf eine Krise darin bestand, sich von ihr zurückzuziehen und sie wegzustoßen. Er wollte nicht

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